BRAK-Mitteilungen 1/2022

den Rechtsbruchtatbestand, da schon das Erbieten zur Rechtsdienstleistung ohne entsprechende Erlaubnis die Gefahr begründet, der Empfänger des Angebots werde sich an einen nicht ausreichend qualifizierten Rechtsdienstleister wenden (vgl. nur Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 3a Rn. 1.118). Darauf, inwieweit die Bekl. die auf den streitgegenständlichen Webseiten angebotenen und beworbenen Dienstleistungen tatsächlich erbracht hat, kommt es für die Beurteilung der ursprünglichen Begründetheit der Unterlassungsklageanträge mithin im Ergebnis nicht an. Vorliegend hat die Bekl. mit den in der Klageschrift unter I. 1. lit. a)- i) genannten Angaben sowohl objektiv als auch subjektiv, aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher, Rechtsdienstleistungen, also individuelle und einzelfallbezogene Prüfungs- und Beratungsdienstleistungen, die erkennbar über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgehen, angeboten. Der von der Bekl. angepriesene „Pre Merger“ sowie die „Due Diligence“ (lit. a) setzt aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises auch eine eigene rechtliche Prüfung voraus. Solche Leistungen umfassen neben einer betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Prüfung gerade eine rechtliche Prüfung der Verhältnisse beim Zielunternehmen (vgl. Oltmanns, in Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Aufl. 2021, Anhang III zu §§ 433– 480: Unternehmenskauf – Gesellschafts- und Steuerrecht, Rn. 21 f.). Gleiches gilt für die Angebote bezüglich der Betreuung von Vergabeverfahren und „Mietvertragsverhandlung“ (lit. b), die „professionelle Bearbeitung all ihrer Immobilienthemen“ (lit. c), „Spezialisten“ „für alle Funktionen“ (lit. d), „die gesamte Bandbreite an Maßnahmen rund um das Management von Retail Immobilien Assets“ (lit. e), „vollumfänglicher Problemlöser ..., mit Spezialisten für alle relevanten Immobilienfunktionen, wie ... ...Legal“ (lit. f), „schnelle und unkomplizierte Krisenhilfe bei Mietverhandlungen“ (lit. g) „schnell und unkompliziert, kündigungssichere Maßnahmen sofort umzusetzen. Mit einem Team von Spezialisten“ (lit. h) sowie „Verhandlung und den Abschluss von Mietverträgen“ (lit. i). Hier geht der angesprochene Verkehr, wenn wie vorliegend keine Einschränkung erfolgt, gerade auch davon aus, dass eine umfängliche Betreuung des Kunden erfolgt, bei der gerade auch eine rechtliche Prüfung und Begleitung für den Kunden angeboten wird. Dies ergibt sich für den angesprochenen Verbraucher gerade auch deshalb, weil er die verschiedenen einzelnen werbenden Angaben der Bekl. in ihrer Gesamtheit wahrnimmt und dabei den Eindruck gewinnen muss, dass die Bekl. als vollumfänglicher Problemlöser einen „full service“ anbietet, der eine für Immobilientransaktionen und -bewirtschaftung besonders wichtige rechtliche Beratung und Prüfung beinhaltet. Der Erlaubnistatbestand des § 5 RDG liegt nicht vor. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Nach dem Vorstehenden werden die rechtlichen Leistungen, mit denen die Bekl. wirbt, nicht einer anderen Haupttätigkeit untergeordnet, sondern stehen jedenfalls auf gleicher Stufe mit weiteren etwa betriebswirtschaftlichen Leistungen, die die Bekl. für den Immobiliensektor anbietet. Die Beklagte verfügte auch in sonstiger Weise zu keiner Zeit über eine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen. 2. Hinsichtlich des Klageantrags zu I. 2. waren der Kl. nach Rücknahme des Antrags die Kosten gem. § 269 III 2 ZPO aufzuerlegen. II. Von dem auf insgesamt auf 100.000 Euro festzusetzenden Streitwert entfallen 80.000 Euro auf den Klagantrag zu I. 1 und 20.000 Euro auf den Klageantrag zu I. 2. Gemäß den § 3 Hs. 1 ZPO, § 51 II GKG ist der Streitwert in erster Linie nach der sich aus dem Antrag der Kl. für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach billigem Ermessen zu bestimmen. Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, das maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt wird (vgl. nur OLG Köln, Beschl. v. 6.8.2018 – 6 W 72/18, BeckRS 2018, 28795 m.w.N.). Einer Streitwertangabe in der Klageschrift – zu einem Zeitpunkt, in dem der Ausgang des Verfahrens noch ungewiss ist – kommt eine indizielle Bedeutung zu, wobei die Angabe anhand objektiver Kriterien zu überprüfen ist und nicht schlicht übernommen werden darf (vgl. OLG Köln a.a.O., m.w.N.). Dabei ist das Interesse eines Verbandes wie das eines gewichtigen Mitbewerbers, das Mitglied bei der Kl. ist, zu bemessen (vgl. OLG Köln a.a.O., m.w.N.). Unter Berücksichtigung der vorliegend über das Internet bundesweit erfolgten Werbemaßnahmen der Bekl., dem erheblichen Umfang der angebotenen Leistungen und der hiermit verbundenen wirtschaftlichen Bedeutung waren den Klageanträgen vor diesem Hintergrund im Ergebnis die o.g., vorliegend angemessenen Gesamt- und Einzelstreitwerte zuzuweisen. HINWEISE DER REDAKTION: Die von dem Unternehmen angebotenen Dienstleistungen „Pre Merger“ sowie „Due Diligence“ setzen aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises auch eine eigene rechtliche Prüfung voraus. Solche Leistungen umfassen neben einer betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Prüfung gerade eine rechtliche Prüfung der Verhältnisse beim Zielunternehmen. Gleiches gilt u.a. für die Angebote bezüglich der Betreuung von Vergabeverfahren und die „Mietvertragsverhandlung“, die „professionelle BearbeiBRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 46

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