BRAK-Mitteilungen 2/2022

Vorlage von Arbeitsproben sonderer Umstände. Die Anforderung steht im Ermessen des Fachausschusses, wobei ihm § 6 III 2 FAO nicht vorgibt, wie er die angeforderten Arbeitsproben auszuwählen hat. Es gibt auch keine „Obergrenze“ für die Anzahl der geforderten Arbeitsproben. Der Kl. hat keine einzige der angeforderten Arbeitsproben zur Verfügung gestellt. Zur Begründung bezogen auf die Akten der Fallliste, die seiner Beschäftigung bei der Kanzlei ... zuzuordnen sind, gab der Kl. an, sich im Streit getrennt zu haben. Zu Bemühungen, gleichwohl an die geforderten Arbeitsproben zu gelangen, hat er nicht vorgetragen. Etwaige tatsächliche Darlegungsschwierigkeiten entbinden ihn ohnehin nicht von seiner Nachweislast. Warum der Kl. die Akten, die seiner Beschäftigung bei ... Rechtsanwälte zuzuordnen waren, nicht vorgelegt hat, hat er nicht begründet. Der Kl. hatte daher die Bekl. nicht in die Lage versetzt, seine Fallliste auch nur stichprobenartig zu überprüfen. Die Bekl. konnte nicht einschätzen, dass die in den Falllisten enthaltenen Angaben zutreffend sind und die Fälle selbstständig und weisungsfrei von dem Kl. bearbeitet wurden. Das von dem Kl. angebotene Fachgespräch vermag die nach § 6 FAO vorgesehene Nachweisführung durch Unterlagen nicht zu ersetzen, sondern allenfalls zu ergänzen. Die Vorlagepflicht (-obliegenheit) nach § 6 III 2 FAO besteht unabhängig neben dem nach § 7 FAO vorgesehenen Fachgespräch. Auch der Einwand des Kl., dass den angeforderten Arbeitsproben keine Entscheidungserheblichkeit zukommen würde, da selbst bei einem „Weglassen“ ohnehin ausreichend Fälle vorhanden wären, rechtfertigt die Nichtvorlage der Arbeitsproben nicht. Die vom Kl. nicht ausgeräumten Zweifel der Bekl., dass er die Fälle nicht persönlich bearbeitet hat, haben sich nicht nur auf die abverlangten Arbeitsproben bezogen, sondern im Gesamtkontext der Arbeitsverhältnisse auch auf die weiteren Fälle aus der Fallliste. Aus welchem Grunde die Bekl. dem Kl. dann schließlich doch den Fachanwaltstitel verliehen hat, dies haben die Parteien nicht vorgetragen. Nach Maßgabe des beiderseitigen Vorbringens zum Zeitpunkt der Erledigung, hatte die Klage jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Die Kosten des Verfahrens waren daher durch den Kl. zu tragen. HINWEISE DER REDAKTION: Allein der Umstand, dass bei der Bearbeitung eines Falles mehrere Rechtsanwälte beteiligt waren, erlaubt keine Mindergewichtung des einzelnen Falles. Eine Abstufung des nach § 5 I FAO geltenden Kriteriums „persönlich und weisungsfrei“ ist nicht möglich. Entweder ist ein Fall ganz oder gar nicht „persönlich und weisungsfrei“ bearbeitet worden. Eine weisungsfreie Bearbeitung ist in der Regel nur dann zu verneinen, wenn Anwälte innerhalb einer Fallbearbeitung im Wege der Zuarbeit eng umgrenzte Teilaspekte behandeln, ohne eigene Entscheidungsbefugnis darüber, wie die von ihnen für den Teilaspekt gefundenen Lösungen in die Mandatsbearbeitung einfließen und welche Rechtsfolgen hieraus für die Lösung des Falls resultieren (vgl. insoweit Hessischer AGH, BRAK-Mitt. 2009, 82). SYNDIKUSANWÄLTE RECHTSANGELEGENHEITEN DES ARBEITGEBERS BRAO §§ 46, 46a, 59e I * 1. Ob ein Syndikusrechtsanwalt in Rechtsangelegenheiten seines Arbeitgebers tätig wird oder in Angelegenheiten der Kunden seines Arbeitgebers, bestimmt sich nach dem objektiven Inhalt der Tätigkeit, nicht nach ihrem Erscheinungsbild nach außen. * 2. Daher ist nicht maßgeblich, ob der Syndikusrechtsanwalt seine Tätigkeit unmittelbar gegenüber Kunden erbringt oder ob er seine Arbeitsleistung ausschließlich gegenüber dem Arbeitgeber erbringt, der dann über eine Weitergabe des Inhalts der Arbeitsleistung an Kunden entscheidet. * 3. Über die Zwischenschaltung eigener Mitarbeiter würde mittelbar eine Beratung Dritter in deren Angelegenheiten durch Angestellte Syndici ermöglicht, ohne dass deren Arbeitgeber berufsrechtlich gebunden wären. Ebenso würde bezüglich der Dienstleistungen für Dritte das Fremdkapital- bzw. Fremdbesitzverbot aus § 59e I BRAO unterlaufen. BGH, Urt. v. 29.10.2021 – AnwZ (Brfg) 59/19 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Bei der Frage, ob ein Berufsträger in Rechtsangelegenheiten seines Arbeitgebers anwaltlich tätig wird, ist scharf zwischen den Tätigkeitsbereichen Verhandlung und Abschluss der Verträge mit dem Kunden einerseits sowie der Durchführung und Erfüllung dieser Kundenverträge andererseits zu entscheiden. Während eine Mitwirkung im ersten Bereich unter Umständen eine Besorgung von Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers darstellen kann, ist dies im zweiten Bereich, der einen hiervon zu trennenden eigenständigen Tätigkeitskomplex betrifft, jedenfalls nicht der Fall (vgl. Bayerischer AGH, BRAK-Mitt. 2020, 103). SYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 101

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