Der Kl. vertritt die Auffassung, eine elektronische Wahl sei verfassungswidrig und damit nichtig. Wegen eines Verstoßes gegen das Demokratieprinzip hält er sie für unzulässig. Dies ergebe sich bereits daraus, dass nur weniger als 10 % der Wahlberechtigten an der Wahl zur 7. Satzungsversammlung teilgenommen hätten. Zudem seien Verstöße gegen die Wahlgrundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl gegeben. Zum einen habe das zum Einsatz gekommene OnlineWahlsystem weder die Möglichkeit vorgesehen, eine ungültige Stimme abzugeben oder sich der Stimme zu enthalten, noch seien die elektronische Urne und das elektronische Wählerverzeichnis getrennt gewesen, so dass ein Verstoß gegen das Wahlgeheimnis gegeben sei. Zum anderen hätten die Wahlberechtigten keine Sicherheitshinweise erhalten und hätten auch nicht bestätigt, diese zur Kenntnis genommen zu haben. Des Weiteren rügt der Kl., dass den Wahlberechtigten keine angemessenen Hinweise für die Notwendigkeit einer unbeobachteten Stimmabgabe gegeben worden seien. Auch sei die Öffentlichkeit bei der Auszählung der Stimmen nicht gewährleistet gewesen. Es könne bei einer elektronischen Wahl nicht ausgeschlossen werden, dass das System gehackt werde und so die Stimmen manipuliert werden. Schließlich fehle es an einer Härtefallregelung für Wahlberechtigte, die keine Ausstattung mit Computern hätten, die für die Teilnahme an der Wahl notwendig sei. Der Kl. beantragt: Die Wahl zur Satzungsversammlung 2019 wird für ungültig erklärt. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Die elektronische Wahl zur 7. Satzungsversammlung 2019 sei nicht für ungültig zu erklären, da kein Verstoß gegen die Wahlgrundsätze gegeben sei. Die Wahl sei nicht unter Verletzung des Gesetzes gem. § 112 f I BRAO zustande gekommen. So habe bei der elektronischen Wahl für jeden Wahlberechtigten die Möglichkeit bestanden, ungültig zu wählen. Das zum Einsatz gekommene Online-Wahlsystem sei nach den Vorgaben des Wahlausschusses so konfiguriert worden, dass auch dann die Möglichkeit der verbindlichen Stimmabgabe bestanden habe, wenn mehr als die zulässige Anzahl an Stimmen oder gar keine Stimme vergeben worden sei. Zudem seien gem. § 13 Ziff. 6 der Wahlordnung der Bekl. zur Wahrung des Wahlgeheimnisses die elektronische Wahlurne und das elektronische Wählerverzeichnis auf verschiedener Server-Hardware geführt worden. Auch hätten die Wahlberechtigten geeignete Sicherheitshinweise und Informationen zu möglichen Bezugsquellen kostenfreier, durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfohlener Schutzsoftware für das Endgerät erhalten. Mit einem Klick auf den Button „am Wahlsystem anmelden“ hätten die Wahlberechtigten auch bestätigt, dass sie die Sicherheitshinweise zur Kenntnis genommen hätten. Richtig sei, dass bei der elektronischen Wahl – ebenso wie bei der Briefwahl – der Wahlausschuss nicht sicherstellen könne, dass der Wähler seine Stimme in einer Umgebung abgebe, in der er unbeobachtet bleibe. Eine Verpflichtung des Wahlausschusses hierzu habe nicht bestanden. Es liege vielmehr im Verantwortungsbereich des einzelnen Wählers, dies sicher zu stellen. Bei der Wahl sei das Wahlsystem Polyas Core 2.2.3. eingesetzt worden. Dies sei vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert (B 2). Die Vorgaben in § 12 Ziff. 6 der Wahlordnung der Bekl. seien eingehalten und die Wahrung des Wahlgeheimnisses sei sichergestellt worden (B 1, B 3, B 4). Hierfür werde Frau U., Mitarbeiterin der P. GmbH, als Zeugin benannt. Die Rüge der fehlenden Öffentlichkeit der Wahl gehe fehl. § 16 Ziff. 3 der Wahlordnung der Bekl. sehe ausdrücklich die Möglichkeit der Überprüfung durch jeden Wähler vor. Von dieser Möglichkeit habe allerdings niemand Gebrauch gemacht. Zutreffend sei, dass die Wähler von der Bekl. nicht belehrt worden seien, die Wahl geheim bzw. unbeobachtet vorzunehmen. Zutreffend sei des Weiteren, dass die vom Kl. gerügte fehlende Härtefallregelung weder vom Wahlausschuss noch in der Wahlordnung vorgesehen sei. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Kl. v. 3.7.2019, 1.10.2019, 7.11.2019, 9.11. 2019, 29.1.2020, 21.2.2020 und 24.12.2020, der Bekl. v. 3.9.2019 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung v. 20.7.2021 Bezug genommen. Hinsichtlich der Aussage der in der mündlichen Verhandlung v. 20.7.2021 vernommenen Zeugin U. wird auf die Sitzungsniederschrift der vorgenannten Sitzung (= Bl. 81/ 88 d.A.) Bezug genommen. Mit Schriftsatz v. 7.11.2019 hat der Kl. Befangenheitsanträge gegen die Richter AGH L., M., S., H. und E. gestellt (Bl. 31 d.A.). Mit Beschluss v. 2.3.2020 sind die Befangenheitsanträge verworfen worden (Bl. 52/57 d.A.). Mit Schriftsatz v. 24.12.2020 hat der Kl. einen weiteren Befangenheitsantrag gestellt. Mit Beschluss v. 25.2.2021 sind die Befangenheitsanträge des Kl. gegen die Richterin am AGH L. und den Richter am AGH E. zurückgewiesen worden (Bl. 74/78 d.A.). II. Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet und war deshalb abzuweisen. 1) Die Klage ist zulässig. a) Die Klagebefugnis ergibt sich gem. § 112f II 1 Nr. 2 BRAO aus der Mitgliedschaft des Kl. bei der Bekl. b) Die Klage ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Das Wahlergebnis der Wahl zur Satzungsversammlung 2019 wurde am 3.6.2019 bekannt gemacht. Die Klage ist am 3.7.2019 eingegangen und wahrt somit die Klagefrist von einem Monat gem. § 112f III BRAO, § 20 Ziff. 1 der Wahlordnung der Bekl. 2) Die Klage erweist sich als unbegründet. Nach § 112f I Nr. 2 BRAO, § 12 Ziff. 3 der Wahlordnung der Bekl. können Wahlen für ungültig oder nichtig erklärt werBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2021 403
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