BRAK-Mitteilungen 2/2022

chend bestimmten Klagebegehren geltend gemacht werden oder im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO. Beides fehlte in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren. b) LG BONN Das LG Bonn8 8 LG Bonn, Urt. v. 20.5.2021 – 15 O 372/20, http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bo nn/lg_bonn/j2021/15_O_372_20_Urteil_20210701.html. hatte im Mai 2021 über einen Fall zu entscheiden, der die Anwaltschaft direkt betrifft: Die ehemalige Mandantin eines Rechtsanwalts klagte wegen einer vermeintlich unvollständigen Auskunft und forderte zudem wegen der nicht ordnungsgemäßen Auskunft einen immateriellen Schadensersatz. Der verklagte Rechtsanwalt wurde verurteilt, der Mandantin eine vollständige Datenauskunft i.S.d. Art. 15 i.V.m. Art. 4 Nr. 1 und 6 DSGVO zu den bei ihm über die Klägerin vorhandenen personenbezogenen Daten zu erteilen. Das Gericht hat in seinem Urteil klargestellt, dass im Rahmen der Auskunftserteilung nicht nur die Unterlagen aus der Handakte herauszugeben seien, sondern außerdem auch die gesamte Kommunikation per E-Mail und Whatsapp erfasst werde. Einen Schadensersatzanspruch hat das Landgericht der Mandantin aber nicht zugesprochen und in der Begründung darauf verwiesen, dass die verzögerte Übermittlung der gewünschten Daten nur ein Formalverstoß sei, der nicht sanktioniert werden könne, solange kein Schaden eingetreten sei. c) BGH Im Juni 2021 hat sich dann auch der BGH9 9 BGH, Urt. v. 15.6.2021 – VI ZR 576/19, https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/ rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Seite=1&nr= 119995&pos=32&anz=695. mit der Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs auseinandergesetzt. Ein Versicherungsnehmer verlangte Auskunft gegenüber seiner Versicherung und forderte hierzu neben den Daten des vollständigen Prämienkontos und etwaig erteilter Zweitschriften und Nachträge zum Versicherungsschein auch Datenauskünfte bezüglich sämtlicher Telefon-, Gesprächs- und Bewertungsvermerke der Versicherung zum Versicherungsverhältnis. Laut BGH sind personenbezogene Daten gem. Art. 4 Nr. 1 Hs. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Nach dieser Definition und der Rechtsprechung des EuGH sei der Begriff weit zu verstehen. Er sei nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasse potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur in Form von Stellungnahmen oder Beurteilungen, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung sei erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist. Nach Erwägungsgrund 63 S. 1 der DSGVO diene das Auskunftsrecht der betroffenen Person hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten dem Zweck, sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Nach diesen Grundsätzen könnten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts insb. auch interne Vermerke und Kommunikation der Versicherung nicht kategorisch vom Anwendungsbereich des Art. 15 I DSGVO ausgeschlossen werden. Vermerke, die festhalten, wie sich eine betroffene Person telefonisch oder in persönlichen Gesprächen geäußert hat, aber auch Vermerke über den Gesundheitszustand oder andere interne Vermerke seien vom Auskunftsanspruch erfasst. Der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 I DSGVO setze offensichtlich weder nach seinem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck voraus, dass die fraglichen Daten extern zugänglich sind. Der BGH stellte zudem fest, dass der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nicht dadurch ausgeschlossen werde, dass die Daten der betroffenen Person bekannt sind. Dies lasse sich schon daraus schließen, dass der Auskunftsberechtigte grundsätzlich wiederholt Auskunft verlangen kann (vgl. Erwägungsgrund 63 S. 1, Art. 12 V 2 DSGVO). d) OLG MÜNCHEN Auch das OLG München10 10 OLG München, Urt. v. 4.10.2021 – 3 U 2906/20, https://www.gesetze-bayern.de/ Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-29747?hl=true. hat den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 15 III DSGVO im Zusammenhang mit der Aufklärung bei Kapitalanlagen zuletzt sehr weit ausgelegt. Im Gegensatz zum BAG hatte das OLG München keine Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags der betroffenen Person i.S.d. § 253 II Nr. 2 ZPO, denn „für die Klägerin als Gläubigerin eines Anspruchs aus Art. 15 III DSGVO würde im Regelfall nicht ersichtlich sein, welche Unterlagen sich bei dem Auskunftsverpflichteten befinden. Damit sei eine Konkretisierung der einzelnen herauszugebenden Schriftstücke nicht möglich. Andererseits begegne der Antrag, sämtliche Dokumente herauszugeben, keinen Bedenken, da er bestimmt genug sei, dass durch die Verantwortlichen sämtliche Dokumente, welche sich in ihrem Besitz befinden, als Kopie herauszugeben sind.“ Der Senat folgte zudem der Ansicht, wonach dem Auskunftsberechtigten neben dem Anspruch auf Auskunft gem. Art. 15 I DSGVO auch ein eigenständiger Anspruch auf Überlassung von Kopien gem. Art. 15 III DSGVO zustehe. Es handelt sich bei Abs. 1 und Abs. 3 des Art. 15 DSGVO um zwei unterschiedliche Ansprüche, welche zwar denselben Gegenstand – personenbezogene Daten – betreffen, sich jedoch auf der Rechtsfolgenseite unterscheiden. Dies lege Wortlaut und Systematik der Vorschrift nahe. Indem der Verordnungs- und sich ihm anschließend der nationale Gesetzgeber einen eigenständigen Abs. 3 und nicht eine Ausgestaltung KOLB, DATENSCHUTZRECHTLICHE AUSKUNFTSANSPRÜCHE MANDANT GEGEN ANWALT BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 AUFSÄTZE 66

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