tragen und dafür Sorge tragen muss, dass die zu Gunsten seines Mandanten sprechenden rechtlichen Gesichtspunkte möglichst umfassend berücksichtigt werden. Hier war unklar, inwieweit der Mandant ihm tatsächlich relevante Umstände geschildert hatte – im Haftpflichtprozess wurde behauptet, die Neffen hätten sich bei verschiedenen Anlässen kaum um ihre Tante gekümmert. Auch wenn das den Anwalt nicht überzeugte, hätte er dies zumindest vortragen müssen. Das OLG sieht jedoch – nach ausführlicher Erörterung – keine haftungsausfüllende Kausalität, da selbst auch die nun im Haftpflichtprozess vorgebrachten Umstände die Adoption letztlich nicht verhindert hätten. Verurteilt wurde der Anwalt allerdings zur Rückzahlung der Vergütung: Da er seiner Verpflichtung, die Kläger über die Erfolgsaussichten ihrer Stellungnahme im Adoptionsverfahren zu informieren, nicht genügt habe und ohne Rücksprache mit dem Kläger und seiner Ehefrau im Adoptionsverfahren untätig geblieben sei, sei die erbrachte Dienstleistung objektiv wertlos oder unbrauchbar gewesen. Einen Vergütungsanspruch lehnte das OLG daher ab. (ju) DRITTWIDERKLAGE GEGEN DEN MANDANTEN Zur Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage, die der vom Rechtsschutzversicherer aus gem. § 86 I 1 VVG übergegangenem Recht in Anspruch genommene Rechtsanwalt im Wege der isolierten Drittwiderklage gegen den Versicherungsnehmer erhebt. BGH, Urt. v. 27.4.2022 – IV ZR 344/20, NJW RR 2022, 781 Gegenstand dieses Urteils des IV. Zivilsenats des BGH sind nicht unmittelbar Fragen der anwaltlichen Haftung. Allerdings wird im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme eines Anwalts ein zivilprozessuales Thema behandelt, das durchaus von allgemeinem Interesse ist. Geklagt hatte zunächst eine Rechtsschutzversicherung gegen eine Rechtsanwältin aus übergegangenem Recht gem. § 86 VVG wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen gegenüber dem Versicherungsnehmer, also dem Mandanten. Die Anwältin hat darauf eine Widerklage gegen den Mandanten auf Feststellung erhoben, dass diesem keine Ansprüche zustehen. Denkbar wäre ein solcher Schritt beispielsweise auch aus taktischen Gründen, wenn man den eigenen Mandanten als Zeugen ausschalten möchte. Das AG sah in erster Instanz schon keine Pflichtverletzung, wies die Drittwiderklage allerdings als unzulässig ab, weil es kein Feststellungsinteresse sah. Dagegen legte allein die Anwältin Berufung ein, die vom LG zurückgewiesen wurde. Das Gericht meinte, § 33 ZPO würde zwar grundsätzlich nicht gegen die Zulässigkeit der isolierten Widerklage sprechen. Allerdings habe der BGH die Drittwiderklage in ähnlicher Konstellation bislang nur bei Abtretungsverhältnissen gesehen. Die Interessenlage sei nun aber nicht auf den Anspruchsübergang gem. § 86 I VVG übertragbar. An der Wirksamkeit des versicherungsvertraglichen Anspruchsübergangs könne generell kein Zweifel bestehen, da Voraussetzung für den Übergang lediglich die tatsächliche Leistung sei, so dass der Kläger kein Bedürfnis habe, das Rechtsverhältnis zum Dritten (hier der Mandant, dort der Zedent) prüfen zu lassen. Das LG ließ allerdings die Revision zu. Der BGH widerspricht der Berufung in diesem entscheidenden Punkt. Der Senat führt aus, dass die isolierte Drittwiderklage zwar regelmäßig unzulässig sei. In bestimmten Fällen soll es den Gerichten aber aus prozessökonomischen Gründen möglich sein, über einen einheitlichen Lebenssachverhalt komplett zu verhandeln und zu urteilen. Entscheidend sei eine in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht enge Verknüpfung zwischen den Streitgegenständen von Klage und Drittwiderklage bei gleichzeitig fehlender Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange der Interessen des Drittwiderbeklagten. Das sei auch beim Anspruchsübergang nach § 86 VVG gegeben. Der Beklagte könne nicht sicher sein, im Streit gegen den Rechtsschutzversicherer auch zu einem rechtskräftigen Urteil gegen den Mandanten über den letztlich gleichen Anspruch zu kommen, so dass ihm die prozessuale Möglichkeit bleiben müsse, die Frage einheitlich klären zu lassen für den Fall, dass der Anspruchsübergang aus Gründen scheitern sollte, die im Versicherungsverhältnis liegen können. Das Rechtsschutzinteresse für eine isolierte Drittwiderklage als negative Feststellungsklage sei deshalb dann gegeben, wenn sich der Mandant eines eigenen Anspruchs berühme. Das allerdings hatte das LG – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht weiter geprüft, so dass die Sache zurückverwiesen wurde. (bc) FRISTEN beA: ERLEICHTERTE FORMVORSCHRIFTEN SEIT 1.1.2022 1. Das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften sieht ab dem 1.1.2022 Erleichterungen der Formalitäten bei Einreichung eines elektronischen Dokuments vor. Ob sie anwendbar sind, hängt davon ab, wann eine prozessuale Frist abläuft, die gewahrt werden soll. 2. Für die Formwirksamkeit der Einreichung eines elektronischen Dokuments ist lediglich noch zwingend, dass es im PDF-Format eingereicht wird. Dann ist entscheidend, ob das elektronische Dokument konkret zur Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist, auch wenn die vorgesehenen Standards nicht eingehalten sind. Es ist formunwirksam, wenn es nach dem konkreten Stand der elektronischen Aktenbearbeitung nicht bearbeitet werden kann, ohne ausgedruckt zu werden. JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AUFSÄTZE 200
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