BRAK-Mitteilungen 2/2022

III. SOZIETÄTSRECHT 1. „PARTNERS“ ALS ZULÄSSIGE BEZEICHNUNG Der BGH15 15 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 262. hat klargestellt, dass die Verwendung des Begriffs „partners“ in der Firma einer Rechtsanwaltsgesellschaft zulässig ist. Hierin liegt insb. auch kein Verstoß gegen § 11 I 1 PartGG. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Zusätze „Partnerschaft“ oder „und Partner“ lediglich von Partnerschaften geführt werden dürfen. Eine sinngemäße Abwandlung des deutschen Begriffs „Partner“ liegt in der Bezeichnung „partners“ allerdings nach Auffassung des BGH nicht. Vielmehr handelt es sich auch infolge der Kleinschreibung erkennbar um den Plural des englischen „partner“. Gleichzeitig weist der BGH jedoch darauf hin, dass der englische Begriff „partners“ als Rechtsformzusatz für eine Partnerschaftsgesellschaft nicht zulässig wäre. 2. DIE ARBEITNEHMERÄHNLICHE PERSON Auch ein selbstständig arbeitender Anwalt kann unter bestimmten Voraussetzungen eine arbeitnehmerähnliche Person sein. Das LAG Nürnberg16 16 LAG Nürnberg, BRAK-Mitt. 2021, 307. hatte sich mit der Rechtsstellung eines Anwalts zu befassen, der in einer Kanzlei für drei Tage in der Woche in Teilzeit tätig war. Er hat die für die von ihm selbstständig bearbeiteten Mandate geleistete Vergütung vollständig an die Kanzlei abgetreten und dafür eine monatliche Zahlung in Höhe eines monatlichen Fixums erhalten. Das LAG entschied, dass ein Anwalt, der die Räumlichkeiten einer externen Kanzlei nutzt oder alle Honorarforderungen gegen einen monatlichen Festbetrag abtritt, als arbeitnehmerähnliche Person angesehen werden muss. Der Anwalt war im Ergebnis von der Kanzlei wirtschaftlich abhängig, da die von dieser bezogene Vergütung knapp 70 % seines gesamten Jahreseinkommens ausmachte und damit die entscheidende Existenzgrundlage darstellte. Dem steht nicht entgegen, dass der Anwalt nur im Rahmen einer Drei-Tage-Woche tätig war. Er ist wie ein als Arbeitnehmer angestellter Anwalt vergleichbar schutzbedürftig. 3. EIN ANGESTELLTER MITARBEITER ALS PARTNER? Über einen typischen Fall eines „mehr Schein als Sein“ hatte das LG Münster17 17 LG Münster, BRAK-Mitt. 2021, 393 m. Anm. Neumann/Neumann. zu entscheiden. Es stellte klar, dass ein Anwalt, der einen bei ihm lediglich angestellten Anwalt als „Partner“ bezeichnet, Rechtsuchende über die Person und Eigenschaften seiner Kanzlei in die Irre führt. Es wird der unzutreffende Eindruck erweckt, der angestellte Berufsträger sei Gesellschafter und damit Teilinhaber der beworbenen Anwaltskanzlei. Die Irreführung wird auch nicht durch den Zusatz „(non-equity)“ beseitigt. Diese irreführende geschäftliche Handlung ist geeignet, einen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls möglicherweise nicht getroffen hätte. IV. VERSCHIEDENES 1. ANWALTSVERTRÄGE KÖNNEN WIDERRUFLICH SEIN Mit einer Grundsatzentscheidung hat der BGH18 18 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 58 m. Anm. Nöker. klargestellt, dass ein Rechtsanwalt, der einen Anwaltsvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen hat, darlegen und beweisen muss, dass seine Vertragsschlüsse nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgen. Ist ein auf ein begrenztes Rechtsgebiet spezialisierter Anwalt bundesweit tätig, vertritt er Mandanten aus allen Bundesländern und erhält er bis zu 200 Neuanfragen für Mandate pro Monat aus ganz Deutschland, kann dies bei einer über die Homepage erfolgenden bundesweiten Werbung im Zusammenhang mit dem Inhalt seines Internetauftritts für ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem sprechen. Liegt nach Würdigung aller Umstände ein Fernabsatzvertrag vor, steht dem Mandanten nach § 312g I BGB ein Widerrufsrecht gem. § 355 BGB zu. Die vierzehntägige Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB unterrichtet hat. Das Widerrufsrecht erlischt aber spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss.19 19 Vgl. insofern § 356 III 2 BGB. 2. OBACHT BEI DER NUTZUNG VON E-MAILS! Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht wird bei der Nutzung moderner Kommunikationsmittel nicht selten vernachlässigt. Das VG Mainz20 20 VG Mainz, BRAK-Mitt. 2021, 104; vgl. hierzu auch Schöttle, BRAK-Mitt. 2021, 77. entschied, dass ein angemessenes Schutzniveau i.S.d. Art. 32 I DSGVO auch bei Rechtsanwälten grundsätzlich durch Nutzung einer (obligatorischen) Transportverschlüsselung anzunehmen ist, soweit nicht im Einzelfall besondere Anhaltspunkte für einen erhöhten Schutzbedarf bestehen. Konkrete berufsrechtliche Vorgaben im Zusammenhang mit modernen Kommunikationsmitteln enthält die BORA. Gemäß § 2 II 5 BORA ist zwischen Rechtsanwalt und Mandant die Nutzung eines elektronischen oder sonstigen Kommunikationsweges, der mit Risiken für die Vertraulichkeit dieser Kommunikation verbunden ist, jedenfalls dann erlaubt, wenn der Mandant ihr zustimmt. Von einer Zustimmung ist auszugehen, wenn der Mandant diesen Kommunikationsweg vorschlägt oder beginnt und ihn, nachdem der Anwalt zumindest pauschal und ohne technische Details auf die Risiken hingewiesen hat, fortsetzt. 3. NEUTRALITÄTSGEBOT FÜR PRÄSIDENTEN Der BGH21 21 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 124 m. Anm. Kluth. räumt zwar ein, dass die BRAO selbst keine gesetzliche Regelung eines Neutralitätsgebots für Organe der Rechtsanwaltskammern bei Vorstandswahlen BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 AUFSÄTZE 80

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