BRAK-Mitteilungen 3/2022

toren übergeben worden. Wir haben in jedem Fall verglichen, dass die per Post hier eingegangenen Originalklausuren unverändert den zuvor per Bild oder Scan übermittelten Texten entsprachen.“ Der Präsident der Bekl. teilte ihm telefonisch mit, die Bekl. favorisiere eine bundeseinheitliche Lösung für sein Anliegen und wolle eine solche nicht vorwegnehmen. Der Kl. hat am 28.1.2021 Klage erhoben. Es bestünde zwischen ihm und der Bekl. ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, welches sich unmittelbar aus der Fachanwaltsordnung ergebe. Im vorliegenden Fall habe sich die Bekl. – auch durch den Hinweis auf ihrem Internetauftritt – derart eindeutig positioniert, dass es keiner rechtsmittelfähigen Entscheidung bedürfe. Es hätten bereits Interessenten aus dem Kammerbezirk X von Anmeldungen zu Veranstaltungen des Kl. Abstand genommen. Sein Klageantrag ziele explizit nicht auf die Anerkennungsfähigkeit von Online-Klausuren unter dem Eindruck der Pandemie ab, sondern er sei in seiner Generalität zu verstehen. Er habe ein wirtschaftliches Interesse an dieser Feststellung. Seine wettbewerbsrechtliche Position werde maßgeblich gestärkt, könnte er die Absolvierung der Prüfung online anbieten. Er sei klagebefugt, da die Rechtauffassung der Bekl. sein Recht auf Durchführung von Lehrgängen unter Einschluss von Online-Klausuren unmittelbar betreffe. Die Nachfrage nach seinen Online-Kursangeboten sei abhängig von der Anerkennung durch die Bekl., sodass die Verweigerung ihn in seinem subjektiven Recht aus § 4a FAO und Art. 12 I GG verletze. Denn Online-Klausuren genügten den Anforderungen an „schriftliche Leistungskontrollen“ i.S.d. § 4a FAO. Die Bekl. sei bei der Anerkennung von Leistungskontrollen an die Vorgaben der Fachanwaltsordnung gebunden. Die genaue Art der Leistungskontrolle sowie der Topos „Online-Klausuren“ seien nicht geregelt. Für eine Versagung der Anerkennung gebe es keine rechtliche Grundlage. Eine Leistungskontrolle sei auch dann schriftlich, wenn sie unter Verwendung technischer Hilfsmittel an den Veranstalter übermittelt werde, etwa in Form einer E-Mail. Jedenfalls bedürfe es – mit Verweis auf § 126 I, III BGB – keiner Handschriftlichkeit. Abgesehen davon würden die Klausuren den Vorgaben des § 126 III BGB gerecht. Auch sei die Aufsicht bei der Klausurbearbeitung durch den Einsatz von Kamera und Mikrofon gewährleistet. Es könne sich zwar hypothetisch eine Person hinter der Kamera positionieren und nonverbal kommunizieren. Dies würde dem Beobachter aber auffallen, da die Augen des Bearbeitenden nicht mehr auf die Klausur gerichtet seien. Auch das Landesjustizprüfungsamt Baden-Württemberg lasse Online-Klausuren für den „Großen Schein“ im Rahmen des Jurastudiums zu und verzichte dabei sogar auf die Kontrolle der Prüflinge über Kamera und Mikrofon. Inhaltliche Anforderungen an die Klausur oder an die zulässigen Hilfsmittel ergäben sich weder aus der Norm selbst noch aus anderen Rechtsakten. Das Online-Format könne den Vorgaben der Verordnung damit gar nicht widersprechen. Das Fehlen einer gesetzlichen Reglementierung für die Kontrollen i.S.d. § 4a FAO zeige, dass der Verordnungsgeber selbst von den Fortbildungsteilnehmenden die Einhaltung gewisser Grundsätze erwartet habe, da es sich dabei um zugelassene Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen handele. Es sei daher unvertretbar, auf die persönliche Anwesenheit der Prüflinge im selben Raum zu bestehen. Auch Sinn und Zweck der Fachanwaltsordnung stünden seinem Anliegen nicht entgegen. Denn die Leistungskontrollen dienten dem Nachweis der besonderen Kenntnisse der angehenden Fachanwälte und Fachanwältinnen und damit der Qualitätskontrolle. Dies sei auch bei den vom Kl. angebotenen Online-Klausuren möglich. Die Teilnehmenden würden die Prüfungssituation durchaus sehr ernst nehmen. Täuschungshandlungen ließen sich auch bei Klausuren in Präsenz nicht vollständig verhindern. Bei den Leistungskontrollen im Onlineformat habe der Prüfende die Bearbeitenden sogar besser im Blick. Im Übrigen sei die Regelung des § 4a FAO veraltet: Sie sei im November 2006 eingeführt worden und habe die inhaltsgleiche Vorgängernorm ersetzt, welche wiederum aus dem Jahr 1999 datiere. Damals habe man sich Online-Seminare noch nicht vorstellen können. Der Kl. beantragt, festzustellen, dass die von dem Kl. im Rahmen der von ihm organisierten Fachanwaltslehrgänge gem. § 4 I FAO nach Maßgabe seiner an die Bekl. gerichteten E-Mail v. 31.8.2020 (Bl. 23 d. Verfahrensakte, 3. bis 5. Absatz) durchgeführten Leistungskontrollen i.S.d. § 4a FAO von der Bekl. als Aufsichtsarbeiten anzuerkennen sind, hilfsweise festzustellen, dass die Bekl. verpflichtet ist, durch geeignete Maßnahmen die Durchführung von Leistungskontrollen als sog. Online-Klausuren i.S.d. § 4a FAO zu überwachen und dem Kl. die ordnungsgemäße Durchführung zu bestätigen. Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Zu Begründung trägt sie vor, der Hauptantrag sei bereits unzulässig, da er auf eine positive Vorab-Zertifizierung der Lehrgänge des Kl. und der Aufsicht per VideoÜberwachung abziele. Einen solchen Anspruch könne es aber aufgrund der nachträglichen Prüfungskompetenz des Vorstands der Bekl. bzw. ihrer Vorprüfungsausschüsse auf die Vereinbarkeit der Veranstaltungen mit der Fachanwaltsordnung hin nicht geben. Ebenso verhalte es sich mit dem Hilfsantrag; damit verlange der Kl. die Beteiligung der Bekl. an seinen kommerziellen Veranstaltungen. Zudem bestehe zwischen den Beteiligten kein Rechtsverhältnis, das der Kl. gerichtlich feststellen lassen könnte. Zwar begründe die Aufsichtskompetenz der Bekl. nach § 43c BRAO eine gewisse Beziehung zu den Leistungen des Kl. Dieses Verhältnis sei aber keineswegs konkretisiert. Auch genügten unterschiedliche Auffassungen zwischen den Beteiligten über die Auslegung der „schriftlichen Leistungskontrolle“ nicht, um ein konkretes Rechtsverhältnis zu bedingen. Auf mögliche schriftliche Anfragen des Kl. habe die Bekl. nie geantwortet. Damit bestehe nur ein allgemeines Rechtsverhältnis. Auch in der Sache könne der Klageantrag keinen Erfolg haben. Unter Bezugnahme auf BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 157

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