akustischer Signale aber durch anderweitige Einstellungen verhindert wird, etwa indem der Zugriff der Software auf das Mikrofon unterbunden wird oder das Mikrofon selbst keinerlei Aufnahmen tätigt („Mute-Knopf“ am Laptop). Der Ausschluss der Benutzung von nicht zugelassenen Hilfsmitteln lässt sich ebenfalls nicht sicher gewährleisten. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass eine persönlich-physische Aufsicht sämtliche wahrnehmbare Faktoren mit dem Gegenüber teilt, während die Online-Aufsicht sich auf einen Ausschnitt des Sichtfeldes und – in Abhängigkeit von der Qualität des Mikrofons und der Lautstärkeregulierung – auf akustische Wahrnehmung beschränkt. Auch könnten Hilfsmittel in anderen Räumen hinterlegt und bei einem vorgeblichen Toilettengang konsultiert werden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass § 4a FAO keine Vorgaben zu Hilfsmitteln macht. Denn es steht in der Verantwortung der Lehrgangsanbieter, die Schwierigkeit der Leistungskontrollen derart an den von ihnen zugelassenen Hilfsmitteln auszurichten und die Verwendung nicht zugelassener Hilfsmittel zu unterbinden, dass die oben geschilderte Qualitätskontrolle gewährleistet ist. Der von der Kammer für zutreffend gehaltenen (engen) Auslegung des § 4a I FAO steht nicht entgegen, dass die Durchführung der Lehrgänge nach § 4 FAO auch online oder im Fernunterricht erfolgen kann (VG Koblenz, Urt. v. 5.8.2013 – 3 K 116/12.KO, juris Rn. 30; Günther, in BeckOK, FAO, 16. Edition, § 4a Rn. 2; Scharmer, in Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 7. Aufl., 2020, § 4a FAO Rn. 4). Denn diese sind primär auf Wissensvermittlung ausgerichtet, während die Leistungskontrollen der Qualitätssicherung dienen (vgl. auch zur Zulässigkeit der reinen Online-Lehre nach dem Landeshochschulgesetz: LT-Drs. 16/9310, 23). 2. Darüber hinaus werden die Klausuren nicht dem Erfordernis der Schriftlichkeit i.S.v. § 4a I FAO gerecht. Unabhängig von der Anwendbarkeit des § 126 BGB beErfordernis der Schriftlichkeit zweckt die Vorschrift, dass eine eindeutige Zuordnung der Leistungskontrolle zum jeweiligen Verfasser möglich ist (Scharmer, in Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 7. Aufl., 2020, § 4a FAO Rn. 52). Die Leistungskontrollen sollen zeigen, dass der Antragsteller selbst erfolgreich am Lehrgang teilgenommen hat (Offermann-Burckart, in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl., 2019, § 4a FAO Rn. 7). Das vom Kl. geschilderte Klausurverfahren gewährleistet jedoch nicht hinreichend die Identität von Klausurverfasser und Person, auf deren Namen am Ende des Lehrgangs das Zeugnis i.S.v. § 6 II FAO ausgestellt wird. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass eine Identitätskontrolle – bei Anmeldung zum Lehrgang oder im Rahmen der Leistungskontrolle – Teil des Verfahrens ist. Ein Auftreten unter einem falschen Namen ist daher nicht ausgeschlossen. Zum anderen ist denkbar, dass ein Dritter gleichzeitig und unbeobachtet die Klausur schreibt und diese Bearbeitung für einen angemeldeten Teilnehmer sowohl abfotografiert als auch postalisch eingereicht wird. Auch wenn beide Konstellationen von erheblicher Energie zur Täuschung des Lehrgangsveranstalters getragen sind und mit dem Bild eines Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) nicht zu vereinbaren sind, reichen sie aus, um die notwendige zweifelsfreie Zuordnung von erbrachter Leistungskontrolle zur späteren Erteilung des Zeugnisses in Frage zu stellen. III. Der Kl. vermag auch mit seinem Hilfsantrag, über den wegen Erfolglosigkeit des Hauptantrags zu entscheiden ist, nicht durchzudringen. Nach der Konzeption des anwaltlichen Berufsrechts im Allgemeinen und der Fachanwaltsordnung im Besonderen beginnt die Prüfungskompetenz der Rechtsanwaltskammern nach § 43c II BRAO i.V.m. §§ 4 ff., 22 FAO erst mit dem Antragsverfahren. Bereits eine generelle Befugnis der Bekl. zur Überwachung der vorgelagerten Leistungskontrolle lässt sich de lege lata nicht begründen. Dementsprechend kann keine Verpflichtung zur Überwachung bestehen. Im Übrigen zielt auch der Hilfsantrag auf die Anerkennungsfähigkeit von Online-Klausuren ab, an der es – wie oben gezeigt – mit Blick auf das geltende Recht fehlt. HINWEISE DER REDAKTION: Die Bewertung der in einem Fachlehrgang angefertigten Klausuren ist einer fachlichen Überprüfung durch die Rechtsanwaltskammern entzogen. Die Kompetenz des Fachausschusses einer Kammer beschränkt sich auf die Prüfung, ob die vom Antragsteller vorgelegten Zeugnisse den Anforderungen des § 6 II FAO an eine erfolgreiche Lehrgangsteilnahme genügen. Der Fachausschuss ist weder berechtigt noch verpflichtet, einen nach § 6 II FAO unzureichenden Nachweis etwa dadurch zu „vervollständigen“, dass er eine im Fachlehrgang nicht bestandene Klausur selbst erneut fachlich beurteilt und entgegen dem Lehrgangsveranstalter als „bestanden“ bewertet (vgl. BGH, BRAK-Mitt. 2008, 218). WIDERRUF DER ERLAUBNIS ZUR FÜHRUNG EINES FACHANWALTSTITELS BRAO § 43c IV 2; FAO § 15 * 1. Wenn ein Fachanwalt die nach § 15 FAO vorgeschriebene Fortbildung nicht absolviert hat und keine besonderen Gründe vorliegen, die den Verstoß gegen die Fortbildungspflicht entschuldigen, ist hinsichtlich der Entscheidung, ob der Widerruf auszusprechen ist oder nicht regelmäßig von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. * 2. Dass ein Fachanwalt mit digitaler Technik nicht vertraut ist und ihm die notwendigen Kenntnisse der Handhabung dieser Technik nicht zur Verfügung geBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 161
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0