BRAK-Mitteilungen 2/2022

Mit Schreiben v. 7.7.2020 teilte ihm der Vorsitzende des zuständigen Fachanwaltsausschusses, Herrn Rechtsanwalt ... mit, dass sich hinsichtlich der eingereichten Unterlagen noch Nachfragen ergeben hätten, die in einem Telefonat geklärt werden könnten. Er verwies beispielhaft auf die laufende Nummer 30 der Fallliste. Diese enthält als Bearbeitungszeitraum lediglich das Datum 30.10.2012 und wurde zu dem anwaltlichen Aktenzeichen 29/19 und zum gerichtlichen Aktenzeichen 6 O 174/17 geführt. Der Ausschussvorsitzende monierte in seinem Schreiben v. 7.7.2020, dass nicht deutlich werde, „ob es sich um ein übernommenes Mandat aus der neuen Kanzlei handelt, ein selbst angebahntes Mandat oder ein übernommenes Mandat aus der alten Kanzlei“. Ähnlich verhalte es sich, so der Fachausschussvorsitzende in dem Schreiben weiter, bei den laufenden Nummern 25, 26 und 31. Die Ausführungen enden mit dem Vorschlag, sich zeitnah hierzu fernmündlich auszutauschen, um die noch offenen Fragen zu klären. ln dem daraufhin erfolgten Telefongespräch tauschten sich der Kl. und der Fachausschussvorsitzende zwar aus, dieser sah die Fragen aus seinem Schreiben v. 7.7. 2020 aber offenbar als nicht geklärt an. Mit Schreiben v. 29.7.2020 wandte sich der Kl. an die Bekl. und wies darauf hin, dass die gesetzliche Frist zur Entscheidung über seinen Antrag bereits abgelaufen sei und setzte eine Frist bis zum 5.8.2020. Mit Schreiben v. 30.7.2020 forderte der Ausschussvorsitzende den Kl. auf, die Handakten zu den außergerichtlichen Fällen in 19 bis 25, 34, 37 und 38 sowie die Handakten zu den gerichtlichen Verfahren mit den Nummern 9, 13, 7, 20 und 34 zur Prüfung einzureichen. Der Kl. entgegnete mit Schreiben v. 31.7.2020, dass eine Übersendung der erbetenen Unterlagen nicht erforderlich sei, da die eingereichte Fallliste auch ohne die monierten Fälle ausreiche, um die Voraussetzungen für die Anerkennung und Bescheidung des Antrages zu ermöglichen. Eine Übermittlung der angeforderten Akten unterblieb. Sowohl der Vorsitzende des Fachausschusses und in der Folge auch die Bekl. hielten an der Aufforderung fest, dass die benannten Handakten zu übermitteln seien. Mit seiner am 10.9.2020 eingegangenen Klage v. 8.9. 2020 hat der Kl. die Verpflichtung der Bekl. begehrt, ihm die Fachanwaltsbezeichnung für das Fachgebiet Bau- und Architektenrecht zu verleihen Zur Begründung hat der Kl. ausgeführt, dass die Bekl. nicht binnen drei Monaten nach Antragstellung über seinen Antrag entschieden habe. Zudem sei auch kein Fristverlängerungsantrag durch die Bekl. gem. § 42a II 3 VwVfG an ihn gesendet worden. Mithin sei die Verpflichtungsklage (als Untätigkeitsklage) zulässig. Diese sei auch begründet. Die besonderen theoretischen Kenntnisse lägen vor. Die Fortbildungsnachweise habe der Kl. bei Antragstellung nicht erbringen müssen, gleichwohl lägen diese ebenfalls vor. Der Nachweis über den Erwerb der besonderen praktischen Erfahrungen gem. § 5 I FAO sei durch die vorgelegte Fallliste geführt. Er habe die geforderte Bearbeitung von 80 Fällen, davon mind. 40 gerichtliche Verfahren (davon mind. sechs selbstständige Beweisverfahren), davon mind. jeweils fünf Fälle aus den Bereichen des § 14e Nr. 1und Nr. 2 FAO nachgewiesen. Die Fallliste beziehe sich ausschließlich auf Fälle, die innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragstellung am 26.3. 2020 bearbeitet wurden. Soweit die Bekl. durch ihren Fachanwaltsausschuss Auflagen erteilt habe, sei sie dazu nicht mehr berechtigt gewesen. Insbesondere sei der Fachausschuss nicht berechtigt, die Vorlage von „Handakten“ zu verlangen. Die Vorlage von Handakten sei nicht geschuldet. Zudem sei nicht offengelegt worden, vor welchem Hintergrund die Vorlage der Handakten gefordert werde. Das Verlangen auf Vorlage bestimmter Handakten sei daher sowohl aus formellen als auch aus inhaltlichen Gründen unzulässig. Die Mindestfallzahlen seien bereits allein mit den Fällen ohne ergänzenden Aufklärungsbedarf erreicht, so dass es für die Bescheidung auf die aus Sicht des Fachanwaltsausschusses bestehenden Unklarheiten in weiteren Fällen nicht mehr ankomme. Er habe zu Recht die Übergabe der verlangten Handakten verweigert. Die gesetzliche Regelung spreche ausschließlich von anonymisierten Arbeitsproben. Zudem könne eine Mitwirkungspflicht nur insoweit bestehen, als dass sie zur Klärung entscheidungserheblicher Gesichtspunkte diene. Im Übrigen komme es auch nicht darauf an, ob ein Antragsteller einen Fall bzw. eine Akte von Mandatsannahme bis zur Mandatsbeendigung durchgehend bearbeitet habe; die Bearbeitung von Abschnitten oder Teilen hiervon reiche aus. Insbesondere bei angestellten Rechtsanwälten komme es naturgemäß ständig vor, dass bereits vorhandene, lang laufende Mandate und/oder sog. Dauerberatungsmandate ihnen entweder ganz, abschnitts- oder teilweise zur Bearbeitung übertragen würden. Ansatzpunkt für die Gewichtung eines Falles sei nach ständiger Rechtsprechung des BGH allein der Fall selbst, nicht aber die Intensität der anwaltlichen Tätigkeit im konkreten Fall. Zudem hat der Kl. eine aktualisierte Fallliste vorgelegt, die er entsprechend ergänzt und um weitere Fälle erweitert hatte. Ferner verwies der Kl. darauf, dass er keinen Zugriff mehr auf die Handakten habe, die er in der Kanzlei ... bearbeitet hat. Er sei dort nicht im Einvernehmen ausgeschieden, sodass er Nachfragen zu diesen Fällen nicht durch die Vorlage von Arbeitsproben beantworten könne. Der Kl. hat angeboten, anstelle der Vorlage von Arbeitsproben Nachfragen im Rahmen eines Fachgesprächs zu beantworten. Der Kl. hat beantragt, die Bekl. zu verpflichten, ihm die Fachanwaltsbezeichnung für das Fachgebiet Bau- und Architektenrecht zu verleihen, hilfsweise, die Bekl. zu verurteilen, seinen Antrag auf Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung für das Gebiet Bau- und Architektenrecht v. 23.3.2020 zu bescheiden. Die Bekl. hat beantragt, die Klage abzuweisen. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 99

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0