delt sich nur um eine Beratungstätigkeit, weil beide Eheleute Auftraggeber des Rechtsanwalts sind und die Tätigkeit im Form der Erstellung des Entwurfs sich ausschließlich an sie und nicht an außenstehende Dritte richtet. Bei einem solchen Auftrag ist daher der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung unverzichtbar. b) ANWALTSWECHSEL ZWISCHEN GESCHÄFTSUND VERFAHRENSFÜHRUNG Ob ein Anwaltswechsel zwischen Geschäfts- und Verfahrensführung zu einer Verminderung des Erstattungsanspruchs um die fiktive Anrechnung der Geschäftsgebühr entsprechend Vorbem. 3 IV VV-RVG führen kann, beschäftigte das AG Stuttgart.13 13 AG Stuttgart, Urt. v. 21.5.2021 – 35 C 998/21. Grundsätzlich ist dem Auftraggeber der Wechsel des Rechtsanwalts möglich. Wenn dadurch eine Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr unterbleibt, mindert das den Erstattungsanspruch des Gläubigers nicht.14 14 BGH, Beschl. v. 10.11.2009 – VIII ZB 60/09, AGS 2010, 51. Ist es jedoch ein Geschäftsmodell des Gläubigers, regelhaft andere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit der Geschäfts- und der Verfahrensführung zu beauftragen, verstößt das gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB. c) FIKTIVE TERMINSGEBÜHR Die Regelung der fiktiven Terminsgebühr nach den Vorbem. 3 III i.V.m. Nr. 3104 VV-RVG ist weit auszulegen. Eine Erledigungsbesprechung ist nach dem OLG BerlinBrandenburg15 15 OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.8.2021 – 6 W 42/21. zwar noch nicht gegeben, wenn der Rechtsanwalt die Ankündigung einer Zahlung durch den Gegner nur entgegennimmt. Erklärt der Rechtsanwalt aber, dass er eine Erledigungserklärung abgeben werde, wenn eine Zahlung in einer bestimmten Frist eingehe, liegt eine Erledigungsbesprechung vor. d) AUSSCHLUSS DER KOSTENERSTATTUNG § 12a I 1 ArbGG schließt die Kostenerstattung zugunsten der obsiegenden Partei aus. Es handelt sich hierbei um eine gegenüber § 91 II 1 ArbGG speziellere Regelung. Ob diese Regelung über ihren Wortlaut hinaus auch die Erstattung der Kosten eines Streithelfers erfasst, hat das LAG Berlin-Brandenburg16 16 LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 7.6.2021 – 16 Ta (Kost) 6023/21. positiv entschieden. Der Zweck, arbeitsgerichtliche Rechtsstreite ohne Furcht vor einem Kostenrisiko führen zu können, rechtfertigt die ausweitende Auslegung der Vorschrift. e) KOSTEN EINER NICHT EXISTIERENDEN PARTEI Einen merkwürdigen Fall hatte das OLG Saarbrücken17 17 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.3.2021 – 9 W 9/21. zu entscheiden. Geltend gemacht wurden Rechtsanwaltskosten einer nicht existierenden Partei. Verklagt war eine vermeintliche, tatsächlich aber nicht existierende Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen mit den vermeintlichen Gesellschaftern. Nach dem OLG Saarbrücken hat die nicht existierende Partei Anspruch auf Erstattung ihrer Rechtsverteidigungskosten. 3. STRAF- UND BUSSGELDRECHT a) HAFTZUSCHLAG Der Haftzuschlag nach Vorbem. 4 IV VV-RVG fällt nach dem BGH18 18 BGH, Beschl. v. 10.3.2021 – 2 BGs 751/20. unabhängig davon an, ob die Haft in Deutschland oder aufgrund deutscher gerichtlicher Entscheidungen besteht. Die Entscheidung des BGH ist zwar nicht zu Vorbem. 4 IV VV-RVG ergangen, sondern zu § 147 V 2 StPO. Die Begrifflichkeit „nicht auf freiem Fuß“ ist jedoch gleich. Auch dem Sinn der Vorschrift nach ist die Entscheidung übertragbar, denn bei Vorbem. 4 IV VV-RVG geht es darum, einen Mehraufwand pauschal auszugleichen, der durch die erschwerte Erreichbarkeit des inhaftierten Mandanten entsteht.19 19 So auch Burhoff, AGS 2021, 555 ff. b) BEGRÜNDUNG DER BEMESSUNG DER TERMINSGEBÜHR Wie bei allen Rahmengebühren ist auch die Bemessung der Terminsgebühr durch den Rechtsanwalt zu begründen; eine unterlassene Begründung führt nach dem LG Aachen20 20 LG Aachen, Beschl. v. 20.9.2021 – 60 Qs 46/21. dazu, dass das Gericht eine eigene Gebührenbestimmung vornehmen kann, die ausschließlich die dem Gericht erkennbaren Umstände berücksichtigt. c) PAUSCHGEBÜHR DES WAHLVERTEIDIGERS Die Pauschgebühr des Wahlverteidigers gem. § 42 RVG betrifft eine Entscheidung des OLG Jena.21 21 OLG Jena, Beschl. v. 21.5.2021 – (S) AR 104/20. Der Verteidiger hatte zunächst seine gesetzlichen Gebühren zur Festsetzung angemeldet und danach einen Antrag auf Pauschvergütung gestellt. Dieser Antrag war erfolglos, weil der Verteidiger durch die Anmeldung seiner gesetzlichen Gebühren bereits sein Bestimmungsermessen gem. § 14 I RVG ausgeübt hat und an dieses Ermessen gebunden ist. Für den Antrag auf eine Pauschgebühr war daher kein Raum mehr. Für die Praxis bedeutet das, dass zunächst der Antrag gem. § 42 RVG gestellt werden muss. Der Antrag auf Festsetzung der gesetzlichen Gebühren vorab muss so gestaltet sein, dass es klar wird, dass damit das Bestimmungsrecht nicht ausgeübt wird, sondern nur die Festsetzung eines Abschlags verlangt wird. Das ist sinnvoll, weil die Festsetzungsverfahren bezüglich der Pauschgebühr übermäßig lang dauern. d) PAUSCHGEBÜHR DES PFLICHTVERTEIDIGERS Mit der Pauschgebühr des Pflichtverteidigers musste sich der VerfGH Berlin22 22 VerfGH Berlin, Beschl. v. 12.5.2021 – 175/20. zum wiederholten Male befassen. Das LG Berlin hatte den Verteidiger für eine letztBRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 AUFSÄTZE 138
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