eine bestimmte Wahl und für eine bestimmte Amtsperiode sei unmöglich gewesen. Jedenfalls hätte diese Verfahrensweise einer Beschlussfassung der Kammerversammlung bedurft. Da im Falle der Zulassung des Kl. als Kandidat eine realistische Möglichkeit bestanden hätte, dass der in der Anwaltschaft allseits bekannte Kl. in den Vorstand gewählt worden wäre, wäre dieser anders zusammengesetzt als nunmehr. Ähnliches gelte für die Zusammenfassung von Neu- und Nachwahl; die Besetzung mit der Folge unterschiedlich langer Amtsperioden sei dem Zufall der Stimmenergebnisse und der Zuordnung durch die Bekl. überlassen worden und willkürlich gewesen. Selbst wenn eine Kandidatur des Kl. bei der Nachwahl nicht möglich gewesen wäre, habe die rechtswidrige Zusammenfassung der Wahlen zu seinem Nachteil zu seinem völligen Ausschluss auch für die Neuwahl geführt. Auch die „Rücknahme der Zulassung“ des Kl. zur Wahl v. 21.4.2020 sei rechtswidrig gewesen und habe den Kl. in seinen Rechten verletzt. Die Wahlordnung sehe nicht vor, dass die Entscheidung über die Zulassung eines Kandidaten nochmals überprüft werden könne; die Zulassungsentscheidung sei bis zur Überprüfung im Rahmen einer Wahlanfechtung endgültig. Zudem dürfe nach den Vorschriften des BayVwVfG die Zulassung zur Wahl als rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt nur unter engen Voraussetzungen widerrufen werden; diese lägen hier nicht vor. Im Übrigen sei der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, Art. 48 VwVfG, nicht beachtet worden. Die Wahlfehler seien so erheblich, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Vertretung unerträglich sei. Das Bestandsschutzinteresse überwiege die festgestellten Wahlfehler nicht, zumal bereits im Zeitpunkt der Nichtzulassung des Kl. allgemein bekannt gewesen sei, dass das Handeln der Bekl. offensichtlich rechtswidrig, zumindest aber äußerst zweifelhaft war und eine gerichtliche Überprüfung erfolgen werde. Der Kl. beantragt: Die Wahl zum Kammervorstand der RAK München v. 24.4.2020 bis 10.5.2020 wird für den Wahlbezirk Landgerichtsbezirk München I für ungültig erklärt. Der Beigeladene zu 9. beantragt: Die gesamte Wahl zum Kammervorstand der RAK München v. 24.4.2020 bis 10.5.2020 für den Wahlbezirk des Landgerichtsbezirks München I wird für ungültig erklärt. Hilfsweise: Die Wahl zum Kammervorstand der RAK München v. 24.4.2020 bis 10.5.2020 für den Wahlbezirk des Landgerichtsbezirks München I wird bezüglich der regulär auf vier Jahre gewählten Vorstandsmitglieder (B., E., F., G., J., K., v. M., R., S., T., W.) für ungültig erklärt. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beigeladenen zu 4. und zu 11. beantragen, die Klage abzuweisen. Die Bekl. ist der Ansicht, dass die Rücknahme der Zulassung des Kl. zur Wahl rechtmäßig gewesen sei. Aus der Zuweisung der Aufgabe, über die Zulassung zur Wahl zu entscheiden, § 3 Nr. 1, § 10 Wahlordnung, folge die Ermächtigung, Fehler bei der Zulassungsentscheidung von Amts wegen zu korrigieren. Denn der Wahlausschuss habe insbesondere dafür zu sorgen, dass solche Personen von der Wahl ausgeschlossen würden, deren Wahlbeteiligung zur Anfechtung führen könne. Es liefe deshalb der Aufgabenzuweisung des Wahlausschusses diametral zuwider, wenn dieser eine als fehlerhaft erkannte Zulassungsentscheidung nicht noch im laufenden Wahlverfahren korrigieren könne. Die Ermächtigung zur Rücknahme ergebe sich auch aus § 48 VwVfG analog i.V.m. § 32 I BRAO; die Zulassung sei wegen des Verstoßes gegen zwingende Wahlvorschriften rechtswidrig gewesen. Die Niederlegung des Amts des Vorstandsmitglieds durch den Kl. habe ein rechtliches Hindernis für seine Kandidatur dargestellt. Der Kl. sei kein „neues Vorstandsmitglied“ i.S.d. § 69 III BRAO, sondern das bisherige. Er könne sich selbst nicht ersetzen. Mit einer Kandidatur des Kl. würde die in § 69 II 2 BRAO statuierte Unwiderruflichkeit der Niederlegung umgangen. Die in § 69 I Nr. 1 BRAO geregelten Fälle hätten stets ein vollständiges Ausscheiden als Vorstandsmitglied zur Folge und stünden einer Wiederwahl der betroffenen Person in den Vorstand entgegen; diese klar geregelte Rechtsfolge werde gleichlautend für alle Varianten des § 69 I BRAO angeordnet und gelte grundsätzlich auch für den Fall der Niederlegung. Wenn das Ausscheiden in den Fällen des Nr. 1 vollständig und nachhaltig wirke, sei kein Grund ersichtlich, das Ausscheiden nach Nr. 2 grundlegend anders zu behandeln. Eine andere Auffassung würde dem Sinn und Zweck des § 69 BRAO, klare Verhältnisse zu schaffen und die Kontinuität der Vorstandsarbeit zu sichern, zuwiderlaufen. Auch eine Kandidatur für die turnusgemäß frei werdenden Vorstandsposten sei nicht möglich. Denn durch die Niederlegung scheide ein Vorstandsmitglied nach dem Wortlaut des § 69 I BRAO nicht nur aus dem aktuellen Vorstand aus, sondern „als Mitglied des Vorstands“. Hieraus ergebe sich, dass jedenfalls für die Amtsperiode des niedergelegten Amtes eine Zugehörigkeit zum Vorstand gänzlich ausgeschlossen sei. Ein Vorstandsmitglied könne seine irreversible Entscheidung zur Amtsniederlegung nicht dadurch rückgängig machen oder unterlaufen, dass es sich innerhalb der das niedergelegte Amt betreffenden Wahlperiode erneut zur Wahl stelle. Ein Vorstandsmitglied, das durch eine andere Person ersetzt werde, könne nicht simultan selbst Mitglied der anderen Hälfte des gleichen Vorstands sein. Die Person sei vielmehr als Mitglied des Vorstands ausgeschieden, solange sie durch eine andere Person ersetzt werde. Jede andere Betrachtungsweise würde zu einer „rechtlichen Persönlichkeitsspaltung“ des ausgeschiedenen Mitglieds führen. Durch die Unwiderruflichkeit der Niederlegungserklärung sollten alle rechtssicher darauf vertrauen können, dass das betroffene Vorstandsmitglied jedenfalls für die restliche Laufzeit des niedergelegten Amtes kein MitBRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 384
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