ZWANGSGELD WEGEN UNTERLASSENER AUSKUNFT BRAO §§ 56, 57 * Das Auskunftsverweigerungsrecht eines Rechtsanwalts entsteht nur, wenn sich dieser ausdrücklich hierauf beruft. Niedersächsischer AGH, Beschl. v. 28.4.2022 – AGH 2/22 (I 6) Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Kommt ein Rechtsanwalt einem Auskunftsverlangen des Vorstands oder eines beauftragten Vorstandsmitglieds nicht nach, liegt eine sanktionsbewehrte Berufspflichtverletzung nicht vor, wenn ihm ein Hinweis über sein Recht, die Auskunft nach § 56 I 2 BRAO zu verweigern und seine Pflicht, sich ggf. darauf zu berufen, nicht vom Vorstand oder von einem beauftragten Mitglied erteilt worden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt sein Auskunftsverweigerungsrecht kannte (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2006, 33). FACHANWALTSCHAFTEN KEINE ONLINE-KLAUSUREN FÜR ERWERB DES FACHANWALTSTITELS BRAO § 43c; FAO §§ 4, 4a, 6 II 1. Die Online-Klausur unter audiovisueller Überwachung des Rechtsanwalts ist keine Aufsichtsarbeit i.S.v. § 4a I der Fachanwaltsordnung. * 2. Die Rahmenbedingungen von Online-Klausuren bedürften mit Blick auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung und vor dem Hintergrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen einer ausdrücklichen normativen Zulassung. * 3. Beim Schreiben von Online-Klausuren sind sowohl die Versuchungen als auch die Möglichkeit, sich durch Täuschungsversuche einen Vorteil zu verschaffen, gegenüber Prüfungen in Präsenz erheblich gesteigert. VG Freiburg, Urt. v. 15.2.2022 – 8 K 183/21 AUS DEM TATBESTAND: Die Beteiligten streiten über die Anerkennungsfähigkeit von im Online-Format durchgeführten Prüfungen als Leistungskontrollen nach der Fachanwaltsordnung. Der Kl. ist Rechtsanwalt im Ruhestand und organisiert seit dem Jahr 2004 auf die Fachanwaltsbezeichnung vorbereitende anwaltsspezifische Lehrgänge i.S.d. § 4 I 1 FAO. Dabei bietet der Kl. auch die Durchführung schriftlicher Leistungskontrollen nach § 4a FAO an. Im Zuge der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden infektionsschützenden Maßnahmen durch die Landesregierung war ab dem 17.3.2020 eine Durchführung von Präsenzveranstaltungen und -prüfungen vorübergehend nicht möglich. Daher bot der Kl. den Lehrgang und die schriftlichen Leistungskontrollen mittels einer Konferenz-Software in einem Online-Format an. Die Bekl. äußerte gegenüber Teilnehmenden der Lehrgänge des Kl., dass sie Online-Prüfungen im Rahmen des § 4a FAO nicht anerkenne. Auf ihrem Internetauftritt veröffentlichte sie den Hinweis, eine bloße VideoAufsicht genüge, zumindest nach den bislang vorgelegten Konstellationen, den Anforderungen an eine Aufsichtsarbeit nicht (vgl. den Hinweis der RAK x zu den Aufsichtsarbeiten nach § 4a FAO, Stand 5.2.2021, abrufbar unter: x zuletzt abgerufen am 15.2.2022). Der Kl. stellte die Konzeption der von ihm durchgeführten Leistungskontrollen in einer der Bekl. am 31.8.2020 zugeleiteten E-Mail wie folgt dar (Bl. 23 d. Verwaltungsakte, 3. bis 5. Abs.): „Dazu haben wir uns des Programms GoToMeeting bedient. In diesem Programm ist es möglich, dass wir durch Verwendung von Webcams jeden einzelnen Teilnehmer sehen und hören, dieser kann die anderen Teilnehmer und natürlich die Referenten ebenfalls sehen und hören. Ich habe zu Beginn jeder Sitzung darauf geachtet, dass sich jeder Teilnehmer mit vollem Namen in diesem Programm anmeldet, sodass wir ständig die Anwesenheit kontrollieren konnten. Wir haben diese Kontrolle dokumentiert durch Bildschirmfotos und ChatLogs oder andere Kontrollmechanismen, die das Programm vorgibt und die bei uns auf dem Rechner gespeichert sind. Die Klausuren haben wir in der Weise organisiert, dass jeder Teilnehmer den Aufgabentext jeweils kurz vor 14:00 Uhr (13:58 Uhr) per Mail übermittelt bekommen hat. Sodann hatte jeder Teilnehmer 2,5 Stunden Zeit zur Abgabe der Klausur. (Nach unserem System 6 × 2,5 = 15 Stunden Klausur). Während dieser Bearbeitungszeit haben wir darauf geachtet, dass alle Kameras eingeschaltet waren. Wir haben durch gelegentliche Rückfragen kontrolliert, dass der Teilnehmer vor der Kamera sichtbar ist und auch das Klausurpapier. Wir haben auch diesen Vorgang wieder unangekündigt dokumentiert. Entsprechende Fotos sind dieser Mail beigefügt. Nach Ablauf der Bearbeitungszeit von 2,5 Stunden hat jeder Teilnehmer seine Klausur gescannt oder fotografiert und uns innerhalb der Bearbeitungszeit per Mail übermittelt. Alle uns so zugegangenen Mails haben wir hier archiviert. Sodann waren die geschriebenen Arbeiten per Post an uns zu übermitteln und sind den KorrekFACHANWALTSCHAFTEN BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 156
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