bei nach dem Willen des Gesetzgebers u.a. danach zu beurteilen, wie erfolgreich die Rechtsverfolgung ist. Ist sie erfolgreich, weil der säumige Schuldner sofort nach der Aufforderung zahlt, vermindert sich die Gebühr auf 0,5. Bleibt der säumige Schuldner unbeeindruckt, kann für dieselbe Tätigkeit eine höhere Gebühr entstanden sein. Daneben hat der Gesetzgeber auch die Wertstufen gem. § 13 RVG verändert. Bisher gab es eine einheitliche Wertstufe bis zu 500 Euro; die Gebühr beträgt dabei gem. § 13 I RVG 49,00 Euro. In § 13 II RVG hat der Gesetzgeber ausschließlich für unbestrittene Forderungen eine weitere Wertstufe bis zu 50,00 Euro eingeführt, bei der die Gebühr 30,00 Euro beträgt. 3. ANRECHNUNG VON ZAHLUNGEN BEI PROZESSKOSTENHILFE Bereits zum 1.1.2021, also vor dem Berichtszeitraum, ist die Anrechnungsvorschrift in § 58 II RVG geändert worden. Die Änderung ist aber kaum beachtet worden; zudem ist die Handhabung erläuterungsbedürftig. Daher soll sie noch einmal vorgestellt werden. Nach der Vorschrift sind Zahlungen, die der Rechtsanwalt erhält, zunächst auf die Wahlanwaltsgebühren zu verrechnen und nicht auf die Prozesskostenhilfe. Das war zuvor umstritten. Fraglich ist aber, ob die Verrechnung im Festsetzungsverfahren von Amts wegen so vorzunehmen ist. Nach dem Grundsatz ne ultra petitawird die Verrechnung wohl nur bei ausdrücklicher Beantragung so vorzunehmen sein. Es empfiehlt sich daher, bei der Prozesskostenhilfeliquidation eine Parallelberechnung der Wahlanwaltsgebühren vorzunehmen und die Verrechnung ausdrücklich auf den Überhang der Wahlanwaltsgebühren zu beantragen. II. RECHTSPRECHUNG 1. ALLGEMEINES GEBÜHRENRECHT a) ANGELEGENHEIT IM SINNE DES GEBÜHRENRECHTS Irritation hat eine Entscheidung des BGH6 6 BGH, Urt. v. 29.10.2020 – IX ZR 264/19. zum Begriff der Angelegenheit ausgelöst. Danach stellte die Beauftragung für die außergerichtliche Tätigkeit in Bezug auf verschiedene Gegenstände im Zusammenhang von Trennung und Scheidung nur eine Angelegenheit dar. Nach der mehrheitlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte stellen Scheidung und Folgesachen jedoch verschiedene Angelegenheiten dar. Die Entscheidung des BGH stellt klar, dass es für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Angelegenheiten auf den Auftrag im Einzelfall ankommt. Die Entscheidung lässt sich daher nicht verallgemeinern. Leider findet sich in der Rechtsprechung keine fassbare Definition des Begriffs der Angelegenheit. Der Ansatz des BGH, eine Angelegenheit liege vor, wenn ein einheitlicher Auftrag erteilt worden sei, hilft dabei nicht wirklich weiter. b) FÄLLIGKEIT DER ANWALTSVERGÜTUNG Die Frage, wann die Fälligkeit der Anwaltsvergütung eintritt, stellte sich im Zusammenhang mit der COVIDbedingten zeitweiligen Verminderung des Umsatzsteuersatzes. Nach § 8 I 1 RVG ist das der Fall, wenn die Angelegenheit erledigt ist. Das LG Itzehoe7 7 LG Itzehoe, Beschl. v. 18.2.2021 – 2 Qs 209/20. vertritt dazu die Auffassung, das sei bereits dann der Fall, wenn das Rechtsschutzziel erreicht worden sei. Im zu entscheidenden Fall war das das freisprechende Urteil. Diese Auffassung greift zu kurz. Nach § 19 RVG gehören auch vor- und nachbereitende Tätigkeiten zum Rechtszug. Das VG Berlin8 8 VG Berlin, Beschl. v. 28.4.2021 – 14 KE 21/21. stellt dazu auf den Zugang der Kostenentscheidung ab. Entscheidend ist die Frage der Fälligkeit auch insoweit, als mit ihr (und nicht erst mit der Rechnungserstellung) auch der Lauf der Verjährungsfrist beginnt. c) BEIORDNUNG EINES AUSWÄRTIGEN RECHTSANWALTS Die Beiordnung eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin, der bzw. die nicht im Gerichtsbezirk ansässig ist, kann nach dem OLG Frankfurt am Main9 9 OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.5.2021 – 7 WF 135/20. mit der Beschränkung versehen werden, dass Reisekosten nur bis Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts aus der Landeskasse zu übernehmen sind. Nach dem LAG Nürnberg10 10 LAG Nürnberg, Beschl. v. 8.3.2021 – 4 Ta 125/20. sind anwaltliche Reisekosten eines nicht am Prozessort ansässigen Rechtsanwalts bzw. einer nicht ansässigen Rechtsanwältin in Höhe der fiktiven Reisekosten der von ihm bzw. ihr vertretenen Partei erstattungsfähig. Nach bisher herrschender Ansicht nicht erstattungsfähig waren die Kosten einer Bahncard, weil deren Nutzungsmöglichkeit nicht auf den Rechtsstreit beschränkt ist. Im Sinne einer Kostenersparnis der Landeskassen hat das OLG Celle11 11 OLG Celle, Beschl. v. 21.12.2020 – 4 StE 1/17. nunmehr anders entschieden. Soweit die Anschaffung der Bahncard in einem Verfahren bereits nach wenigen Terminen zu einer Kostenverminderung führt, sind ihre Kosten erstattungsfähig. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt diese Kosten zuvor bei dem Gericht anmeldet oder sich genehmigen lässt. 2. ZIVILRECHT a) VERGÜTUNG BEI GEMEINSCHAFTLICHEM TESTAMENT Ob der Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG auslöst, war umstritten. Der BGH12 12 BGH, Urt. v. 15.4.2021 – IX ZR 143/20. hat das jetzt geklärt. Es hanAUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 137
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