BRAK-Mitteilungen 3/2022

standen haben, kann nicht als Entschuldigungsgrund gelten. AGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 7.4.2022 – 1 AGH 8/21 (1/3) AUS DEN GRÜNDEN: I. Der am ... geborene Kl. ist seit dem ...1977 als Rechtsanwalt zugelassen. Seit dem ...2006 führt er die Bezeichnung „Fachanwalt für Erbrecht“. Der Kl. hat mit Schreiben v. 30.12.2020 die Bekl. darum gebeten die Frist zur Vorlage der Fortbildungsbescheinigungen zum Nachweis der Erfüllung der Pflichtfortbildung für das Jahr 2020 bis zum 30.6.2021 zu verlängern. Er begründete die Bitte damit, dass er für das Jahr 2020 ursprünglich zwei Präsenzseminare im ersten Halbjahr 2020 geplant hatte, die aufgrund der Corona Pandemie ausgefallen seien. Auch später geplante Präsenzseminare im November 2020 und Dezember 2020 seien aufgrund der Corona Regelungen nicht möglich gewesen sein. Online-Veranstaltungen seien nicht sein Fall. Er verfüge nicht über die notwendigen Kenntnisse zur Handhabung digitaler Technik. Mit Schreiben der Bekl. v. 21.1.2021 wurde der Kl. aufgefordert mitzuteilen, ob er unverschuldet die Erfüllung seiner Fortbildungsverpflichtungen verabsäumt habe und um Darlegung der maßgeblichen Gründe hierfür gebeten. Hierauf hat der Kl. mit Schreiben v. 4.2.2021 mitgeteilt, dass das zunächst für März 2020 gebuchte Präsenzseminar abgesagt wurde. Weiterhin sei ein für den Dezember 2020 gebuchtes Präsenzseminar mit 15 Stunden am 30.11.2020 abgesagt worden, was für ihn nicht absehbar gewesen wäre. In Pandemiezeiten müsse ein anderer Maßstab für die Erfüllung von Fortbildungsverpflichtungen gelten als sonst. Die Bekl. gab sodann mit Schreiben v. 12.2.2021 nochmals Gelegenheit ein unverschuldetes Versäumnis vorzutragen. Der Kl. wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass im Falle der verschuldeten Säumnis auch bei einem erstmaligen Verstoß gegen die Fortbildungsverpflichtung mit einem Widerruf der Berechtigung zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung gerechnet werden müsse. Die Bekl. wies hierbei darauf hin, dass im Jahre 2020 durchgehend Online-Seminare angeboten wurden, insb. auch noch im Dezember 2020 entsprechende Online-Seminare für die hier interessierende „Fachanwaltschaft für Erbrecht“ stattgefunden hätten. Im Übrigen hätten auch Fortbildungsverpflichtungen in einem Umfange von bis zu fünf Stunden durch Selbststudium erfüllt werden können. Der Kl. hat hierzu mit Schreiben v. 1.3.2021 wiederholt vorgetragen, dass er sich 44 Jahre lang nicht mit digitalen Techniken befasst habe und mangels Vertrautheit mit diesen Medien das Online-Seminar Angebot im Dezember 2020 nicht habe nutzen können, obgleich dies theoretisch möglich gewesen wäre. Mit weiterem Schreiben v. 13.4.2021 hat der Kl. mitgeteilt, dass ihm die Teilnahme an einem Online-Seminar im März 2021 möglich gewesen sei und er sich zwischenzeitlich mit dieser Fortbildungsform arrangiert habe. Mit Bescheid v. 10.11.2021, dem Kl. zugestellt am 19.11.2021, widerrief die Bekl. die Erlaubnis des Kl. zur Führung des Fachanwaltstitels „Fachanwalt für Erbrecht“. Dagegen erhob der Kl. mit Schriftsatz v. 20.12. 2021, eingegangen am gleichen Tag, beim AGH Klage. Die Begründung entspricht den Ausführungen in den vorgerichtlichen Schriftsätzen. Der Kl. führt hier aus, dass die Präsenzveranstaltungen aus pandemischen Gründen von den Veranstaltern abgesagt wurden und er sich im Dezember 2020 in einer unvorhergesehenen Situation befand. Im Laufe des Jahres 2020 habe er stets noch damit rechnen dürfen, dass Präsenzveranstaltungen in ausreichendem Umfange angeboten würden. Aufgrund seiner Nichtbefassung mit digitaler Technik habe er sich nicht in der Lage gesehen im Dezember 2020 diese Technik in Anspruch zu nehmen, obgleich die Teilnahme an einem Online-Fortbildungsseminar möglicherweise kurzfristig einzurichten gewesen wäre. Die Bekl. weist mit Schriftsatz v. 18.2.2022 noch auf ihren Kammerreport Nr. 2/2020 vom September 2020 hin, in dem der Hinweis enthalten ist, dass es aufgrund der COVID-19-Pandemie keine Einschränkungen oder Ausnahmen bei der kalender-jährlichen Fortbildungspflicht gibt und aufgrund der angebotenen Präsenzund Onlineveranstaltungen die Fortbildung im vollem Umfang nach § 15 FAO erfüllt werden müsse. II. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der vom Kl. angefochtene Bescheid der Bekl. ist rechtmäßig. 1. Die Klage ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage statthaft, über die der AGH im ersten Rechtszug zu entscheiden hat (§ 112a I BRAO i.V.m. § 42 VwGO). Die Klage wurde fristgerecht erhoben (§ 74 I 2 VwGO); einer Nachprüfung in einem Vorverfahren bedurfte es nicht (§ 68 I 2 VwGO i.V.m. § 18a I AGVwGO Rhld-Pf). Der Kl. ist berechtigt, sich vor dem AGH, der einem Oberverwaltungsgericht gleichsteht (§ 112c I 2 BRAO) und bei dem gem. § 67 IV 1 VwGO Anwaltszwang besteht, selbst zu vertreten (§ 67 II 8 VwGO). 2. Die Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Die Bekl. hat die Erlaubnis des Kl. zum Führen des Titels „Fachanwalt für Erbrecht“ zu Recht widerrufen. Nach § 43c IV 2 BRAO kann die Erlaubnis zum Führen Recht zum Widerruf einer Fachanwaltsbezeichnung widerrufen werden, wenn eine in der Berufsordnung vorgeschriebene Ausbildung unterlassen wird. § 15 FAO bestimmt hierzu, dass der Fachanwalt kalender-jährlich auf seinem Fachgebiet wissenschaftlich publizieren oder an anwaltlichen Fortbildungsveranstaltungen hörend oder dozierend teilnehmen muss, wobei die Gesamtdauer der Fortbildung nach § 15 III FAO 15 Zeitstunden nicht unterschreiten darf. BRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 162

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