BRAK-Mitteilungen 6/2021

Auch diese insgesamt erfreuliche Neuregelung hilft allerdings mit Blick auf Datenschutzbeauftragte nicht weiter. Wie erwähnt, ist die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter keine freiberufliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit.83 83 BFH, Urt. v. 14.1.2020 – VIII R 27/17, BRAK-Mitt. 2020, 166-169; auch BFH, Urt. v. 14.11.2003 – IV R 34/01, NJW, 2003, 3386 ff. Damit es Rechtsanwälten möglich ist, sich uneingeschränkt gemeinsam mit Unternehmensberatern und IT-Fachkräften zusammenzuschließen und IT- oder Business Consulting Services mit Rechtsdienstleistungen „aus einer Hand“ anzubieten, müssten die Rahmenbedingungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten weiter gelockert werden. Der Schutz des Mandanten muss dabei auch nicht auf der Strecke bleiben. Schon die bisherigen Neuregelungen in § 59d I-III BRAO n.F. und § 59e BRAO n.F. zeigen, wie sich der Mandant angemessen schützen lässt, wenn Rechtsanwälte mit anderen Berufsgruppen zusammenarbeiten. Nach diesen Vorschriften gelten sowohl die Verschwiegenheitspflicht als auch das Verbot widerstreitender Interessen für die nicht-anwaltlichen Gesellschafter der Berufsausübungsgesellschaft wie auch für die Gesellschaft selbst gleichermaßen wie für den Rechtsanwalt. Eine zeitgemäße Regelung zur interprofessionellen Zusammenarbeit erfordert indes nicht weniger als den Bruch mit der althergebrachten Vorstellung von der Tätigkeit als Rechtsanwalt. Dem Bedürfnis des Marktes und dem Wandel der Berufsbilder wird es aber am ehesten gerecht. Das ist jedoch ein ganz anderes Thema. III. AUSBLICK Es zeigt sich, dass anwaltliches Berufsrecht und Datenschutzrecht von ihren Zielen her in einem Spannungsverhältnis stehen. Die Pflichtenkollision hat der Gesetzgeber bisher nur teilweise befriedigend aufgelöst. In der Praxis stellen sich unterschiedlichste Fragen. Die Diskussion dazu hat gerade erst begonnen. Einiges dürfte sich mit Augenmaß anhand der bisherigen Normen gut lösen lassen. Bei anderen Fragen muss der Gesetzgeber auf Bedürfnisse der Praxis reagieren. Kurzum: Ein spannendes Feld. (EHREN-?)TITEL „JUSTIZRAT“ RECHTSANWALT UND NOTAR DR. MIRKO MÖLLER, LL.M.* * Der Autor ist Rechtsanwalt und Notar sowie Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und für Handels- und Gesellschaftsrecht in Dortmund. Er ist Mitglied der Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer. Der Beitrag beruht auf einer vom Autor erstellten Vorlage für eine Sitzung des für allgemeine Berufs- und Grundpflichten und Werbung zuständigen Ausschusses 2 der 7. Satzungsversammlung und wird auf Anregung des Ausschusses nunmehr in Aufsatzform veröffentlicht. Der Text wurde geringfügig angepasst und in die aufsatzübliche Form gebracht. In Rheinland-Pfalz und im Saarland werden bis heute Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare zu Justizrätinnen bzw. Justizräten ernannt, die sich besonders für den Berufsstand engagiert haben. Eine gesetzliche Grundlage, die Regelungen zu Voraussetzung und Verfahren der Ernennung enthält, gibt es nicht. In Rheinland-Pfalz gibt es sogar eine der Ernennung entgegenstehende Verfassungsbestimmung. Der Autor erörtert auch, inwieweit der Justizrats-Titel irreführende Werbung sein kann und inwieweit für die Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer Regelungsbedarf besteht. I. HINTERGRÜNDE DER ERNENNUNG Bis zum heutigen Tage werden in Rheinland-Pfalz und im Saarland Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare zu Justizrätinnen bzw. Justizräten ernannt. Eine gesetzliche Grundlage hierfür gibt es jedenfalls nach Auskunft der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz nicht. Dementsprechend gibt es auch keine Regelung zu den Voraussetzungen und dem Verfahren der Ernennung und – wohl nicht ganz unbedeutend – der Entziehung des Titels. Nachdem Art. 119 IV der Weimarer Reichsverfassung alle Titel verboten hatte, die nicht ein Amt oder einen Beruf bezeichnen, verzichteten alle Länder, mit Ausnahme von Bayern, auf die Verleihung des Justizratstitels. Der bayerischen Staatsregierung wurde die Verfassungswidrigkeit der Verleihungspraxis im Dezember 1929 durch den Staatsgerichtshof entgegengehalten.1 1 RGZ 127, 25. Tenor: „Die Verleihung von Titeln zur Auszeichnung einzelner beamteter oder nichtbeamteter Personen (Ehrentiteln) ist mit Art. 109 Abs. 4 der Reichsverfassung nicht vereinbar.“ War der Titel Justizrat damit de facto im gesamten Reich abgeschafft, so erlebte er in der NS-Zeit eine wahre Renaissance. Gestützt auf das Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 7.4.1933 bzw. vom 1.7. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 363

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