BRAK-Mitteilungen 1/2022

Ab dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.8.2022 wird die BRAK für alle im Gesamtverzeichnis eingetragenen Berufsausübungsgesellschaften ein beA empfangsbereit einrichten. Dies bedeutet, dass alle nach § 59f BRAO n.F. zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften automatisch und verpflichtend ein beA erhalten werden. Keiner Zulassung bedürfen Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt, und denen als Gesellschafter und Geschäfts- und Aufsichtsorgane ausschließlich Rechtsanwälte oder Angehörige eines in § 59c I 1 Nr. 1 BRAO n.F. genannten Berufs angehören, also insb. die klassischen Sozietäten in der Form der GbR oder Partnerschaftsgesellschaften ohne Haftungsbeschränkung. Die nicht zulassungspflichtigen Personengesellschaften können aber die Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer beantragen. Dann erhalten sie auch mit ihrer Zulassung ein beA. Der Gesetzgeber ist mit dieser Erweiterung des Kreises der beA-Inhaber einer Forderung der Anwaltschaft, aber auch der Justiz nachgekommen. Die Justiz stellt sich eine Erleichterung der Adressierung für Zustellungen vor. Die Anwaltschaft hofft auf eine vereinfachte Postbearbeitung, wenn die elektronischen Zustellungen für alle in der Berufsausübungsgesellschaft geführten Mandate unabhängig vom Sachbearbeiter in nur einem Postfach eingehen, Zustellungen also an die Gesellschaft selbst bewirkt werden. Dies ist in der Tat eine „große Reform“, denn sie bedeutet die Abkehr vom Gedanken des persönlichen Postfachs und der Zustellung an die Rechtsanwältin bzw. den Rechtsanwalt hin zur Zustellung an die Berufsausübungsgesellschaft, die selbst Inhaberin eines beA sein wird. Diese Neuregelung implizierte Folgefragen, die der Gesetzgeber zu lösen hatte. So werden künftig auch aus einem beA einer Berufsausübungsgesellschaft Nachrichten über einen sicheren Übermittlungsweg versandt werden können. Diejenigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die dazu berechtigt sein sollen, werden benannt und mit den erforderlichen Rechten ausgestattet werden. Der Gesetzgeber hat diese Personen bewusst nicht auf den Kreis der (geschäftsführenden) Gesellschafter beschränkt, sondern in § 32b II BRAO n.F. ausdrücklich vorgesehen, dass die insoweit berechtigten Personen zwar Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte sein müssen, indes nicht Organ der Berufsausübungsgesellschaft sein müssen. Dies dürfte den Versand von Nachrichten im Kanzleialltag sehr erleichtern. Erforderlich sind dann aber klare Zuständigkeiten innerhalb der Berufsausübungsgesellschaften, die in der Vergabe von Rechten im beA ihren Niederschlag finden müssen. Die persönlichen beAs der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die in einer Berufsausübungsgesellschaft tätig sind, werden neben den Gesellschaftspostfächern weiter bestehen bleiben. Das Gesellschaftspostfach entbindet also nicht von der Pflicht, die eigenen Posteingänge zu überwachen und Zustellungen entgegenzunehmen. Diejenigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die sich zu einer Sozietät zusammengeschlossen haben, werden möglicherweise die Überlegung anstellen, ob sie die Zulassung der Sozietät als Berufsausübungsgesellschaft beantragen sollen, um ein „Sozietäts-beA“ zu erhalten. Diese Frage sollte sorgfältig abgewogen werden. Denn dem möglichen Vorteil eines gemeinsamen beA stehen zusätzliche Kosten für die Zulassung und Versicherung der Gesellschaft und nicht unerhebliche organisatorische Anforderungen gegenüber. Möglicherweise kann das Ziel einer zentralen Postbearbeitung auch durch das im beA-System bereits jetzt vorhandene Rechte- und Rollenmanagement erreicht werden. 2. GESETZ ZUR MODERNISIERUNG DES NOTARIELLEN BERUFSRECHTS Am 1.8.2021 trat das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.6.20215 5 BGBl. 2021 I, 2154. in Kraft. Damit gingen einige wesentliche Änderungen im Recht der Vertretung und der Befreiung von der Kanzleipflicht einher. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen nach wie vor für ihre Vertretung sorgen, wenn sie länger als eine Woche daran gehindert sind, ihren Beruf auszuüben oder sich länger als zwei Wochen (statt wie bisher eine Woche) von der Kanzlei entfernen wollen. Sie sollen einen anwaltlichen Vertreter selbst bestellen. Die Pflicht, die Bestellung der Vertretung der Rechtsanwaltskammer anzuzeigen, entfällt. Die Rechtsanwaltskammer muss auch keine Eintragung der selbst bestellten Vertreter mehr im Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis (BRAV)6 6 https://www.bea-brak.de/bravsearch/index.brak. vornehmen. Das hat zur Konsequenz, dass selbst bestellte Vertreter nicht mehr automatisch Einsicht in die Nachrichtenübersicht im beA des Vertretenen erhalten. Stattdessen sind die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte berufsrechtlich nach § 54 II BRAO verpflichtet, ihren Vertretern einen Zugang zu ihrem beA einzuräumen. Dabei ist zu beachten, dass die Vertretung zumindest befugt sein muss, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen und ggf. elektronische Empfangsbekenntnisse abzugeben. Entsprechende Regelungen gelten für Zustellungsbevollmächtigte. Das Gesetz sieht vor, dass auch die Vertretung und Zustellungsbevollmächtigte künftig aus dem Postfach des Vertretenen über einen sicheren Übermittlungsweg, also ohne qualifizierte elektronische Signatur, Nachrichten und elektronische Empfangsbekenntnisse versenden können sollen. Da der Gesetzgeber der BRAK indes keine Übergangsfrist zur technischen Umsetzung dieser Neuregelung eingeräumt hat, steht diese Möglichkeit derzeit noch nicht zur Verfügung. Vertretungen und Zustellungsbevollmächtigte müssen daher schriftformbedürftige elektronische Dokumente bis auf weiteres qualifiziert elektronisch signieren. SANDKÜHLER, DER ELEKTRONISCHE RECHTSVERKEHR ZUM JAHRESWECHSEL – RÜCKBLICK UND AUSBLICK AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 3

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