einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte (Nr. 1), ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht (Nr. 2) oder der Vertragspartner seine Pflichten nach § 11 VI 3 GwG, gegenüber dem Verpflichteten offenzulegen, ob er die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will, nicht erfüllt hat (Nr. 3). § 43 II GwG nimmt Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in den dort beschriebenen Fällen von der Verpflichtung zur Verdachtsmeldung aus; die Schweigepflicht ist also nicht durchbrochen. Sie sind daher nicht nur zur Meldung nicht verpflichtet, sondern wegen der Verschwiegenheitspflicht dazu nicht berechtigt. Diese Ausnahme gilt nur für Fälle, in denen sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erhalten hat. Drittgeheimnisse unterliegen nicht der Verschwiegenheitspflicht, soweit die vom Dritten erlangten Informationen nicht zumindest auch die Interessen des Mandanten berühren.22 22 Greite, in Zentes/Glaab, GwG, § 43, Rn. 62. Eine Meldepflicht könnte beispielsweise bestehen, wenn die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt an der Beschaffung der zur Gründung einer Gesellschaft erforderlichen Mittel mitwirkt und Tatsachen darauf hindeuten, dass die Gelder des außerhalb der Gesellschaft stehenden Investors aus Drogenverkäufen herrühren. Die Meldepflicht bleibt bestehen, wenn die verpflichtete Rechtsanwältin oder der verpflichtete Rechtsanwalt weiß, dass der Vertragspartner die Rechtsberatung oder Prozessvertretung für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat genutzt hat oder nutzt, oder ein Fall des § 43 VI GwG vorliegt. Danach kann das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz23 23 Der Gesetzestext wurde noch nicht an die neue Bezeichnung des Ministeriums angepasst. durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Sachverhalte bei Erwerbsvorgängen nach § 1 GrEStG bestimmen, die von Verpflichteten nach § 2 I Nr. 10 und 12 GwG stets nach § 43 I GwG zu melden sind. Die seit dem 1.10.2020 geltende Verordnung zu den nach dem Geldwäschegesetz meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich (GwGMeldV-Immobilien) bestimmt gem. § 43 VI GwG Sachverhalte bei Immobilientransaktionen, die von Verpflichteten der rechtsberatenden Berufe an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu melden sind. Dabei schafft die Verordnung weitergehende materiell-rechtliche Meldepflichten, als § 43 I GwG vorsieht. Meldepflichtig sind typisierte Sachverhalte bei Immobilientransaktionen, die aufgrund bestimmter Auffälligkeiten einen möglichen Zusammenhang zu Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. So müssen unter anderem Sachverhalte gemeldet werden, bei denen die Transaktion einen Bezug zu Staaten aufweist, die nach EU- oder FATF-Vorgaben24 24 Die FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) ist die internationale Institution, die Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung setzt und ihre Einhaltung durch die Mitgliedstaaten prüft. Mehr als 200 Staaten und Jurisdiktionen haben sich zur Einhaltung der FATF-Standards verpflichtet, weshalb sich die FATF als international führendes Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung versteht. als Risikostaaten gelistet sind oder bei denen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den beteiligten Personen bestehen. Bezüglich des besonderen strafbewehrten Schutzes des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt ist nach wie vor offen, was den Rechtsanwälten zur Erfüllung ihrer Pflichten sowohl nach der BRAO und der BORA, sowie nach dem GwG anzuraten ist. Der Verordnungsgeber zwingt Rechtsanwaltskammern und andere Aufsichtsbehörden in eine missliche Situation und schafft neue Vorbehalte bei den Verpflichteten, bei denen gerade mit viel Einsatz versucht wird, Sensibilität, Akzeptanz und Bereitschaft zu erreichen. Die Regelung konkreter Meldesachverhalte soll den Verpflichteten eine klare Abgrenzung ermöglichen, wann sie eine Meldepflicht gegenüber der FIU trifft, in welchen Fällen die Verschwiegenheit bestehen bleibt; jedoch ist das Gegenteil der Fall. Die GwGMeldV-Immobilien trägt zu einer rechtsunsicheren Anwendung der Meldepflicht bei. V. ZUSAMMENFASSUNG Die Mitwirkungspflicht nach § 52 I und VI GwG steht in Spannungsverhältnissen sowohl zur Selbstbelastungsfreiheit als auch zur Verschwiegenheitspflicht, welche sich nicht lösen lassen. Die Spannungen müssen bewusst sein, damit ihnen im alltäglichen Geschäft der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie der Aufsichtsbehörden praxisgerecht begegnet werden kann. Im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zur Selbstbelastungsfreiheit ist es notwendig, genau festlegen zu können, wann ein Ordnungswidrigkeitenverfahren beginnt, um eine angemessene Rechtsposition des möglicherweise Betroffenen eines Bußgeldverfahrens durchsetzen zu können. Ansatzpunkt hierfür ist aufgrund der Doppelzuständigkeit der Rechtsanwaltskammer als Aufsichts- und Bußgeldbehörde im Sinne des GwG nur das Bestehen eines Anfangsverdachts. Sobald ein Anfangsverdacht gegeben ist, erstarkt das bloße Auskunftsverweigerungsrecht aus dem Aufsichtsverfahren zu einem umfassenden Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Der Betroffene hat nunmehr das Recht, jede aktive Mitwirkung an den Ermittlungen im Bußgeldverfahren zu verweigern. Bezugnehmend auf das Spannungsverhältnis der Mitwirkungspflichten zur Verschwiegenheitspflicht ist zu bedenken, dass die staatlichen InformationsbegehrlichKOCH, MITWIRKUNGSPFLICHT VERSUS SELBSTBELASTUNGSFREIHEIT UND VERSCHWIEGENHEIT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 73
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