AUFSÄTZE DATENSCHUTZRECHTLICHE AUSKUNFTSANSPRÜCHE MANDANT GEGEN ANWALT DIE REICHWEITE DES DATENSCHUTZRECHTLICHEN AUSKUNFTSANSPRUCHS NACH ART. 15 DSGVO RECHTSANWÄLTIN SIMONE KOLB* * Die Autorin ist Rechtsanwältin in München und Geschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer München. Sie ist darüber hinaus Mitglied des BRAK-Ausschusses Datenschutzrecht und hat eine Weiterbildung zur zertifizierten behördlichen Datenschutzbeauftragten absolviert. Bei Konflikten im Mandat, z.B. wegen Regressforderungen oder der Höhe des Honorars, kommt es immer häufiger vor, dass Mandanten datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche geltend machen, um die eigene Informationsbasis für die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Anwältin oder den Anwalt zu verbessern. Die Autorin erläutert, wie weit der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO reicht, welche Unterlagen – insbesondere Handakte, E-Mails, Whatsapp-Nachrichten, Gesprächsnotizen – danach also herauszugeben sind. Dazu gibt sie Hinweise für die Kanzleipraxis. I. EINFÜHRUNG Immer mehr Rechtsanwaltskanzleien sehen sich mit datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüchen von Mandantinnen und Mandanten konfrontiert. Bei Konflikten im Mandat, z.B. wegen Regressforderungen oder der Höhe des anwaltlichen Honorars, wird dieser Schachzug gerne gespielt, um sich selbst in eine möglichst gute Ausgangslage für die Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Rechtsanwältin oder den Rechtsanwalt zu versetzen. Gegenüber der Mandantschaft kann sich die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt – anders als bei Dritten, insb. Gegnern – nicht auf Ausnahmeregelungen im Hinblick auf das Berufsgeheimnis wie Art. 14 V lit. d DSGVO, § 1 II 3 BDSG oder § 29 I 1 BDSG berufen. Grundsätzlich muss sie oder er dem Auskunftsbegehren daher nachkommen. Das Argument, dass den Mandanten die betroffenen Informationen regelmäßig bereits zur Verfügung stehen, da alle das Mandat betreffenden Informationen wie Schriftsätze, Verhandlungsprotokolle usw. bereits im Laufe des Mandats übersandt wurden, ist umstritten. Die meisten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte fertigen daher eine Kopie der Handakte und gehen davon aus, dass dem Auskunftsanspruch damit Genüge getan ist. Ob dies tatsächlich der Fall ist, soll hier untersucht werden. Denn oft befindet sich in der Akte nicht die ganze Kommunikation mit dem Mandanten. Absprachen mit dem Mandanten, die per E-Mail, SMS oder WhatsApp ausgetauscht wurden, aber auch interne Vermerke zur rechtlichen Einschätzung oder Gesprächs- und Telefonnotizen aller Beschäftigten der Kanzlei werden oftmals nicht zur Akte genommen. II. AUSGANGSPUNKT Nach Art. 15 I DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und bestimmte weitere Informationen. Gemäß Art. 15 III 1 DSGVO stellt der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. In Satz 3 wird klargestellt, dass die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen sind, wenn die betroffene Person den Antrag elektronisch stellt. Aber was gehört nun zu den personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind? Während manche davon ausgehen, dass aus dem Auskunftsanspruch kein Anspruch auf Herausgabe sämtlicher Korrespondenz herzuleiten ist, legen andere den Umfang des Auskunftsanspruchs sehr weit aus. Teilweise wird sogar vertreten, dass dem Auskunftsanspruch nicht nur interne Vermerke, Telefon- und Gesprächsnotizen unterfallen, sondern auch jegliche Kommunikation per E-Mail oder Diensten wie SMS oder WhatsApp. 1. DATENSCHUTZ-BEHÖRDEN Einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Frage, welche Reichweite der Auskunftsanspruch hat, geben in der Regel die Datenschutz-Behörden auf ihren Websites. a) BAYERISCHES LANDESAMT FÜR DATENSCHUTZAUFSICHT Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) geht auf seiner Website1 1 Website des BayLDA, https://www.lda.bayern.de/de/thema_auskunft.html#: ' :tex t=Der%20Umfang%20der%20Auskunft%20ist,Auskunft%20auf%20diese%20pers onenbezogenen%20Daten. davon aus, dass der BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 AUFSÄTZE 64
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