BRAK-Mitteilungen 2/2022

Rechtsanwalts in einem Schreiben an eine Bezirksrevisorin, er werde „im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs ein serbisches Inkassobüro einschalten, das Hausbesuche durchführt“, eine Drohung mit einem empfindlichen Übel darstellt. Diese Drohung konnte nur so verstanden werden, dass dadurch das staatliche Gewaltmonopol umgangen werden sollte, was als verwerflich anzusehen ist. Durch die strafbare Nötigung hat der Anwalt zugleich gegen das anwaltliche Sachlichkeitsgebot verstoßen. Dieses erfasst auch solche Aussagen, die geeignet sind, das Vertrauen der Rechtsuchenden in die Integrität und Unabhängigkeit des Anwalts zu untergraben und gemeinwohlschädlich zu wirken. 3. WERBUNG MIT VERGANGENEM Wie bereits im letztjährigen Jahresüberblick vermutet,5 5 Dahms/Buchmann, BRAK-Mitt. 2021, 80, 81. gibt die im Jahr 2021 zum Thema Werbung ergangene Rechtsprechung nicht mehr genügend Material für eine eigene Rubrik her. Dieser Umstand ist der weitgehenden Liberalisierung in diesem Bereich geschuldet. Der BGH6 6 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 388 m. Anm. Huff, der darauf hingewiesen hat, dass für den BGH deutlich weniger Begründungsaufwand erforderlich gewesen wäre, wenn dieser den Weg über das anwaltliche Berufsrecht (§ 43b BRAO) gewählt hätte. hatte sich mit einem Internetauftritt einer Rechtsanwältin zu befassen, die dort zu unreflektiert auf ein inzwischen nicht mehr bestehendes Vorstandsamt hingewiesen hatte. Er stellte klar, dass die im Internetauftritt aufgestellte unzutreffende Behauptung, derzeit Mitglied der Vorstandsabteilung für Vermittlungen einer Rechtsanwaltskammer zu sein, eine irreführende geschäftliche Handlung ist, die auch dann i.S.v. § 5 I 1 UWG geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er anderenfalls möglicherweise nicht getroffen hätte, wenn nur in der Vergangenheit eine solche Mitgliedschaft bestanden hat. Tatsächliche Umstände, die gegen eine geschäftliche Relevanz des als Irreführung beanstandeten Verhaltens sprechen, liegen in der Darlegungs- und Beweislast der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Partei. Außerdem betonte der BGH, dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft, die gegen eine Anwältin wegen der als unzutreffend beanstandeten Behauptung einer derzeitigen Mitgliedschaft in der Vorstandsabteilung für Vermittlungen einer Kammer Klage erhoben hat, den Vortrag der Anwältin, zu einem früheren Zeitpunkt Mitglied dieser Vorstandsabteilung gewesen zu sein, gem. § 138 IV ZPO wirksam mit Nichtwissen bestreiten kann. II. SYNDIKUSRECHTSANWÄLTINNEN UND -RECHTSANWÄLTE 1. RÜCKWIRKENDE ZULASSUNG MÖGLICH? Im Berichtszeitraum haben sich (mindestens) zwei Gerichte mit der Frage auseinandergesetzt, ob einer Rechtsanwaltskammer die rückwirkende Zulassung als Syndikusrechtsanwalt möglich ist. Der AGH SchleswigHolstein7 7 AGH Schleswig-Holstein, BRAK-Mitt. 2021, 323. hat betont, dass eine rückwirkende Zulassung als Syndikusrechtsanwalt jedenfalls im Grundsatz nicht in Betracht kommt. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts kommt es allein auf die konkret ausgeübten Tätigkeiten an. Gleichzeitig wies er jedoch darauf hin, dass ein Berufsträger durchaus ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben kann, dass ein Zulassungsanspruch bestanden hat. Der BGH8 8 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 37. hatte zuvor entschieden, dass in Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine von der Rechtsanwaltskammer abgelehnte Zulassung vorliegen, diese auch dann noch für die dem Zulassungsantrag zugrunde liegende Tätigkeit und den betroffenen Zeitraum zu erteilen ist, wenn die Verpflichtung der Kammer zur Zulassung erst im Verlauf des den Ablehnungsbescheid betreffenden Rechtsstreits rechtskräftig festgestellt wird und zu diesem Zeitpunkt die Tätigkeit, auf die sich der Zulassungsantrag bezieht, bereits beendet ist. 2. NICHT VEREINBARE TÄTIGKEIT Der Hamburgische AGH9 9 Hamburgischer AGH, BRAK-Mitt. 2021, 49. hat darauf hingewiesen, dass eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt mit dessen parallel betriebener Tätigkeit als niedergelassener Rechtsanwalt unvereinbar sein kann. Aufgrund der Gefahr von Interessenkollisionen ist jedenfalls die Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts im Versicherungs-, Finanzdienstleistungs- und Maklergewerbe regelmäßig nicht mit dem Anwaltsberuf i.S.d. § 14 II Nr. 8 BRAO vereinbar. Die Gefahr einer Interessenkollision stützt sich dabei maßgeblich darauf, dass eine makelnde Tätigkeit in besonderer Weise die Möglichkeit bietet, Informationen, die aus der rechtsberatenden Tätigkeit stammen, zur Vermittlung von geeigneten Versicherungsabschlüssen zu nutzen. Angesichts dieses gesteigerten Konfliktpotentials ist es für die Unvereinbarkeit nach § 14 II Nr. 8 BRAO nicht erforderlich, dass durch einen in einem Maklerunternehmen beschäftigten Berufsträger konkret maklerspezifische Tätigkeiten ausgeübt werden. Ist ein Berufsträger zugleich auch als Handlungsbevollmächtigter eines Versicherungsmaklers tätig, begründet dies die Unvereinbarkeit gem. § 14 II Nr. 8 BRAO. Auf ein etwaiges Provisionsinteresse kommt es insoweit nicht an. Schon die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Vollzeitangestellten von seinem Arbeitgeber lässt zumindest in den Augen der Öffentlichkeit besorgen, dass sich im Falle eines Interessenwiderstreits die Interessen des Arbeitgebers durchsetzen. 3. ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG Arbeitnehmerüberlassungen sind mit dem Bild unabhängiger Syndikusrechtsanwälte nicht vereinbar. Der AGH Nordrhein-Westfalen10 10 AGH Nordrhein-Westfalen, BRAK-Mitt. 2021, 111. stellte klar, dass die KonDAHNS, DER BERUFSRECHTLICHE JAHRESÜBERBLICK BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 AUFSÄTZE 78

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