BRAK-Mitteilungen 3/2022

BRAK seit dem Jahr 1977 als Rechtsanwalt zugelassen (Abruf unter www. ...). Mit dem Antrag begehren die Ast. Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2017, da die Einkünfte aus Kapitalvermögen um ca. 30.000 Euro zu hoch berechnet worden seien. Da es sich bei den angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen gem. § 20 I Nr. 1 oder III EStG um Einkünfte aus Kapitalvermögen handele, blieben gem. § 3 Nr. 40 f. EStG 40 % der Einnahmen steuerfrei. Mit der gerichtlichen Eingangsbestätigung v. 8.2.2022 ist dem Bevollmächtigten folgender Hinweis erteilt worden: „Sie haben den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hier am 3.2.2022, 16:31 Uhr per Fax-Schriftsatz anhängig gemacht. Sie werden darauf hingewiesen, dass § 52d Finanzgerichtsordnung – FGO – eine Nutzungspflicht des sog. elektronischen Rechtsverkehrs u.a. für Rechtsanwälte vorsieht. Hiernach sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Damit liegt der Antrag nach § 69 III FGO bisher nicht formgerecht vor. Da der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an keine Frist gebunden ist, wird Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, den Mangel der Form zu heilen, indem der Antragsschriftsatz noch in der vorgesehenen elektronischen Form nachgereicht wird.“ Der Bevollmächtigte hat sich hierzu nicht weiter geäußert. Die Ast. beantragen, die Aussetzung der Vollziehung für einen Teilbetrag der festgesetzten Einkommensteuer/Zinsen zur Einkommensteuer/Solidaritätszuschlag 2017, welche auf die Steuer zurückzuführen ist, die auf die zu hoch berechnete Einkünfte aus Kapitalvermögen entfällt (ca. 30.000 Euro). Der Ag. hat bisher keinen Antrag gestellt. II. Der Antrag ist unzulässig, weil es ihm an der gesetzlich vorgeschriebenen Form fehlt. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 III FGO ist nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden. 1. Nach § 69 III FGO kann das Gericht nur auf Antrag entscheiden. Hinsichtlich der Form und des Inhalts des Antrags gelten §§ 64, 65 FGO sinngemäß (Stapperfend, in Gräber, 9. Aufl. 2019, § 69 FGO Rn. 133). Die Schriftform wird im Anwendungsbereich des § 52d elektronisches Dokument erforderlich FGO durch die elektronische Form verdrängt. Gem. § 52d S. 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gemäß § 52a III FGO muss das elektronische Dokument wahlweise mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Als sicheren Übermittlungsweg sieht § 52a IV Nr. 2 FGO bspw. die Übermittlung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a BRAO i.V.m. der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach – ERVV – v. 24.11.2017 vor. Hiernach war der Bevollmächtigte verpflichtet, den Antrag gem. § 69 III FGO als elektronisches Dokument zu übermitteln; das Fax entsprach dem ersichtlich nicht. Der Bevollmächtigte ist auch Verpflichteter des § 52d Anknüpfung an Anwaltseigenschaft FGO, denn die Norm knüpft allein an den Status (Zulassung) als Rechtsanwalt an. Dass der Bevollmächtigte zugleich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen ist, ändert an der Pflicht zur elektronischen Übermittlung nach § 52d FGO nichts. Er kann sich nicht darauf berufen, dass eine Nutzungspflicht für Steuerberater noch nicht besteht. Soweit teilweise vertreten wird (www. ...), dass bei einer Mehrfachzulassung ein Bevollmächtigter als Rechtsanwalt zwar unter die Nutzungspflicht falle, er aber „in Eigenschaft als Steuerberater“ erst ab 2023 unter die aktive Nutzungspflicht falle, kann dem nicht gefolgt werden. Die Berufsausübungspflichten als Rechtsanwalt sind nicht teilbar und knüpfen allein an die Zulassung als Rechtsanwalt an. Soweit in der Beziehung zum Mandanten (Auftraggeber) bspw. eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Abrechnung nach dem RVG bzw. der StBGebV vertreten wird, wenn der Auftraggeber entsprechend informiert wird (Mayer, in Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, § 1 Rn. 66) und bei der Frage der Vorschussrückforderung entsprechend auf den Schwerpunkt der vertraglichen Verpflichtung abzustellen ist (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.3.2004 – I-23 U 66/03, juris), ist dies nicht auf die hier zu entscheidende Frage zu übertragen. Eine Wahlfreiheit widerspricht dem Sinn und Zweck der aktiven Nutzungspflicht, denn die Nutzungspflicht soll die Digitalisierung der Justiz allgemein fördern (möglichst umfassende und medienbruchfreie Kommunikation). Eine Wahlfreiheit wird entsprechend auch bei Syndikusrechtsanwälten von Verbänden in der Arbeitsgerichtsbarkeit verneint (Heimann/Steidle, NZA 2021, 521, 524 f.). Letztlich spricht gegen eine Wahlfreiheit, dass die Norm selbst nur eine enge technische Ausnahme vorsieht, falls die Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich ist. Eine dauerhafte Mehrfachzulassung kann einem vorübergehenden Ausfall der Technik aber nicht gleichgestellt werden. Der Bevollmächtigte ist hierauf auch unmittelbar durch das Gericht hingewiesen worden, um ihm die Möglichkeit der formgerechten Antragstellung zu ermöglichen, weil der Antrag nach § 69 III FGO an keine Frist gebunBRAK-MITTEILUNGEN 3/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 166

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0