rungsgesuch auf die Fristverlängerung verlassen, wenn dieses Gesuch seinerseits den üblichen nicht allzu strengen Anforderungen an die Begründung genügt. (eigene Ls.) BGH, Beschl. v. 14.9.2021 – VI ZB 58/19 Diesem BGH-Beschluss ging ein kleines Scharmützel zwischen den Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem OLG voraus. Der Kläger hatte eine Schadenersatzklage wegen des Diesel-Abgas-Skandals angestrengt und gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil Berufung einlegen lassen. Schon mit Berufungseinlegung haben die Prozessbevollmächtigten, die offenbar eine Vielzahl solcher Klagen vertraten, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erbeten wegen Arbeitsüberlastung der allein sachbearbeitenden Rechtsanwältin, aufgrund hoher Anzahl von zu bearbeitenden Fristen und anstehender Termine und weil noch keine abschließende Rücksprache mit dem Mandanten getroffen werden könne. Diesem Verlängerungsgesuch gab der Vorsitzende des Berufungsgerichts nicht statt; die Gründe seien nicht hinreichend dargetan. Am letzten Tag des Fristablaufs beantragten die Prozessbevollmächtigten erneut die erstmalige Verlängerung der Frist wegen akuter Arbeitsüberlastung der alleinigen Sachbearbeiterin nach deren urlaubsbedingter Abwesenheit. Auch dieses Gesuch lehnte der Vorsitzende ab. In der Begründung wird deutlich, worum es ihm eigentlich ging. Unvorhergesehene Arbeitsüberlastung sei regelmäßig ein erheblicher Grund für eine Fristverlängerung. Anders sei die Sache dann zu beurteilen, wenn Prozessbevollmächtigte systematisch mehr Mandate annähmen als diese fristgerecht bewältigen könnten, und deshalb schon bei Übernahme des Mandats erkennbar sei, dass die gerichtlichen Fristen voraussichtlich nicht eingehalten werden könnten. Die regelmäßigen Verlängerungsgesuche der Prozessbevollmächtigten seien gerichtsbekannt. Mit ähnlicher Begründung wurde dann auch der anschließende Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Der BGH schreibt dem OLG Naumburg ziemlich deutlich ins Stammbuch, dass es so nicht geht. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung für eine Wiedereinsetzung bei Versagung der ersten Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist keine allzu strengen Maßstäbe anlegt, und die Anforderungen insgesamt überspannt. Der Hinweis auf eine Arbeitsüberlastung reiche zur Darlegung bei erster Verlängerung aus, ohne dass es weiterer Substantiierung bedürfe. Auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung könne der Anwalt regelmäßig vertrauen. Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit dürften keine strengeren Maßstäbe zum Nachteil der betroffenen Parteien angelegt werden. Mit Blick auf manche sehr lange gerichtliche Verfahren muten die Begründungen des OLG hier schon etwas merkwürdig an. Die erste Verlängerung von Rechtsmittelfristen ist sicher nicht der Schauplatz, um Anwältinnen und Anwälten zu erläutern, wieviel Mandate diese sich zumuten sollten. Das sieht offenbar auch der BGH so. (bc) VERLÄNGERUNGSANTRAG FÜR RECHTSMITTELFRIST ÜBER EINEN MONAT HINAUS 1. Holt der Verfahrensbevollmächtigte eines Beteiligten einer Familienstreitsache bei Stellung eines Antrags auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist über einen Monat hinaus nicht die erforderliche Zustimmung des Gegners ein, so beruht die anschließende Fristversäumung auf seinem Verschulden (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 4.3.2004 – IX ZB 121/03, FamRZ 2004, 867). 2. Bei einem nicht sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen der Fristverlängerung enthaltenden Antrag besteht grundsätzlich auch keine gerichtliche Hinweispflicht (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 22.3. 2005 – XI ZB 36/04, FamRZ 2005, 1082). BGH, Beschl. v. 25.8.2021 – XII ZB 172/20 Anders als im zuvor behandelten Fall ging es hier um den zweiten Verlängerungsantrag, nachdem eine erste Fristverlängerung um einen Monat durch das Gericht genehmigt wurde. Dieser zweite Antrag wurde dann abgelehnt, weil die Zustimmung des Prozessgegners nicht zusammen mit dem Antrag vorgelegt wurde. Hier nun hielt der BGH die Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung für berechtigt. Die Prozessbevollmächtigten hätten nicht darauf vertrauen dürfen, dass die zweite Verlängerung um vier Wochen über die bereits um einen Monat verlängerte Frist hinaus gewährt wird. Bis zur Einreichung des zweiten Verlängerungsantrags gab es nicht einmal eine Nachfrage bei den gegnerischen Bevollmächtigten, ob der Fristverlängerung zugestimmt wird; diese erfolgte erst einen Tag nach Ablauf der bereits verlängerten Frist. Es hätte bekannt sein müssen, dass die Regelung des § 520 II 2 ZPO gilt und man dementsprechend nicht auf § 225 II ZPO verweisen kann. Das Gericht müsse auch nicht auf das Zustimmungserfordernis hinweisen, die Verfahrensbevollmächtigten müssten sich über die Voraussetzungen der Fristverlängerung in eigener Verantwortung informieren. (bc) KEINE WIEDEREINSETZUNG BEI SICH WIDERSPRECHENDEN SACHVERHALTSSCHILDERUNGEN Wird Sachverhalt zum Wiedereinsetzungsantrag nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist nachgeschoben und widerspricht dieser den ursprünglichen Angaben, handelt es sich nicht um eine zulässige „Ergänzung“ des zunächst fristgerecht eingelegten Wiedereinsetzungsantrags, sondern um ein unzulässiges „Nachschieben“ neuer Wiedereinsetzungsgründe. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 2.9.2021 – III ZB 73/20 Die Berufungsschrift, um die es hier ging, war fälschlicherweise ans LG adressiert und wurde von dort erst nach Fristablauf ans zuständige OLG weitergeleitet. Im JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 AUFSÄTZE 374
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