lungen des § 3 I 2, des § 3 III 2 und des § 3 IV BORA n.F. von gewisser Relevanz. Mit Spannung abzuwarten bleibt, inwieweit die Satzungsversammlung doch noch Raum für weitere Konkretisierungen sieht. Der Ausschussbegründung lässt sich jedenfalls entnehmen, dass die nun beschlossene Neufassung des § 3 BORA nur eine Zwischenetappe sein soll. Der Spielraum, der der Satzungsversammlung verbleibt, ist allerdings gering. STEUERLICHE OFFENLEGUNGSPFLICHTEN DES ANWALTS RECHTSANWALT PROF. DR. RALPH WAGNER LL.M.* * Der Autor ist Fachanwalt für Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Arbeitsrecht in Dresden, Mitglied des BRAK-Ausschusses Datenschutzrecht und Vorstandsmitglied des Sächsischen Steuerberater-Verbandes. Seit eh und je stehen Offenlegungspflichten der Anwaltschaft (auch) im steuerlichen Bereich in einem Spannungsverhältnis zur beruflichen Verschwiegenheitspflicht. Über die genaue Grenzziehung wird mit der Finanzverwaltung im Besteuerungsverfahren (und teils vor den Finanzgerichten) gerungen. Das Jahr 2021 deutete mit einer Entscheidung des BFH einen möglichen, vorsichtigen Trendwechsel zugunsten der Anwaltschaft an. Andererseits ergeben sich aus europäischer und nationaler Gesetzgebung ganz neuartige Offenlegungspflichten, deren Vereinbarkeit mit Verfassungsgrundsätzen (auch der Europäischen Union) bezweifelt werden darf. Beides ist Anlass, den aktuellen Sachstand im folgenden Beitrag näher zu beleuchten. I. DER ALTE KONFLIKT: INWIEFERN SIND ANWÄLTE „BESONDERE STEUERPFLICHTIGE“? Für die weitaus meisten steuerlichen Fragen ist ganz irrelevant, ob ein Steuerpflichtiger als Rechtsanwalt arbeitet. Im Bereich steuerlicher Offenlegungspflichten sind Besonderheiten jedoch anerkannt – und zwar grundsätzlich auch von Seiten der Finanzverwaltung. Sie betreffen neben Rechtsanwälten auch alle anderen verschwiegenheitspflichtigen Berufe. Wer als Anwalt, Arzt, Steuerberater etc. Geheimnisse (der Mandanten, Patienten etc.) zu wahren hat, muss dies grundsätzlich auch gegenüber dem Finanzamt beachten. Andererseits sollen die Finanzbehörden für eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung nicht nur alle besteuerungsrelevanten Informationen erhalten, sondern auch deren Richtigkeit nachprüfen können. Es liegt auf der Hand, dass beide Prinzipien nicht gleichzeitig und vollständig umsetzbar sind, sondern eines angemessenen Ausgleichs bedürfen. Dass dieser Ausgleich nie endgültig gelingt, sondern permanent neu angestrebt werden muss, ergibt sich schon aus ständiger Veränderung des rechtlichen Rahmens (neue Steuergesetze) und der Besteuerungs-Sachverhalte (neue Technologien, Geschäftsmodelle etc.). 1. DIE GESETZLICHE AUSGANGSLAGE § 90 AO regelt grundlegend die Mitwirkungspflichten Beteiligter im Steuerverfahren. Konkretisiert und erweitert werden diese Pflichten in zahlreichen Einzelnormen, z.B. § 92 AO (Befugnis der Finanzbehörden, Auskünfte von Beteiligten und anderen Personen einzuholen, Sachverständige hinzuzuziehen, Urkunden und Akten beizuziehen, Augenschein zu nehmen), § 93 AO (Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen gegenüber den Finanzbehörden), § 97 AO (Urkundenvorlage), § 98 (Augenschein), § 99 AO (Betreten von Grundstücken und Räumen) sowie §§ 140–153 AO (Buchführungsund Aufzeichnungspflichten sowie Erklärungspflichten). Sanktionen für die Nichtbefolgung dieser Normen sind vielfältig und bestehen z.B. in der Festsetzung von Verspätungszuschlägen (§ 152 AO), der Nichtanerkennung von Aufwendungen (§ 160 AO), der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) bis hin zur Ahndung als Ordnungswidrigkeit oder Straftat (§ 378 bzw. § 370 AO). Gleichzeitig haben Rechtsanwälte nach § 43a II BRAO über alle bei Ausübung ihres Berufs bekannt gewordenen Tatsachen Verschwiegenheit zu wahren und dürfen solche Tatsachen unter Strafandrohung (§ 203 I Nr. 3 StGB) gegenüber Dritten (dies heißt auch: Finanzbehörden) nicht unbefugt offenbaren. Verfassungsrechtlicher Hintergrund ist die mit dem Mandatsgeheimnis zuvörderst geschützte allgemeine Handlungsfreiheit der Mandantschaft (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 GG), in Reflexwirkung auch die Berufsfreiheit des Anwalts (Art. 12 GG, da der Anwaltsberuf ohne dem Mandanten gewährte Vertraulichkeit der Kommunikation nicht in seiner jetzigen Gestalt denkbar wäre) sowie das Rechtsstaatsprinzip (Art. 19 I und 20 GG: Jeder Mensch hat einen durch die Staatsgewalt respektierten und zu respektierenden Anspruch auf Achtung seiner Würde und Persönlichkeit, daraus folgend u.a. auch auf wirksame Wahrnehmung seiner Rechte. Dies setzt parteiliche und vertrauliche Beratung, jedenfalls die Möglichkeit/Verfügbarkeit solcher Beratung voraus). WAGNER, STEUERLICHE OFFENLEGUNGSPFLICHTEN DES ANWALTS AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 15
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