einzig die unmittelbare Zustellung nach Art. 15 EuZVO offen. Der Partei steht es nicht frei, nach ihrem Belieben eine Ersetzung dieser Zustellungsart durch eine Zustellung von Amts wegen durch Postdienste nach Art. 14 EuZVO zu verlangen. b) PROZESSKOSTENSICHERHEIT IN VOLLSTRECKBARERKLÄRUNGSVERFAHREN (SCHIEDSSPRÜCHE) Nach § 110 ZPO haben Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt weder in der Europäischen Union noch im Europäischen Wirtschaftraum haben, eine Kostensicherheit zu leisten. Teile der Literatur bejahen die Anwendbarkeit der §§ 110 ff. ZPO auf andere Verfahren als Klageverfahren, sofern sich die Beteiligten wie Kläger und Beklagte gegenüberstehen und sofern Sinn und Zweck des Verfahrens für eine Analogie der §§ 110 ff. ZPO sprechen. Unter Geltung des alten Schiedsrechts entschied der BGH, dass ein Ausländer mit seinem Antrag, einen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, keine Kostensicherheit zu leisten braucht, wenn über den Antrag im Beschlussverfahren entschieden wird.11 11 BGH, Urt. v. 22.9.1969 – VII ZR 192/68, NJW 1969, 2089. In seiner aktuellen Entscheidung12 12 BGH, Beschl. v. 29.9.2021 – I ZB 21/21, SchiedsVZ 2022, 32, 33. verneint der BGH die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 110 ff. ZPO auch auf den (Gegen-)Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs. Der Aufhebungsantrag gehe über den kontradiktorischen Charakter des Antrags auf Vollstreckbarerklärung hinaus, da er nach § 1060 II 3 ZPO dem Antragsgegner auch nach Ablauf der in § 1059 III ZPO bestimmten Fristen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen nach § 1059 II Nr. 1 ZPO ermöglicht. Auch ein Widerkläger, der ein über das kontradiktorische Gegenteil der Klage hinausgehendes Rechtsschutzziel verfolgt, ist nach § 110 II Nr. 4 ZPO von der Verpflichtung, Sicherheit zu leisten, befreit. c) KEINE AUFHEBUNG WEGEN VERSPÄTUNG DES SCHIEDSSPRUCHS Schiedsgerichte werden gegenüber staatlichen Gerichten als fachkompetenter und Schiedsverfahren als zügiger angesehen. Das OLG Frankfurt a.M. hatte darüber zu entscheiden,13 13 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.5.2021 – 26 Sch 1/21, BeckRS 2021, 11890. ob eine überlange Zeitzäsur zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Erlass des Schiedsspruchs einen Aufhebungsgrund begründet. Das OLG spricht sich gegen analoge Anwendung von § 310 I ZPO auf Schiedsverfahren aus. Selbst wenn man § 310 ZPO – zu Unrecht – entsprechend auch auf Schiedsverfahren anwenden wollte, hätte ein etwaiger Verstoß eines Schiedsgerichts gegen § 310 I 2 ZPO nicht zwangsläufig zur Folge, dass ein Schiedsspruch dieses Schiedsgerichts erfolgreich mit einem Aufhebungsantrag nach § 1059 II Nr. 1 lit. d ZPO angegriffen werden könnte. Im Unterschied zu einer Verletzung von Verfahrensvorschriften, die individuelle Verfahrensrechte der Parteien regeln, trifft der verspätete Erlass eines Schiedsspruchs typischerweise beide Parteien in gleicher Weise. Das OLG hält es unter dem Aspekt einer Waffengleichheit der Parteien für nicht gerechtfertigt, eine Aufhebungsmöglichkeit zu eröffnen, die typischerweise nur die unterlegene Partei begünstigt. d) VOLLSTRECKBARERKLÄRUNG EINES SCHIEDSSPRUCHS NACH ERÖFFNUNG DES INSOLVENZVERFAHRENS Das BayObLG hat über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs entschieden,14 14 BayObLG, Beschl. v. 18.11.2021 – 102 Sch 142/21, NZI 2022, 142. der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde. Der Schiedsspruch betraf eine die Insolvenzmasse betreffende Gläubigerforderung. Nach dem BayObLG ist der Antrag unzulässig wegen fehlender Prozessführungsbefugnis. Aus einer Negativerklärung des Insolvenzverwalters nach § 35 II 1 InsO folgt nichts anderes. Denn diese Erklärung wirkt nur ex nunc; zu diesem Zeitpunkt bereits entstandene Forderungen und bereits bestehende Verpflichtungen gehören weiter zur Insolvenzmasse und unterliegen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Der Antragsteller hat deshalb seine Ansprüche nach § 87 InsO im Wege der §§ 174 ff. InsO zu verfolgen. 4. TATSACHENVORTRAG UND BEWEIS a) OFFENKUNDIGKEIT IM INTERNET Nach § 291 ZPO bedürfen offenkundige Tatsachen keines Beweises. Möchte ein Gericht dem Internet entnommene Tatsachen als offenkundig seinem Urteil zugrunde legen, muss es den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Ein Hinweis ist nur entbehrlich, wenn es sich um Umstände handelt, die den Parteien ohne Weiteres gegenwärtig sind und von deren Entscheidungserheblichkeit sie wissen.15 15 BGH, Beschl. v. 27.1.2022 – III ZR 195/20, BeckRS 2022, 3240. b) GEWÄHRUNG EINER SCHRIFTSATZFRIST NACH DER BEWEISAUFNAHME Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden, § 296a S. 1 ZPO. Eine Ausnahme gilt nach § 296a S. 2 ZPO insbesondere für nachgelassene Schriftsätze (§§ 139 V, 283 ZPO). Räumt das (Berufungs-)Gericht einer Partei die Möglichkeit ein, zur Beweisaufnahme durch nachgelassenen Schriftsatz Stellung zu nehmen, wird für die betroffene Partei der Schluss der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des zulässigen Erwiderungsvorbringens bis zum Ablauf der Frist verlängert. Die Partei ist dann auch dazu berechtigt, neue Beweisanträge zu stellen. Das Berufungsgericht darf einen im nachgelassenen Schriftsatz gestellten Beweisantrag nicht (allein) mit der Begründung ablehnen, die Partei hätte den Beweisantrag bereits früher stellen können, weil er nicht erst ULTSCH, DIE ENTWICKLUNG DES ZIVILVERFAHRENSRECHTS AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 195
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