BRAK-Mitteilungen 6/2021

Enders einen weiteren Kommentar zum anwaltlichen Gebührenrecht; daneben verfasste er ungezählte Aufsätze und Beiträge in weiteren Kommentaren. Es fällt natürlich schwer, ein so reiches wissenschaftliches Werk auf eine kurze Formel zu bringen. Bedeutsam ist jedenfalls die Beobachtung, dass Hartung trotz seiner Kammer-Ämter nach Ergehen der „Bastille-Entscheidungen“ des Bundesverfassungsgerichts4 4 BVerfG, Beschl. v. 14.7.1987 – 1 BvR 362/79, BVerfGE 76, 196-210. – den „Donnerschlag“, den bei Bekanntwerden dieser Entscheidung per Fernschreiben am Abend einer Kammerversammlung im November 1987 nicht nur er spürte, hat er später sehr plastisch beschrieben – sich keinesfalls auf eine bloß besitzstandswahrende, „konservative“ Position zurückzog, sondern zu einem der Wegbereiter einer Liberalisierung beim Übergang von den „Grundsätzen des anwaltlichen Standesrechts“ zum „neuen“ anwaltlichen Berufsrecht wurde. Dieser abschließende Gedanke mag deutlich machen, dass Hartung auch zu den Herausforderungen, die sich dem anwaltlichen Berufsrecht in den kommenden Jahren stellen werden, noch viel zu sagen gehabt hätte. Sein Verlust wiegt schwer; mir persönlich war er nicht nur stets ein anwaltliches Vorbild, sondern Freund, Förderer und Ratgeber zugleich. Insbesondere im Rahmen meiner eigenen Autorentätigkeit habe ich ihm unendlich viel zu verdanken und werde ihn sicherlich mit vielen Kolleginnen und Kollegen in Erinnerung behalten. Unsere Gedanken sind sicherlich auch bei seiner Ehefrau, Rechtsanwältin Helga Hartung, mit der er über 66 Jahre verheiratet war. Bereits dies, daneben auch das reiche Familienleben der nachfolgenden Generationen, in dessen Zentrum er stets stand, verrät im Übrigen, dass selbst ein „ausschließliches“ Anwaltsleben wie dasjenige Hartungs in den glücklichsten Fällen mit einem Dasein als „ausschließlicher“ Familienmensch durchaus vereinbar ist. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN *LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ) UNGÜLTIGE VORSTANDSWAHLEN BRAO §§ 65 ff., 112f I Nr. 2 * 1. Ist ein Vorstandsmitglied einer Rechtsanwaltskammer vorzeitig aus seinem Amt ausgeschieden, bleibt diese Person bei der nächsten Wahl gleichwohl wählbarer Kandidat. * 2. Schon der Umstand, dass die Amtsniederlegung weder in § 66 BRAO noch in § 69 BRAO ausdrücklich als Ausschlussgrund für die Wählbarkeit genannt ist, spricht dagegen, sie als solchen zu behandeln. * 3. Zwar bestimmt § 69 III 1 BRAO, dass ein vorzeitig ausgeschiedenes Vorstandsmitglied durch ein „neues Mitglied“ zu ersetzen ist. Dass sich das vorzeitig ausgeschiedene Mitglied aber im Fall einer Nachwahl oder bei den nächsten turnusmäßigen Vorstandswahlen nicht wieder zur Wahl stellen darf, wird weder ausdrücklich angeordnet, noch ist dies sonst ersichtlich. * 4. Die Entscheidung, das Vorstandsamt niederzulegen, ist zwar nicht widerruflich. Eine Kandidatur des vorzeitig ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds bei der Nachwahl bezüglich des durch sein Ausscheiden freigewordenen Vorstandspostens stellt aber keinen Widerruf der Niederlegung dar. * 5. Nach dem Wortlaut des § 112f I BRAO ist Rechtsfolge eines Wahlfehlers nicht, dass die Wahl für ungültig erklärt werden muss, sondern für ungültig erklärt werden kann. Damit wird die Ungültigerklärung einer Wahl jedoch nicht in das Belieben des Gerichts gestellt. Vielmehr kann eine Wahl, die gegen Gesetz oder Satzung verstößt, nur bei solchen Fehlern Bestand haben, die sich nicht auf das Wahlergebnis auswirken können. Bayerischer AGH, Urt. v. 22.7.2021 – BayAGH III-4-9/20 n.rkr. AUS DEN GRÜNDEN: I. Mit seiner am 10.6.2020 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kl. die Unwirksamkeit der v. 24.4.2020 bis 10.5.2020 durchgeführten Wahlen zum Kammervorstand der Bekl. für den Wahlbezirk Landgerichtsbezirk München I geltend. Der Kl. ist seit dem ...1994 zugelassener Rechtsanwalt und Mitglied der Bekl. Er war u.a. von 1996 bis 2016 Geschäftsführer und Hauptgeschäftsführer der Bekl. und engagierte sich in dieser Zeit in zahlreichen weiteren anwaltlichen und juristischen Organisationen und Gremien sowie in der Juristenausbildung. Der Kl. wurde BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 382

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0