BRAK-Mitteilungen 3/2022

ben, aus ihrer Sicht nicht den Anforderungen des § 4a FAO gerecht werden, in besonderem Maße betroffen, da die Mitglieder der Bekl. so jedenfalls mittelbar vor der Teilnahme an den Online-Klausuren des Kl. gewarnt werden. b) Das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten ist auch hinreichend konkret. Dafür ist erforderlich, dass ein bestimmter, bereits überschaubarer Sachverhalt vorliegt, dessen Rechtsfolgen festgestellt werden sollen, und dass dieses Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten streitig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.6.1962 – VII C 78.61, NJW 1962, 1690 ‹ 1690 8 ; v. 7.5.1987 – 3 C 53.85, juris Rn. 24; v. 23.1.1992 – 3 C 50.89, juris Rn. 30 f.; v. 23.8.2007 – 7 C 13.06, juris Rn. 21 f.; Hessischer VGH, Urt. v. 17.12.1985 – 9 UE 2162/85, juris Rn. 53; kritisch zum Erfordernis des Meinungsstreits Happ, in Eyermann, VwGO, 15. Aufl., 2019, § 43 Rn. 25). Durch das Erfordernis der „Verdichtung“ soll der Missbrauch der Feststellungsklage als „allgemeine Auskunftsklage über die Rechtslage“ verhindert werden, da die rechtstheoretische Lösung von Rechtsfragen nur um ihrer selbst willen nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist (vgl. dazu ausführlich: BVerwG, Urt. v. 8.6.1962 – VII C 78.61, NJW 1962, 1690 ‹ 1690 8 ; Engels, NVwZ 2018, 1001 [1004] m.w.N. aus der Literatur; Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl., 2019, § 43 Rn. 14). Ein derartiger Sachverhalt zeichnet sich dadurch aus, dass Rechtsfragen hinsichtlich eines Einzelfalls relevant werden und in Bezug auf diesen Fall entschieden werden können. Von einem Einzelfall lässt sich erst dann sprechen, wenn das dem Klagevortrag zugrunde gelegte Geschehen zeitlich und örtlich festgelegt ist und die Beteiligten individualisiert sind (Sodan, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., 2018, § 43 Rn. 44). Als formlose Verdichtung kommen Realakte in Betracht, die mit einem Eingriff in ein Grundrecht einhergehen, wie z.B. ruf- oder geschäftsschädigende Auskünfte und Warnungen (Sodan, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., 2018, § 43 Rn. 46). Der Kl. hat in der mündlichen Verhandlung den Antrag dahingehend gestellt, dass er sich auf Online-Klausuren bezieht, die anhand des in seiner E-Mail v. 31.8.2020 (Bl. 23 d. Verwaltungsakte, 3. bis 5. Absatz) geschilderten Konzepts durchgeführt werden. Damit hat der Kl. sein Konzept zur Abnahme virtueller Prüfungen detailliert dargelegt. Online-Leistungskontrollen wurden auf diese Weise vom Kl. bereits durchgeführt und sollen nach Vorstellung des Kl. auch in Zukunft durchgeführt werden, während die Bekl. deren Anerkennung ablehnt. Das der Klage zugrundeliegende Geschehen ist damit hinreichend deutlich umrissen, sodass sie der Klärung einer Rechtsfrage anlässlich eines konkreten Streits dient, um für künftige vergleichbare Sachverhalte Rechtssicherheit zu bewirken. 2. Der Kl. hat das für die Feststellungsklage erforderFeststellungsinteresse liche berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses (§ 43 I a.E. VwGO). Als Feststellungsinteresse ist jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art anzusehen. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Feststellung geeignet erscheint, die Rechtsposition der Kl. zu verbessern (BVerwG, Urt. v. 6.2.1986 – 5 C 40.84, juris Rn. 28; v. 25.10.2017 – 6 C 46.16, juris Rn. 20; Beschl. v. 20.12. 2017 – 6 B 14.17, juris Rn. 13). Gemessen daran besteht ein wirtschaftliches Interesse des Kl. an der Feststellung des Rechtsverhältnisses. Der Kl. hat dargelegt, dass aufgrund der Entscheidung der Bekl., Online-Klausuren nicht anzuerkennen, Interessierte von der Buchung seiner Lehrgänge abgehalten wurden und weiterhin abgehalten werden könnten. Da der Kl. die Online-Klausuren auch unabhängig von etwaigen pandemiebedingten Einschränkungen durchführen möchte, ist dieses Interesse auch nicht durch die zwischenzeitlich wieder mögliche Durchführung von Präsenzklausuren erloschen. Auch soweit die Feststellung auf Sachverhalte in der Zukunft abzielt, besteht das Feststellungsinteresse aktuell, da es dem Kl. nicht um bloß hypothetische Entwicklungen geht, sondern er vielmehr an die bereits in der Vergangenheit durchgeführten Online-Klausuren zeitnah anknüpfen möchte. 3. Das in § 43 II 1 VwGO niedergelegte Erfordernis der Subsidiarität der Feststellungsklage ist gewahrt, da der Kl. seine Rechte gegenüber der Bekl. nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (Pietzcker, in Schoch/Schneider, VwGO, 41. EL Juli, § 43 Rn. 40). II. Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag jedoch unbegründet. Denn die von dem Kl. durchgeführten Leistungskontrollen im Online-Format sind von der Bekl. nicht als Aufsichtsarbeiten i.S.d. § 4a FAO anzuerkennen. Ein dahingehender Anspruch des Kl. gegen die Bekl. besteht nicht. 1. Denn die vom Kl. durchgeführten Online-Klausuren keine geeigneten Aufsichtsarbeiten stellen keine „Aufsichtsarbeiten“ i.S.d. § 4a I FAO dar. Nach dieser Bestimmung muss der Antragsteller sich mindestens drei schriftlichen Leistungskontrollen (Aufsichtsarbeiten) aus verschiedenen Bereichen des Lehrgangs erfolgreich unterzogen haben. a) Eine Aufsichtsarbeit ist ihrem herkömmlichen Wortsinn nach von der physischen Anwesenheit einer Aufsichtsperson geprägt. Entsprechend diesem Verständnis hat der Kl. in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, bis zum 16.3.2020 sei auch er davon ausgegangen, dass eine Aufsichtsklausur eine in Präsenz geschriebene Klausur zu sein hat. Mag auch der Wortlaut des § 4a I FAO eine weitergehende Lesart nicht zwingend ausschließen, hält die erkennende Kammer ein (allein durch die äußeren Umstände) erweitertes Verständnis des Begriffs der Aufsichtsklausur nach den Regeln der Auslegung für nicht möglich. Mit Blick auf die historische Auslegung ist zu berücksichtigen, dass § 4a I FAO zwar erst im Jahr 2006 eingefügt wurde, er aber fast wortgleich dem zuvor geltenFACHANWALTSCHAFTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 159

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