sondern erfasst allgemeine Sachverhalte mit üblicherweise auftretenden Fragen, zu denen die Bekl. Antworten in Form von standardisierten Vertragsklauseln und Textbausteinen entwickelt hat. Dabei mag sie die Programmierung der Software darauf ausgerichtet haben, durch ein umfangreiches und detailliertes Frage-Antwort-System möglichst alle typischen und in der Praxis häufig vorkommenden Fallkonstellationen vorwegzunehmen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei der Vielzahl möglicher Kombinationen von Textbausteinen um Lösungen für fiktive Einzelfälle eines unbestimmten Personenkreises handelt (vgl. Wettlaufer, MMR 2018, 55, 56; Deckenbrock, AnwBl. Online 2020, 178, 179; Wormit, InTeR 2021, 22, 25 f.). Insoweit unterscheidet sich der Vertragsdokumentengekein wesentlicher Unterschied zu Formularhandbüchern nerator „smartlaw“ nicht von einem detaillierten Formularhandbuch, in dem den Lesern für gewisse Sachverhaltskonstellationen bestimmte Vertragsklauseln empfohlen werden (vgl. Weberstaedt, AnwBl. 2016, 535, 537; Deckenbrock, AnwBl. Online 2020, 178, 179 f.; Timmermann/Hundertmark, RDi 2021, 269 Rn. 29; a.A. Fries, ZRP 2018, 161, 162; Wessels, MMR 2020, 59, 59 f.; Krenzler, BRAK-Mitt. 2020, 119, 121). [35] Eine solche abstrakte Angelegenheit wird nicht dadurch zu einer konkreten Angelegenheit, dass der Nutzer des Rechtsdokumentengenerators durch die Beantwortung der vorgegebenen Fragen Angaben zu einem realen Sachverhalt macht. Seine Eingaben bewirken lediglich, dass die Textbausteine, die die Bekl. den Antworten bereits zuvor zugeordnet hat, abgerufen und zu einem Vertragsdokument zusammengestellt werden. Das auf diese Weise individualisierte Dokument wird daher nicht in Ansehung eines der Bekl. unterbreiteten konkreten Falls, sondern mit Blick auf die im Vorhinein konzipierten fiktiven Einzelfälle erstellt (vgl. Deckenbrock, AnwBl. 2020, 178, 181; a.A. Krenzler, BRAK-Mitt. 2020, 119, 121 f.). [36] Auch die Vielzahl der Antworten des Nutzers auf die standardisierten Fragen bewirkt nicht, dass der erstellte Vertrag auf seinen konkreten Fall zugeschnitten ist (a.A. Dahns, NJW-Spezial 2019, 766). Rückfragen der Bekl. oder ergänzende Angaben des Nutzers zu Besonderheiten des tatsächlichen Sachverhalts sind nicht vorgesehen. Eine Berücksichtigung über den Standardfall hinausgehender Umstände des Einzelfalls, die eine Anpassung der Vertragsklauseln (vgl. BGH, GRUR 2016, 820 Rn. 51 – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler), ihre Ergänzung um bestimmte Textpassagen oder die Vervollständigung des Vertragstexts um zusätzliche Regelungen ermöglichen würde, findet daher nicht statt. Soweit der Nutzer auf offene Fragen individuelle Antworten geben kann, handelt es sich im Wesentlichen um allgemeine Vorgaben – etwa beim „Content-Lizenzvertrag“ der Verwendungszweck des Lizenzgegenstands oder beim „Grafikdesignervertrag“ der Vertragsgegenstand – oder um tatsächliche Daten wie etwa die Höhe und der Zeitpunkt der zu zahlenden Vergütung, die in den Vertragstext eingesetzt werden. Sie ermöglichen ebenfalls nicht die rechtliche Erfassung der individuellen Verhältnisse des Anwenders. [37] c) Der Sinn und Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 I 2 RDG), gebietet keine erweiternde Auslegung der Legaldefinition des § 2 I RDG dahin, dass die digitale Erstellung eines Vertragsdokuments mithilfe des Generators „smartlaw“ eine Rechtsdienstleistung darstellt. [38] aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Vertragsdokumentengenerator gefährde weder den Rechtsverkehr oder die Rechtsordnung, noch führe sein Verbot zu einem verbesserten Schutz der Rechtsuchenden. Ein Schutz des Nutzers vor unqualifizierter Rechtsberatung müsse nicht gewährleistet werden. Der Kunde nutze den Generator nicht in der Erwartung, dass sein Anliegen rechtlich geprüft werde. Ihm sei klar, dass er durch die ausgewählten Antworten eigenverantwortlich einen Lebenssachverhalt in ein vorgegebenes Raster einfüge, bei dem mithilfe eines schematisch ablaufenden Computerprogramms vorgegebene Textbausteine miteinander kombiniert würden. Für ihn sei ohne weiteres erkennbar, dass das erzielte Ergebnis von der Qualität der Bausteine und den im Programm vorgegebenen logischen Verknüpfungen einerseits sowie von der Richtigkeit, Sinnhaftigkeit und Stimmigkeit seiner eigenen Angaben andererseits abhänge. [39] bb) Die tatgerichtliche Beurteilung, der Nutzer erwarte aufgrund der für ihn erkennbaren Arbeitsweise des Vertragsdokumentengenerators keine auf seinen persönlichen Fall ausgerichtete Rechtsberatung, stellt sich weder als erfahrungswidrig dar, noch lässt sie sonst einen Rechtsfehler erkennen. Die Revision führt vergeblich an, die Erläuterungen der Bekl. zu Bedeutung und Rechtsfolge der Fragen und Antworten, ihre Beschreibung der zu erbringenden Vertragsleistung, die Hinweise im Anschluss an das erstellte Dokument sowie ihre ergänzenden werblichen Angaben erweckten bei dem Nutzer die Erwartung, er erhalte mithilfe des Frage-Antwort-Systems eine komplexe individuelle Rechtsberatung, als deren Ergebnis er einen auf seine konkreten Verhältnisse zugeschnittenen Vertrag erhalte. Mit dem im Revisionsverfahren in Rede stehenden Klageantrag wendet sich die Kl. gegen die Erstellung von Vertragsentwürfen mithilfe des Rechtsdokumentengenerators „smartlaw“, weil sie die Funktionsweise des Generators unter Berücksichtigung der Art und Komplexität des erzeugten Rechtsdokuments als Rechtsdienstleistung ansieht. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass für die Frage, ob das Geschäftsmodell als solches unzulässig ist, die ergänzenden Angaben der Bekl. im Rahmen des Internetangebots ohne Bedeutung sind. BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 400
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