BRAK-Mitteilungen 4/2022

erstmaligen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an einer Lehrveranstaltung über das anwaltliche Berufsrecht teilzunehmen. Die Lehrveranstaltung muss mindestens zehn Zeitstunden dauern und die wesentlichen Bereiche des anwaltlichen Berufsrechts umfassen. Von diesen Verpflichtungen ausgenommen sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die vor dem 1.8.2022 erstmalig zugelassen wurden oder die innerhalb von sieben Jahren vor der erstmaligen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an einer Lehrveranstaltung i.S.d. § 43f I BRAO teilgenommen haben. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass die Vorschrift der Sicherung der Qualität der anwaltlichen Dienstleistung dienen soll. Die Kenntnisse der Rechte und Pflichten sollen den Rechtsuchenden und der Rechtspflege dienen.4 4 BT-Drs. 19/30516 v. 9.6.2021, 44 ff. Um die Prüfungsanforderungen nicht zu belasten, wurden die Kenntnisse nicht als Prüfungsstoff für das Examen vorgesehen, sondern als anwaltliche Pflicht ausgestaltet. In der Begründung wird auch hervorgehoben, dass die Kenntnisse schon während des Studiums erworben werden können. Aus der Begründung ergibt sich ferner, dass bewusst keine konkreten Vorgaben zu Anbietern und zur Ausgestaltung der Lehrveranstaltungen gemacht wurden. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass zukünftig durch die Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern, der Anwaltvereine und sonstige Ausbildungsanbieter diese Inhalte zur Verfügung gestellt werden. Neben klassischen Seminaren erscheint es dem Gesetzgeber auch denkbar, dass die elektronischen Medien genutzt werden. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass die entsprechenden Kenntnisse bereits im Studium erworben werden können. II. „WESENTLICHE BEREICHE DES BERUFSRECHTS“ ALS VORGABE Da keine inhaltlichen Vorgaben gemacht werden sollten, wurde nur vorgegeben, dass die wesentlichen Bereiche des Berufsrechts umfasst sein müssen. Die konkrete Ausgestaltung und die näheren Vorgaben sollten von der Satzungsversammlung festgelegt werden. Mit § 59 II Nr. 1 lit. h BRAO wurde die Ermächtigungsgrundlage für die Ergänzung der BORA durch die Satzungsversammlung geschaffen. Gerade weil die näheren Vorgaben durch die Satzungsversammlung erfolgen sollten, hat der Gesetzgeber lediglich einen unverbindlichen Katalog der zu vermittelnden Kenntnisse im Berufsrecht aufgeführt: „Organisation des Berufs, Grundpflichten des Rechtsanwalts (Unabhängigkeit, Verschwiegenheit – einschließlich der prozessualen Folgen für Zeugnisverweigerung und Beschlagnahme –, Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, Pflichten beim Umgang mit anvertrauten Vermögenswerten, Fortbildung), Aufklärungs- und Informationspflichten (unter anderem zur Vergütung) gegenüber der Mandantschaft, Berufsaufsicht und berufsrechtliche Sanktionen, Grundzüge des anwaltlichen Haftungsrechts.“5 5 Vgl. BT-Drs. 19/30516 v. 9.6.2021, 45. III. AUSGESTALTUNG DURCH DIE SATZUNGSVERSAMMLUNG Diese Vorgaben und das Bedürfnis, eine möglichst umfassende Gestaltung der neuen Vorschrift zu erreichen, hat zu umfangreichen Diskussionen innerhalb des zuständigen Ausschusses 5 – Aus- und Fortbildung der Satzungsversammlung geführt. Die inhaltliche Ausgestaltung des § 43f BRAO hat einige Herausforderungen mit sich gebracht. Allein der Umstand, dass der Gesetzgeber für die Erlangung der grundlegenden Kenntnisse in Berufsrecht nur zehn Zeitstunden vorgegeben hat, führte zwangsläufig dazu, dass ein zunächst angedachter umfangreicher Themenkatalog als zu umfangreich erachtet wurde. Ferner bestand das Problem, dass der Gesetzgeber diese zehnstündige Veranstaltung nicht als Zulassungsvoraussetzung ausgestaltet hat, sondern als berufsrechtliche Pflicht in der Weise, dass innerhalb des ersten Jahres nach der Erstzulassung der Nachweis über diese Lehrveranstaltung in der örtlichen Rechtsanwaltskammer vorgelegt werden muss. Die Prüfung und die Kontrolle obliegt demnach allein den Rechtsanwaltskammern. Bei der Ausarbeitung der Bestimmung war ferner zu berücksichtigen, dass mit den Anforderungen des § 43f BRAO keine Erschwernisse für den Berufsstart geschaffen werden sollten. Gedacht ist an eine Hilfestellung für junge Kolleginnen und Kollegen, damit sie zu Beginn ihrer anwaltlichen Tätigkeit das Rüstzeug erhalten, um die doch sehr komplexen Anforderungen des Berufsrechts von Anfang an zu verstehen und mit diesen Themen souverän umzugehen. IV. TRÄGER DER AUSBILDUNG IM BERUFSRECHT Aufgrund der Tatsache, dass ein Zeitraum von sieben Jahren vor der Zulassung festgelegt wurde, in dem die berufsrechtlichen Kenntnisse erworben werden können (vgl. § 43f II BRAO), sind auch die Universitäten angesprochen. Gerade die Lehrstühle, die anwaltliches Berufsrecht anbieten, sind prädestiniert dafür, schon im Studium Angebote zu machen und die Lehrgangsbestätigung auszuhändigen. HEYDER, KENNTNISSE IM BERUFSRECHT – DIE NEUREGELUNG DES § 43F BRAO AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 191

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