BRAK-Mitteilungen 4/2022

§ 130d S. 2 ZPO einen Rettungsweg aufzeigt: Ist die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften (z.B. per Telefax oder in Papier) zulässig. Auf ein Verschulden des Rechtsanwalts kommt es dabei nicht an. Allerdings ist die Ersatzeinreichung von zwei weiteren Voraussetzungen abhängig: Nach § 130d S. 3 ZPO ist die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. „Unverzüglich“ bedeutet, dass man sich nicht etwa so lange Zeit lassen darf, bis das Gericht nachfragt. Das OLG München verlangt, dass das technische Problem direkt mit der Ersatzeinreichung (hier per Telefax) glaubhaft gemacht werden muss „oder jedenfalls unverzüglich nach der Einreichung“. Der zwei Tage später erfolgte Hinweis des Gerichts hätte jedenfalls nicht abgewartet werden dürfen. Der Senat sah zudem die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin nicht als ausreichend an. Es hätte die entsprechende Fehlermeldung, „Sendequittung“ o.ä., vorgelegt werden müssen. Es empfiehlt sich, bei auftretenden Problemen sogleich Screenshots zu fertigen, die zeitnah zur Glaubhaftmachung eingereicht werden können. (ju) § 130a ZPO/§ 32a STPO: NACHREICHUNG UND WIEDEREINSETZUNGSANTRAG NUR FORMGERECHT 1. Die in § 32a VI 2 StPO vorgesehene Fiktion fristwahrender Einlegung nach Hinweis auf die mangelnde Eignung einer zuvor mittels elektronischen Dokumentes eingereichten Revisionsbegründung kann nur durch die Einreichung eines für die Bearbeitung durch das Gericht geeigneten elektronischen Dokumentes ausgelöst werden, nicht durch Übermittlung einer Revisionsbegründung in Papierform. 2. Ebenso genügt nur die Einreichung eines für die Bearbeitung durch das Gericht geeigneten elektronischen Dokumentes den Anforderungen einer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigenden Nachholung der versäumten Handlung. OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.2.2022 – 1 Ss 28/22 § 130a VI ZPO (und gleichlautend § 32a StPO) bietet ebenfalls eine Rettungsmöglichkeit: Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Es geht hier im Wesentlichen um unzulässige Dateiformate. Der Verteidiger hatte die Revisionsbegründung als Word-Dokument eingereicht. Auch hier kommt es zunächst nicht auf Verschulden an. Voraussetzung für eine wirksame Nachreichung ist jedoch nach § 130a VI 2 ZPO, dass der Absender unverzüglich nach Hinweis des Gerichts den Schriftsatz „in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form“ nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt. Das muss dann also eine allen Formvorschriften genügende Einreichung aus dem beA sein – und nicht etwa, wie hier geschehen, per Telefax. Eines Wiedereinsetzungsantrags bedarf es bei formgerechter Nachreichung normalerweise nicht. Wenn aber, evtl. aus anderen Gründen, auch eine Wiedereinsetzung in Betracht kommt, muss auch dieser Schriftsatz – und insbesondere derjenige mit der nachgeholten Prozesshandlung – dann formgerecht aus dem beA versandt werden. Im „zweiten Anlauf“ muss also alles passen. (ju) KEIN VERTRAUEN AUF INTERNE FRISTBERECHNUNGEN DES GERICHTS BEI FRISTVERLÄNGERUNGSANTRAG 1. Eine „antragsgemäße“ Fristverlängerung um einen Monat ist regelmäßig dergestalt auszulegen, dass die ohne Einwilligung des Gegners längstmögliche Fristverlängerung erstrebt sei. 2. Der mit der Einlegung der Berufung beauftragte Rechtsanwalt muss in eigener Verantwortung die für die Berechnung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist maßgebenden Daten überprüfen und zuverlässig feststellen. (eigene Ls.) BGH, Beschl. v. 12.5.2022 – V ZB 58/21 Das Urteil erster Instanz ist den Prozessbevollmächtigten am 23.1.2020 zugestellt worden; der zweitinstanzlich tätige Anwalt hat hiergegen fristgerecht „gegen das am 24.1.2020 zugestellte Urteil“ Berufung eingelegt und zugleich um Verlängerung der Begründungsfrist um einen Monat gebeten. Auf der der Berufung beigefügten Abschrift war „beA 23.1.2020“; „Berufungsfrist 24.2.2020“ (der 23.2.2020 war ein Sonntag) sowie „Begründungsfrist 23.3.2020“ vermerkt. In der Gerichtsakte wurde zunächst der 24.3.2020 vermerkt. Wegen der erst am 24.4.2020 eingegangenen Begründung hat der Berufungsführer zum einen vorgetragen, die Frist sei wegen des Aktenvermerks und der Verlängerung um einen Monat noch gar nicht verstrichen gewesen, zum anderen hat er Wiedereinsetzung beantragt. Beide Wege führten nicht zum gewünschten Ziel. Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass die Frist am 24.4.2020 nicht mehr gewahrt werden konnte. Der BGH hält diese tatrichterliche Würdigung für vertretbar. Der Verlängerungsantrag sei so auszulegen, dass die längstmögliche Fristverlängerung erstrebt gewesen wäre, ohne dass die Gegenseite dem hätte zustimmen müssen. Damit sei vom zutreffenden und im Übrigen auch in der Anlage zum Schriftsatz genannte Zustelldatum, dem 23.1.2020, auszugehen. Die „antragsgemäße“ Verlängerung konnte nicht darüber hinausgehen. Blieb also die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hier sah der BGH aber eine eigene BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 AUFSÄTZE 202

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