AUFSÄTZE DIE NEUEN PFLICHTEN DER BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFT UND WIE SIE EINGEHALTEN WERDEN RECHTSANWALT JAN SCHAEFFER* * Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Brinkmann Dewert & Partner in Essen, Mitglied im BRAO Ausschuss der BRAK und Mitglied im Vorstand der Rechtsanwaltskammer Hamm. Zum 1.8.2022 tritt das „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften“ in Kraft. Die Reform bringt umfassende Änderungen für Berufsausübungsgesellschaften, insbesondere eine weitgehende gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit und erleichterte Möglichkeiten interprofessioneller Zusammenarbeit. Vor allem aber wird die Berufsausübungsgesellschaft selbst zum Bezugssubjekt berufsrechtlicher Regulierung. Der Autor erläutert die Voraussetzungen, unter denen Berufsausübungsgesellschaften künftig zugelassen werden, die von ihnen einzuhaltenden Berufspflichten und wie die Gesellschaften für deren Einhaltung zu sorgen haben. Dabei beleuchtet er auch die Diskussion um Compliance-Beauftragte und die notwendige Anpassung der Berufshaftpflichtversicherung. I. EINLEITUNG Am 12.7.2021 wurde das „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.1 1 Gesetz v. 7.7.2021, BGBl. 2021 I, 2363. Am 1.8. 2022 wird es in Kraft treten. Die ungewöhnlich lange Zeitspanne zwischen dem Erlass und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ist notwendig, da sowohl die Kammern als auch die betroffenen Berufsausübungsgesellschaften (BAG) die erforderliche Zeit erhalten sollten, Anpassungen vorzunehmen. Es musste aber auch berücksichtigt werden, dass die vorgenommenen Anpassungen verfassungsrechtlich geboten waren und daher ein Inkrafttreten nicht unnötig hinausgezögert werden durfte.2 2 BT-Drs. 19/27670, 326. Das Hauptaugenmerk des Gesetzgebers war es, neben der Umsetzung der durch das BVerfG formulierten Vorgaben, das Gesellschaftsrecht für anwaltliche und auch für die steuerberatenden Berufe kohärent zu gestalten.3 3 BT-Drs. 19/27670, 127. Das Gesetz sieht vor, der Anwaltschaft, Patentanwaltschaft und den Steuerberaterinnen und Steuerberatern gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit zu gewähren, weitgehend einheitliche und rechtsformneutrale Regelungen für alle anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften zu schaffen und die interprofessionelle Zusammenarbeit zu erleichtern. Außerdem soll die Berufsausübungsgesellschaft als zentrale Organisationsform anwaltlichen, patentanwaltlichen und steuerberatenden Handelns anerkannt werden. Sie soll zukünftig daher postulationsfähig sein und Bezugssubjekt berufsrechtlicher Regulierung werden. Berufsausübungsgesellschaften nach der BRAO sollen außerdem die Möglichkeit haben, ein Gesellschaftspostfach zu beantragen.4 4 BT-Drs. 19/27670, 127. Die für die Anwaltschaft relevanten neuen Vorschriften zu den Berufsausübungsgesellschaften finden sich nun in den §§ 59b-59p BRAO des dritten Teils im zweiten Abschnitt in der ab dem 1.8.2022 gültigen Fassung der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Bislang kannte das Berufsrecht nur den Anwalt bzw. die Anwältin als natürliche Person. Daher hatten Anwaltssozietäten in Deutschland bislang die Rechtsform einer Personengesellschaft deutschen Rechts oder auch einer PartG. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen erwähnen daneben nur die Rechtsform der GmbH (vgl. § 59c I BRAO a.F.). Zudem wurde auch die Rechtsform der UG als zulässige angesehen.5 5 Vgl. Henssler/Prütting/Henssler, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 59c Rn. 3. Durch die Einführung des § 59b II 1 BRAO n.F. wird nun für die Berufsausübungsgesellschaften erstmals der Zugang zu allen Gesellschaftsformen des deutschen Rechts, des Unionsrechts und sogar auch des Rechts eines anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaates möglich. Wobei diese weite Öffnung durchaus nicht unumstritten ist, zumal dabei unerheblich ist, ob es sich um eine Kapital- oder eine Personengesellschaft handelt.6 6 Kritisch dazu etwa Wolf/Gerking, BRAK-Mitt. 2020, 185 (189 ff.). Künftig ist somit auch ein Zusammenschluss in Form einer AG oder einer KGaA deutschen Rechts möglich oder auch als SE oder EWIV im Rahmen des Unionsrechts. An dieser Stelle sollen jedoch in erster Linie die praxisrelevanten Punkte für die Berufsausübungsgesellschaften dargestellt werden. II. DAS ZULASSUNGSVERFAHREN Grundsätzlich bedarf es künftig für die Berufsausübungsgesellschaften einer gesonderten Eintragung in BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 AUFSÄTZE 122
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