antwortende Person“ und Signierender zwangsläufig nur der Verband sein, der aber nicht Inhaber des beAPostfachs sei, weshalb – mangels Identität zwischen der das Dokument signierenden Person und dem Versender – der Eingang nach § 46c III 1 Alt. 2 ArbGG unwirksam sein müsse (Schrade/Elking, NZA 2021, 1675, 1678). Der Syndikusrechtsanwalt, der als Verband handele, habe – abseits der qeS – bei Prozessbevollmächtigung des Verbands nicht die Option, sein beA zu nutzen, um wirksam über einen sicheren Übermittlungsweg einzureichen (keine aktive Nutzungsmöglichkeit). Gleichwohl erfolgte Eingaben über das beA ohne qeS seien unwirksam (Schrade/Elking, a.a.O.). (2) Das erkennende Gericht hält die vorgenannte Ansicht – soweit eine aktive Nutzungsmöglichkeit des beA für einen Syndikusrechtsanwalt bei Bevollmächtigung des Verbands bezweifelt wird – aus mehreren Gründen für nicht überzeugend (im Ergebnis wie hier Pulz, NZA 2018, 14, 17 f.): (a) Die vorgenannte Auffassung beachtet den Normzweck von § 46c III 1 ArbGG, nämlich die Sicherstellung von Authentizität und Integrität eines elektronischen Dokuments, nicht hinreichend und vermischt diesen Zweck unzulässig mit Fragen der Prozessvertretung. § 46c III 1 ArbGG dient – genauso wie die identische Sicherstellung der Authentizität und Integrität Vorschrift in § 130a III 1 ZPO – ausschließlich der Sicherstellung der Authentizität und Integrität des eingereichten elektronischen Dokuments. Beide Normen sehen zwei Varianten vor, die Authentizität des Dokuments, d.h. die Verknüpfung des Erklärungsinhalts („elektronisches Dokument“) mit der Identität des Absenders („verantwortende Person“), nachzuweisen. Hierdurch wird auf elektronischem Wege die Funktion der handschriftlichen Unterschrift ersetzt, vgl. § 130 Nr. 6 Hs. 1 ZPO (H. Müller, in Ory/ Weth, jurisPK-ERV Band 2, 1. Aufl., § 130a ZPO, Stand: 10.12.2021, Rn. 52). Genauso wenig wie bei der Unterschrift gem. § 130 Nr. 6 Hs. 1 ZPO sind bei § 130a III 1 ZPO bzw. § 46c III 1 ArbGG Fragen der Prozessvollmacht (§§ 80 ff. ZPO) oder Prozessvertretung (§ 11 ArbGG) von Relevanz. Authentizität und Integrität eines Dokuments sind unabhängig davon zu prüfen, in wessen Namen und mit wessen Befugnis die in dem Dokument enthaltenen Erklärungen abgegeben werden. Selbst ein vollmachtloser Vertreter (§ 89 ZPO) kann ein Papierdokument unterschreiben oder ein elektronisches Dokument qualifiziert signieren bzw. einfach signieren und auf einem sicheren Übermittlungsweg einreichen. In allen Fällen wird – auf die jeweilige Art – Verantwortung für den Inhalt des Dokuments übernommen. (b) Die oben genannte Ansicht müsste den Fall der Bevollmächtigung einer Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 59l BRAO) konsequenterweise ebenso behandeln wie den Fall der Bevollmächtigung eines Verbands. Der einzelne Rechtsanwalt könnte dann über sein beA als sicheren Übermittlungsweg mit einfacher Signatur nicht wirksam Schriftsätze einreichen. Auch Zustellungen an den einzelnen Rechtsanwalt wären derzeit unzulässig, weil bis zum Inkrafttreten von § 31b BRAO am 1.8.2022 gar kein „ERV-Pflichtenprogramm“ der Rechtsanwaltsgesellschaft existiert. Insoweit hat der BGH indes bereits entschieden, dass auch bei Bevollmächtigung einer Rechtsanwaltsgesellschaft die Zustellung in das beA einzelner Rechtsanwälte zulässig ist (BGH, 6.5.2019 – AnwZ (Brfg) 69/18 – 12; ebensoMüller, NZA 2019, 825, 827). (c) Der Ausgangspunkt der o.g. Ansicht, der Syndikusrechtsanwalt handele als Verband erscheint mit § 11 II 3 ArbGG kaum vereinbar. Gemäß der Vorschrift handeln Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, – mithin auch Verbände – durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragte Vertreter. § 11 II 3 ArbGG ist insoweit wortidentisch mit § 79 II 3 ZPO. Beide Vorschriften enthalten lediglich eine Klarstellung zur Postulationsfähigkeit von Bevollmächtigten, die keine natürlichen Personen sind: Im Prozess handlungsbefugt sind außer ihren Organen (nur) die innerhalb des Unternehmens oder Verbands „mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter“; diese Beauftragung zur Vertretung geschieht durch Prokura, Einzelvollmacht oder durch Satzung (Althammer, in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 79 ZPO Rn. 10). Auch wenn der „mit der Prozessvertretung beauftragte Vertreter“ damit für den eigentlichen Prozessbevollmächtigten tätig wird, so gibt er dennoch eigene Erklärungen ab. Deshalb überzeugt es nicht, dass er für diese Erklärungen „seinen“ sicheren Übermittlungsweg nicht nutzen können soll. (d) Es erscheint nicht widerspruchsfrei, warum nach der o.g. Ansicht bei Prozessvertretung durch einen Verband der handelnde Syndikusrechtsanwalt im Falle einer qeS zwar „verantwortende Person“ i.S.v. § 46c III 1 Alt. 1 ArbGG nicht jedoch „verantwortende Person“ i.S. § 46c III 1 Alt. 2 ArbGG sein kann. Die beiden Varianten der Norm stehen vielmehr gleichwertig neben einander (H. Müller, in Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 2, 1. Aufl., § 130a ZPO, Stand: 10.12.2021, Rn. 53.1). Normsystematische Gründe sprechen gegen die unterschiedliche Auslegung desselben Begriffs („verantwortende Person“) innerhalb desselben Satzes einer Vorschrift. (e) Die oben erwähnte Ansicht beachtet § 46 V 2 Nr. 2 BRAO nicht hinreichend. Danach erbringen Syndikusrechtsanwälte im Verband „Rechtsdienstleistungen [ihres] Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern“. Für diese Tätigkeiten sind sie als Syndikusrechtsanwälte zugelassen und hierfür haben sie ein (separates, s. § 46c V 2 BRAO) beA. Es erscheint schwer verständlich, wofür die Einrichtung dieses sicheren Übermittlungswegs durch den Gesetzgeber erfolgt sein soll, wenn Syndikusrechtsanwälte für die einzige Tätigkeit, die sie nach außen erbringen dürfen, gar nicht „verantwortende Person“ i.S.v. § 46c III 1 Alt. 2 ArbGG sein können. (f) Schließlich ist nicht erkennbar, warum aus der Maßgeblichkeit des „ERV-Pflichtenprogramms“ des Verbands der Ausschluss von Nutzungsmöglichkeiten für BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 53
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