BRAK-Mitteilungen 2/2022

Entgegen der Auffassung der Kl. steht diese bundesgekeine Verletzung des Demokratieprinzips setzlich vorgegebene Struktur der RAKn auch nicht in Widerspruch zu den Anforderungen des Demokratieprinzips, wie sie im Grundsatz auch für Formen funktionaler Selbstverwaltung gelten (vgl. BVerfGE 107, 59, Rn. 137 ff., insb. 143 ff. bei juris), zu denen auch die berufsständischen Kammern gehören (z.B. Maunz/Dürig/ Grzeszick, 94. EL Januar 2021, Art. 20 GG Rn. 173). Denn die zeitlich begrenzte Überantwortung bestimmter Kompetenzen auf durch Wahlen legitimierte „besondere Organe“ entspricht gerade den Grundsätzen einer repräsentativen und mittelbaren Demokratie, wie sie durch Art. 20 II 2 GG legitimiert ist (z.B. Maunz/Dürig/ Grzeszick, a.a.O. Rn. 62 ff., 66 ff. sowie Rn. 178 zur Legitimation funktionaler Selbstverwaltung). 2. Auch hinsichtlich des Klageantrags 2) war die Klage abzuweisen. (...) Den Angehörigen einer RAK steht kraft ihrer Mitglieds- § 85 II BRAO ermöglicht außerordentliche Kammerversammlung rechte ein Weg offen, um eine Sitzung der Kammerversammlung herbeizuführen. So muss der Präsident nach § 85 II BRAO die Kammerversammlung einberufen, wenn ein Zehntel der Mitglieder es schriftlich beantragt und hierbei den Gegenstand angibt, der dort behandelt werden soll. Dabei besteht Einigkeit, dass der Präsident die Kammerversammlung bei erreichtem Quorum auch dann einberufen muss, wenn er den zur Behandlung vorgeschlagenen Gegenstand für unzulässig hält. Zudem ist ein Antrag auch dann nicht gegenstandslos, wenn das Quorum nicht erreicht wurde. Vielmehr vermittelt er auch dann eine Chance auf Einberufung der Kammerversammlung, da der Präsident über ihn nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, auch wenn ihm in diesem Fall eine Prüfungs- und Verwerfungskompetenz zusteht (vgl. z.B. Weyland/Weyland, a.a.O., § 85 BRAO Rn. 4, 12). Die Kl. haben – auch nach entsprechendem Hinweis durch Beschluss des Senats v. 24.6.2020 – nicht dargetan, dass beim Präsidenten der Bekl. vergeblich beantragt worden wäre, eine außerordentliche Kammerversammlung zum Thema „Seehaus“ durchzuführen. Sie wollten mit ihrem ursprünglichen Klageantrag 2) folglich gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, ohne zuvor den Versuch zu unternehmen, auf dem beschriebenen Weg eine Kammerversammlung selbst herbeizuführen. Hierfür besaßen sie kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn ein solches besteht nicht, solange der Kl. sein Ziel ohne Anrufung des Gerichts zu erreichen vermag oder für ihn Möglichkeiten zur schnelleren oder einfacheren Erreichung des Klageziels auf anderem Weg als durch verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz bestehen (NK-VwGO/Sodan, a.a.O., § 42 VwGO Rn. 349). Solche Alternativen müssen vor einer Klage zumindest versucht worden sein, also z.B. ein begehrter begünstigender Bescheid zunächst bei der zuständigen Behörde beantragt werden, bevor eine Verpflichtungsklage erhoben wird (Hartung, in Quaas/Zuck/FunkeKaiser, a.a.O., § 3 Rn. 17). (...) HINWEISE DER REDAKTION: Mit der Behauptung, der Vorstand der Rechtsanwaltskammer habe vor Abstimmung der Kammerversammlung über die Entlastung des Vorstands, den Nachtragshaushalt und den Haushaltsplan den Anforderungen an eine geordnete Rechnungslegung, Haushaltsaufstellung und an eine nachvollziehbare Vermögensverwaltung nicht genügt, ist eine Verletzung des Kammermitglieds in eigenen Rechten nicht dargetan (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2001, 88). VORSCHLAGSRECHT DER KAMMER FÜR NEBENAMTLICHES MITGLIED DES PRÜFUNGSAMTS BRAO §§ 73 II Nr. 9, 79 I 1. Das Prüfungsamt ist nicht verpflichtet, vor der Berufung von Rechtsanwälten zu nebenamtlichen Mitgliedern des Prüfungsamtes möglichen formellen und materiellen Mängeln bei der Ausübung des Vorschlagsrechts gem. § 73 II Nr. 10 BRAO a.F. (§ 73 II Nr. 9 BRAO n.F.) und § 20 I Nr. 2 JAG Berlin innerhalb der Rechtsanwaltskammer, soweit sie nicht offensichtlich sind, von Amts wegen nachzugehen. 2. Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer ist nach § 79 I BRAO ermächtigt, die Ausübung des Vorschlagsrechts nach § 73 II Nr. 10 BRAO a.F. (§ 73 II Nr. 9 n.F.) auf das Präsidium zu übertragen. 3. Die erneute Berufung von Rechtsanwälten zu nebenamtlichen Mitgliedern des Prüfungsamtes (§ 21 I 2 JAG Berlin) stellt im Kern eine Verlängerung der Amtszeit dar und erfordert keinen erneuten Vorschlag der Rechtsanwaltskammer. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 9.11.2021 – 6 B 12/20 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Die Pflichten der Rechtsanwaltskammern, nach § 73 II Nr. 9 BRAO an der Referendarausbildung mitzuwirken, umfasst auch die Befugnis, sich an deren Finanzierung angemessen zu beteiligen. Der Begriff des „Mitwirkens“ umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch eine finanzielle Beteiligung in beschränktem Umfang, die die grundsätzliche Finanzierungsverantwortung des Staates für die Juristenausbildung unangetastet lässt (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2005, 120 m. Anm. Dahns). BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 119

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