BRAK-Mitteilungen 6/2021

che selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 III ZPO). [39] 1. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts, insb. des unstreitigen Umstands, dass die Bekl. zum Zeitpunkt der angegriffenen Angabe nicht Mitglied der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der RAK München war, ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 I 1, 3 I, 5 I 2 Nr. 3 UWG begründet. Die unzutreffende Behauptung des derzeitigen Bestehens einer solchen Mitgliedschaft ist eine irreführende geschäftliche Handlung, die auch dann geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, wenn in der Vergangenheit eine solche Mitgliedschaft bestanden hat. [40] 2. (...) ANMERKUNG: Die Werbung von Freiberuflern ist immer wieder Gegenstand von Entscheidungen des BGH, entweder z.B. vom Anwaltssenat oder aber von dem für das Wettbewerbsrecht zuständigen I. Zivilsenat. Kurz nacheinander hat der I. Zivilsenat unter dem Stichwort „Kieferorthopädie“ (BGH, Urt. v. 29.7.2021 – I ZR 114/20) zum Werbeauftritt eines Zahnarztes Stellung genommen, in der hier besprochenen Entscheidung unter der Überschrift „Vorstandsabteilung“ zu den Angaben in einem Internetauftritt einer Rechtsanwältin. Dabei fallen nicht so sehr im Ergebnis, aber in der Begründung doch einige Besonderheiten auf. Vorweg: Das vom BGH gefundene Ergebnis ist in keiner Weise überraschend: Wenn eine Rechtsanwältin im Internetauftritt der Kanzlei damit wirbt, „Mitglied der Vorstandsabteilung XII (Vermittlungen) der Rechtsanwaltskammer München“ zu sein, dann will sie ohne Zweifel den Eindruck erwecken, dass sie diese Tätigkeit noch ausübt. Die Diskussionen in allen drei Entscheidungen, dass man dies auch anders verstehen könnte, ist doch sehr erstaunlich und wenig verständlich. Die Ursache für diese Diskussion scheint darin zu liegen, dass der I. Zivilsenat den Fall ausschließlich über das Wettbewerbsrecht und nicht über das Berufsrecht löst. Denn stellt man auf die Vorschriften des UWG ab, dann muss man gem. § 2 UWG über das Vorliegen einer „geschäftlichen Handlung“ entscheiden, damit man zu einer unzulässigen Handlung bei einem Verstoß gegen § 5 I Nr. 3 UWG kommt. Hier kann man zu keinem anderen Schluss kommen, als dass es sich bei den Angaben der Rechtsanwältin um geschäftliche Angaben handelt. Und wie das Kammergericht als Vorinstanz zu der Auffassung kommen konnte, dass dies für den Verbraucher irrelevant sein sollte, wird von dem Gericht kaum begründet. Denn solche Mitgliedschaften, wie hier im Vorstand einer Rechtsanwaltskammer, werden doch gerade deswegen erwähnt, damit der Eindruck besonderer Sachkunde und eines besonderen Engagements erweckt wird. Dass ein Verstoß gegen § 5 I Nr. 3 UWG vorliegt, liegt doch klar auf der Hand. Hier wird mit falschen Angaben zu einer Mitgliedschaft geworben. Natürlich ist es erlaubt, auf auch frühere Mitgliedschaften, Lehraufträge, Vorstandsämter etc. hinzuweisen, wenn klar ist, dass diese beendet sind (s. dazu auch Huff, in Gaier/ Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, § 43b BRAO Rn. 16). Aber hier wurde der Eindruck erweckt, dass die Tätigkeit noch andauert. Hätte der BGH den Weg über das anwaltliche Berufsrecht, § 43b BRAO, gewählt, dann wäre deutlich weniger Begründungsaufwand erforderlich gewesen. Denn es handelt sich bei den Angaben der Rechtsanwältin um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die auch durch die Aufnahme im Internet Wettbewerbszwecken dient. Und diese Werbung ist unsachlich gem. § 43b BRAO. Ergänzend hätte man dies auch auf § 43a III BRAO stützen können. Denn auch nach dieser Vorschrift sind dem Rechtsanwalt unsachliche Äußerungen untersagt. Aber dies wird vom BGH nicht einmal erwähnt. Ähnlich aufwendig prüft der BGH auch die Werbung des Zahnarztes, der zulässigerweise kieferorthopädische Leistungen anbietet. Hier wird ebenfalls überwiegend auf das Wettbewerbsrecht abgestellt, wenn auch die berufsrechtlichen Vorschriften wenigstens zitiert werden. Beide Entscheidungen zeigen aber, für wie wenig bedeutsam der Wettbewerbssenat des BGH das jeweilige Berufsrecht der freien Berufe ansieht, ja es nicht einmal als weiteren Begründungsansatz zu Rate zieht. Auch der II. Zivilsenat hat in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht bei der Prüfung, ob die Bezeichnung „partners“ bei einer Anwalts-GmbH erlaubt ist (BGH, Beschl. v. 13.4.2021 – II ZB 13/20), den berufsrechtlichen Aspekt kaum einer Erwähnung wert befunden. In berufsrechtlicher Hinsicht hätte meines Erachtens die Entscheidung anders ausfallen müssen. Natürlich kann man die Auffassung vertreten, dass die freien Berufe in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht wie gewerbliche Tätigkeiten einzustufen sind und eigentlich keine Besonderheiten mehr aufweisen. Dann aber braucht man keine speziellen berufsrechtlichen Vorschriften mehr und kann auf sie verzichten. Diesen Weg scheint der BGH nun deutlicher als bisher gehen zu wollen. Es darf mit Spannung erwartet werden, wie sich dazu der Anwaltssenat des BGH stellen wird, wenn er etwa über einen belehrenden Hinweis einer Rechtsanwaltskammer in Bezug auf die anwaltliche Werbung in der Berufungsinstanz entscheiden muss. Denn er hatte bisher die Fahne des eigenen Berufsrechts hochgehalten. Mal sehen, ob dies so bleibt. Denn beide Senate haben nicht immer einheitlich entschieden. Rechtsanwalt Martin W. Huff, Köln BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 392

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