BRAK-Mitteilungen 3/2022

qualifizierte elektronische Signatur (qeS) verwendet wird.14 14 LG Hamburg, Beschl. v. 15.1.2021 – 322 T 92/20. b) VERSENDUNG DURCH ANDEREN RECHTSANWALT Für die Versendung eines von einem abwesenden Kollegen verfassten Schriftsatzes gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder dieser muss (vorab) den Schriftsatz mit einer qeS versehen, dann kann er (auch) aus dessen Postfach heraus versandt werden. Anderenfalls muss die Vertreterin oder der Vertreter die Verantwortung für den Schriftsatz übernehmen und aus ihrem bzw. seinem eigenen Postfach heraus versenden.15 15 Ebenfalls bereits gefestigte Rechtsprechung: BAG, Beschl. v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20; BVerwG, Beschl. v. 12.10.2021 – 8 C 4/21; BSG, Beschl. v. 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B. Hier muss sie bzw. er dann wiederum auch einfach signieren. c) VERSENDUNG DURCH BÜROPERSONAL Soll die Versendung durch Büropersonal (aus dem Anwaltspostfach mit Hilfe von deren Mitarbeiterkarte) erfolgen, ist immer eine qeS der verantwortenden Rechtsanwältin oder des verantwortenden Rechtsanwalts erforderlich. In keinem Fall darf die eigene beA-Karte an Büropersonal weitergegeben werden (§ 26 I RAVPV)! d) VERSENDUNG AUS EINEM KANZLEI-beA Ab August 2022 wird mit dem „GePo“ ein Gesellschaftspostfach für alle zulassungspflichtigen Berufsausübungsgesellschaften eingerichtet. Es steht auch grundsätzlich allen Berufsausübungsgesellschaften zur Verfügung, die sich (freiwillig) bei der Kammer zugelassen haben. Hier werden gem. § 21 IV RAVPV die vertretungsberechtigten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gegenüber der Rechtsanwaltskammer benannt werden. Bei Versendung aus dem GePo mit deren beAKarte wird dann der VHN generiert. 4. ACHTUNG BEI SCHRIFTFORMERFORDERNIS: qeS ERFORDERLICH ODER GANZ AUSGESCHLOSSEN! Der sichere Übermittlungsweg ist maßgeblich für die Formwirksamkeit von Schriftsätzen nach prozessrechtlichen Vorschriften. Er ist nicht ausreichend, wenn eine gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist, den Anforderungen des § 126a BGB ist damit nicht genügt. Hierfür ist in jedem Fall die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) erforderlich. Daran muss man vor allem denken, wenn in einem Schriftsatz formbedürftige materiell-rechtliche Erklärungen abgegeben werden. Schiefgegangen ist das beispielsweise schon bei einer mietrechtlichen Kündigung.16 16 AG Hamburg, Urt. v. 25.2.2022 – 48 C 304/21. Strittig ist, ob § 278 VI 1 Alt. 1 ZPO (Vergleichsvorschlag) ein materielles Schriftformerfordernis enthält. Das ArbG Stuttgart17 17 BAG, Beschl. v. 14.9.2020 – 5 AZB 23/20; ArbG Stuttgart, Beschl. v. 25.2.2022 – 4 Ca 688/22. hält die prozessuale Schriftform für ausreichend. Für bestimmte Erklärungen, die der Schriftform bedürfen, ist die elektronische Form im Gesetz explizit ausgeschlossen – hier nützt auch die qeS nichts. Das ist beispielsweise in § 766 S. 2 BGB (Bürgschaft), § 780 S. 2 BGB (Schuldversprechen)18 18 OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.10.2021 – 1 U 9/21. – auch strafbewehrte Unterlassungserklärungen19 19 OLG München, Urt. v. 14.1.2016 – 29 U 2593/15. – und § 781 S. 2 (Schuldanerkenntnis) der Fall, aber auch mal im Verwaltungsrecht: Erklärung einer Baulast.20 20 § 86 II. S. LBauO Rheinland-Pfalz. Ganz wichtig auch § 623 BGB: Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen. IV. ERFORDERLICHE KONTROLLMASSNAHMEN 1. GRUNDSATZ Zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation gehört es von jeher, dass Fristen im Kalender erst dann gelöscht werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass seitens der Kanzlei alles dafür getan wurde, damit der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig bei Gericht eingeht. Hierzu gehörte bei Versendung per Fax die Kontrolle des Sendeberichts mit OK-Vermerk. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass „die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax entsprechen“.21 21 Z.B. BGH, Beschl. v. 11.5.2021 – VIII ZB 9/20. Die Prüfungsanforderungen sind – naturgemäß – etwas andere als beim Fax. Sie sollen jedoch genauso dazu dienen, sicherzustellen, dass das Richtige vollständig und erfolgreich beim zuständigen Gericht eingeht. 2. EINGANGSBESTÄTIGUNG In Bezug auf das beA haben bereits etliche Gerichte entschieden, dass entsprechend zu kontrollieren ist, ob eine Eingangsbestätigung gem. § 130a V 2 ZPO vorliegt.22 22 Z.B. BGH, Beschl. v. 11.5.2021 – VIII ZB 9/20; schon BayLSG, Beschl. v. 3.1.2018 – L 17 U 298/17; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.10.2021 – 11 U 61/21. Aber was ist eigentlich diese „automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs“? Es hört sich so an, als würde man so etwas wie eine Lesebestätigung per E-Mail bekommen. Das ist aber nicht so! Tatsächlich bekommt man vom Gericht keine Nachricht zugesandt, sondern kann die erfolgreiche Übersendung nur dem Prüfprotokoll der versandten Nachricht entnehmen (versendete Nachricht mit Doppelklick öffnen). Die Eingangsbestätigung wird durch das beA-System grundsätzlich in die Nachricht mit eingebettet. Auch dort muss man allerdings an der richtigen Stelle schauen: Nicht ausreichend ist es, sich auf das grün markierte positive Prüfergebnis im Feld „Zusammenfassung und Struktur“ auf den „Eingang auf dem Server“ AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 129

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0