BRAK-Mitteilungen 2/2022

Nachdem ein Geschäftsordnungsantrag nicht gestellt worden sei, habe hierüber auch keine Abstimmung erfolgen müssen. Selbst wenn die Kammerversammlung alle vier klagegegenständlichen Unteranträge mehrheitlich angenommen hätte, so hätte nach Ansicht der Bekl. keiner dieser vier Beschlüsse umgesetzt werden können: Der Unterantrag 1 sei schon bei der Abstimmung überholt gewesen, da der Präsident in der Kammerversammlung v. 3.5.2019 zum Sachstand betreffend das „Seehaus“ bereits Auskunft erteilt habe. Im Unterantrag 2 sei zu einem rechtswidrigen Tun aufgefordert worden, da die weitere Nutzung des „Seehauses“ rechtswidrig sei, insb. aus Gründen der Haushaltsordnung. Zum Unterantrag 3 ist die Bekl. der Ansicht, dass der Vorstand nicht aufgefordert werden könne, Renovierungsbedarf o.ä. festzustellen bzw. Renovierungsmaßnahmen umzusetzen, da es für die Nutzung, die sich an eine Renovierung anschließen solle, an einer Rechtsgrundlage fehle. Zum Unterantrag 4 hat die Bekl. vorgetragen, dass die Kammermitglieder den Vorstand nicht auffordern könnten, keine Beschlüsse umzusetzen, die den rechtlichen Bestand des „Seehauses“ oder die Nutzung ändern oder beeinträchtigen. Der auf die Einberufung einer außerordentlichen Kammerversammlung gerichtete Klageantrag zu 2) sei unzulässig, weil gem. § 5 III der Geschäftsordnung der Bekl. der Präsident der Bekl. Kammerversammlungen einberufe. 3. Mit Schriftsatz v. 26.11.2019 hat die Bekl. die Niederschrift über die 72. ordentliche Kammerversammlung des Jahres 2019 vorgelegt. 4. Mit Schriftsatz v. 3.12.2019 haben die Kl. repliziert und dabei die Ansicht vertreten, dass die Frage, ob der Inhalt der Beschlüsse bei der Annahme der Anträge rechtswidrig gewesen wäre, für das gegenständliche Klageverfahren irrelevant sei, ggfs. hätte – so die Kl. – dann eben die Staatsaufsicht ein Verfahren nach § 112f BRAO einzuleiten. Inzwischen läge zudem ein Gutachten vor, dass die bisherige Nutzung des Seehauses als im Wesentlichen zu den gesetzlichen Aufgaben der Kammer gehörend ansehe. Im Übrigen wurde in diesem Schriftsatz der klägerische Vortrag aus der Klageschrift, insb. zur Frage der Ordnungsgemäßheit der Bekanntgabe der Tagesordnung, vertieft. 5. Der Senat hat die Beteiligten durch Hinweisbeschluss v. 24.6.2020 darauf hingewiesen, dass vorliegend aus Rechtsgründen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen. (...) 6. Die Kl. haben mit Schriftsatz v. 12.8.2020 zum Hinweisbeschluss des Senats Stellung genommen. Bezüglich des Klageantrages 1) haben sie insb. ausgeführt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich aller vier Unteranträge bestehe aufgrund der Gefahr, dass bei künftigen Kammerversammlungen „in gleicher Weise“ mit Anträgen der Kammermitglieder umgegangen werde. Jedes Kammermitglied habe ein Recht auf Abstimmung in der Kammerversammlung. Wenn dieses Recht verletzt werde, stelle dies eine eigene Betroffenheit dar. Bei dem „Seehaus“ handele es sich zudem nicht um Vermögensverwaltung, die grundsätzlich dem Präsidium zugewiesen ist, sondern um ein „Sondervermögen“. Gleichzeitig sei nicht einzusehen, aufgrund welcher Grundlage das Präsidium in Bezug auf die Vermögensverwaltung von jeglicher Kontrolle durch die Kammerversammlung freigestellt sein solle. Im demokratisch verfassten Rechtsstaat könne das Präsidium nicht jeglicher Kontrolle entzogen sein. Der „Seehaus“-Verein sei letztlich ebenfalls als Organ der RAK anzusehen. Für Mitglieder der Bekl. habe zudem bei frühzeitiger Organisation sehr wohl ein Recht auf Zulassung zur Nutzung des Gebäudes bestanden. Der Klageantrag 1) bleibe in vollem Umfang aufrechterhalten. Hinsichtlich des Klageantrags 2) habe sich die Durchführung einer gesonderten Kammerversammlung zeitlich überholt, da zwischenzeitlich eine ordentliche Kammerversammlung durchgeführt worden wäre, sofern diese nicht pandemiebedingt abgesagt worden wäre, und dabei die Möglichkeit bestanden hätte, die Anträge erneut in diese Versammlung einzubringen. Bzgl. dieses Antrags werde der Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Kl. beantragen damit (1) festzustellen, dass die Beschlüsse der Kammerversammlung der Bekl. v. 3.5.2019 bezüglich der Ablehnung des 4. Antrags zur Nutzung des Seehauses in Seeshaupt von Rechtsanwalt X u.a. nichtig sind, hilfsweise dass diese unwirksam sind, sowie (2) den ursprünglichen Antrag (auf Feststellung, dass die Bekl. verpflichtet ist, unverzüglich eine außerordentliche Kammerversammlung einzuberufen, in der erneut über den 4. Antrag „zur Nutzung des Seehauses in Seeshaupt“ von Rechtsanwalt X u.a. abgestimmt wird) für erledigt zu erklären. 7. Die Bekl. hat mit Schriftsatz v. 17.9.2020 weiterhin die Abweisung der Klage beantragt. Der Erledigungserklärung bezüglich des Klageantrags 2) werde nicht zugestimmt. Die Kl. seien nicht in ihren individuellen Rechten verletzt, weswegen auch der Klagantrag zu 1) inklusive der Unteranträge 1, 2, 3 und 4 unzulässig, hilfsweise unbegründet sei. Zur Begründung hat die Bekl. im Wesentlichen auf die Klageerwiderung und den Hinweisbeschluss des Senats Bezug genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der Mitgliederversammlung v. 3.5. 2019 und den Hinweisbeschluss des Senats v. 24.6. 2020 Bezug genommen. II. Der Bayerische AGH ist für die Entscheidung über die Klage sachlich und örtlich zuständig (§§ 112a I, 112b BRAO). Die Klage wurde auch fristgerecht erhoben, § 112f I Nr. 1 2. Alt., III BRAO. Sie war abzuweisen, weil SONSTIGES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 113

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