Allein der Verstoß gegen die DSGVO reicht für sich genommen noch nicht aus, einen Schadensersatzanspruch auszulösen. Ohne Schaden gibt es keinen Schadensersatzanspruch (vgl. hierzu Eichelberger a.a.O.). Vielmehr muss dem von einem Datenschutzverstoß Betroffenen ein spürbarer Nachteil entstanden sein. Es muss eine objektiv nachvollziehbare, mit gewissem Gewicht erfolgte, Beeinträchtigung von persönlichkeitsbezogenen Belangen vorliegen. Die Beeinträchtigung muss von einer gewissen Erheblichkeit sein. Einen normativen Anknüpfungspunkt hierzu gibt die DSGVO in ihren Erwägungsgründen 75 und 85. Im Anschluss an die beispielhafte Aufzählung möglicher – hier nicht geltend gemachter – Beeinträchtigungen durch Datenschutzverletzungen (Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder – betrug, Rufschädigung, Verlust der Vertraulichkeit von einem Berufsgeheimnis unterliegenden Daten) ist dort ergänzend allgemein von anderen erheblichen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nachteilen die Rede (vgl. hierzuEichelberger a.a.O.). Demzufolge kann die Bekl. keine Entschädigung für eine verspätete Datenauskunft sowie für die bislang noch nicht vollständig erteilte Datenauskunft von der Kl. beanspruchen. Allein der Umstand, dass die Bekl. auf die (vollständige) Datenauskunft noch warten muss, kann keinen ersatzfähigen Schaden begründen. Es muss auch bei einem immateriellen Schaden eine Beeinträchtigung eingetreten sein, die unabhängig von einer Erheblichkeitsschwelle wenigstens spürbar sein muss. Anderenfalls scheidet ein Schaden schon begrifflich aus (so auch LG Bonn, Urt. v. 1.7.2021 – 15 O 372/ 20). Die im Erwägungsgrund 75 der DSGVO genannten immateriellen Nachteile, wie eine Diskriminierung, ein Identitätsdiebstahl, ein Identitätsbetrug, eine Rufschädigung, ein Verlust der Vertraulichkeit oder sonstige gesellschaftliche Nachteile sind der Bekl. durch die Führung der Handakten durch die von ihr beauftragten Rechtsanwälte in den familiengerichtlichen Verfahren unstreitig nicht erwachsen. Demzufolge scheidet auch die Zusprechung eines Schmerzensgeldes im Streitfall für die bislang nicht erteilte Datenauskunft nach Art. 15 III DSGVO aus. Für diese Erkenntnis bedurfte es keiner Vorlage an den EuGH nach Art. 267 III AEUV. Zum einen entscheidet die Kammer nicht als letztinstanzliches, sondern als erstinstanzliches Gericht, wonach eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH nicht besteht. Zum anderen stützt die Kammer ihr Verständnis von der Auslegung des Art. 82 I DSGVO auf den Erwägungsgrund 75 der DSGVO, mithin auf die europarechtliche Norm selbst. Unabhängig hiervon erscheint es nicht zielführend, dass jedes Instanzgericht bei Entscheidungen auf der Grundlage der DSGVO den EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen bemüht. Sinnvoller erscheint es, dass das letztinstanzliche nationale Gericht die Entscheidung der Instanzgerichte zu Art. 82 I DSGVO sammelt und in deren Auswertung darüber befindet, ob und wenn ja mit welchen Vorlagefragen es den EuGH nach Art. 267 III AEUV bemüht. (...) HINWEISE DER REDAKTION: Der Begriff der „personenbezogenen Daten“ nach Art. 4 DSGVO ist weit gefasst und umfasst alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen. Dem Anspruch auf Datenauskunft unterfallen auch die Angaben aus dem Mandatskonto sowie die betreffend den Mandanten gespeicherte elektronische Kommunikation (vgl. hierzu LG Bonn, BRAK-Mitt. 2021, 342). NOTARRECHT KEINE BERÜCKSICHTIGUNG DER TÄTIGKEIT ALS INSOLVENZVERWALTER FÜR WARTEZEIT BNotO § 6 II 1 Nr. 2 a.F.; BNotO § 5b I Nr. 1, 2 n.F. 1. Die Wahrnehmung der Aufgaben eines Insolvenzverwalters stellt – ungeachtet dessen, ob es sich dabei um einen Teil des Rechtsanwaltsberufs handelt – keine Rechtsanwaltstätigkeit für unterschiedliche Auftraggeber i.S.d. § 6 II BNotO a.F./§ 5b I BNotO n.F. dar. * 2. Die von § 6 II BNotO a.F./§ 5b I BNotO n.F. verlangte Rechtsanwaltstätigkeit ist vielmehr im Sinne einer rechtsberatenden Tätigkeit zu verstehen, wobei eine solche auch eine forensische für fremde Mandanten sein kann, weil ihr regelmäßig eine Rechtsberatung vorangeht. * 3. Dass der Gesetzgeber die Insolvenzverwaltung als der anwaltlichen Tätigkeit für verschiedene Auftraggeber i.S.d. § 6 II BNotO a.F./§ 5b I BNotO n.F. gleichstellen wollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. BGH, Urt. v. 15.11.2021 – NotZ (Brfg) 2/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Die Bestellung eines Bewerbers, der die örtliche Wartezeit nicht erfüllt, ist auf seltene Ausnahmefälle beschränkt. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn angesichts eines ganz außergewöhnlichen Sachverhalts die Abkürzung der Regelzeit aus Gerechtigkeitsgründen oder aus Bedarfsgründen zwingend erscheint. Zudem muss den Zwecken der öffentlichen Wartezeit, wenn auch auf andere Weise, genügt sein (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2019, 104). NOTARRECHT BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 109
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0