lichen Versicherungen vor, steht der Annahme des Nachweises persönlicher Bearbeitung nicht grundsätzlich entgegen, wenn Schriftsätze fast ausnahmslos von den mandatierten Anwälten unter deren Briefkopf unterzeichnet wurden, auch wenn sich überwiegend keine eindeutig auf die Urheberschaft des Antragstellers hinweisenden Diktatzeichen finden. BGH, Beschl. v. 19.4.2022 – Anwz (Brfg) 1/22 AUS DEN GRÜNDEN: [1] I. Die Kl. ist seit dem Jahr 2011 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Sie beantragte am 13.12.2018 bei der beklagten RAK, ihr die Bezeichnung „Fachanwältin für Vergaberecht“ zu verleihen. Die Bekl. lehnte mit Bescheid v. 20.7.2020 den Antrag der Kl. ab. Auf die hiergegen gerichtete Klage der Kl. hat der AGH den Bescheid der Bekl. v. 20.7.2020 aufgehoben und die Bekl. verpflichtet, der Kl. die Befugnis zu verleihen, die Bezeichnung „Fachanwältin für Vergaberecht“ zu führen. Die Bekl. beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des AGH. [2] II. Der Antrag ist nach § 112e S. 2 BRAO, § 124a IV VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 1, 2 und 3 VwGO) liegen nicht vor. [3] 1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e S. 2 BRAO, § 124 II Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschl. v. 27.4.2016 – AnwZ (Brfg) 3/16 Rn. 3 und v. 16.3.2015 – AnwZ (Brfg) 47/14 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Entsprechende Zweifel vermag die Bekl. mit ihrer Antragsbegründung nicht darzulegen. [4] a) Solche Zweifel bestehen nicht im Hinblick darauf, dass der AGH für eine persönliche Fallbearbeitung i.S.v. § 5 I 1 FAO eine inhaltliche Befassung der Kl. mit den von ihr bearbeiteten gerichtlichen Verfahren hat genügen lassen. [5] aa) Nach § 2 I FAO hat ein Ast. für die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung u.a. besondere praktische Erfahrungen nachzuweisen. Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen im Vergaberecht setzt nach § 5 I 1 Buchst. v S. 1 FAO voraus, dass der Ast. innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei 40 Fälle aus den Bereichen des § 14o FAO bearbeitet hat, davon mindestens fünf gerichtliche Verfahren oder Nachprüfungsverfahren (künftig: gerichtliche Verfahren/Fälle). Ob die von der Kl. insoweit vorgelegten Unterlagen zum Nachweis ausreichen, ist als Rechtsfrage gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Senat, Beschl. v. 27.4.2016 – AnwZ (Brfg) 3/16, AnwBl. Online 2016, 529 Rn. 4 m.w.N.). [6] bb) Soweit der AGH – beruhend auf der Fallliste der Kl. v. 19.3.2019 – ein hinreichendes Fallquorum außergerichtlicher Fälle angenommen hat, wird dies von der Bekl. nicht in Frage gestellt. Aber auch, soweit der AGH davon ausgegangen ist, dass die Kl. die persönliche und weisungsfreie Bearbeitung der in der Fallliste v. 19.3.2019 aufgeführten gerichtlichen Verfahren nachgewiesen hat, vermag die Bekl. keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen. [7] (1) Eine persönliche Bearbeitung von Fällen i.S.v. § 5 persönliche Bearbeitung I 1 FAO ist nach der Rechtsprechung des Senats gegeben, wenn sich der Rechtsanwalt – namentlich durch Anfertigung von Vermerken und Schriftsätzen oder die Teilnahme an Gerichts- und anderen Verhandlungen – selbst mit der Sache inhaltlich befasst hat; beschränkt sich seine Befassung dagegen auf ein Wirken im Hintergrund, liegt eine persönliche Bearbeitung nicht vor. Ein solches Wirken im Hintergrund ist bei einer bloß untergeordneten, unterstützenden Zuarbeit anzunehmen, etwa wenn der Ast. nur eng umgrenzte Teilaspekte eines Falles bearbeitet, keinen eigenen Schriftsatz angefertigt und auch nicht an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen hat (Senat, Urt. v. 10.10.2011 – AnwZ (Brfg) 7/10, NJW-RR 2012, 296 Rn. 14; Beschl. v. 4.11.2009 – AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 13 und v. 25.10.2006 – AnwZ (B) 80/05, NJW 2007, 599 Rn. 8; vgl. auch BVerfG, NJW 2007, 1945 für den Fall eines Syndikusanwalts; Scharmer, in Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 7. Aufl., § 5 FAO Rn. 327 f.; Günther, in BeckOK FAO, § 5 Rn. 3 (Stand: 1.2.2022); Offermann-Burckart, in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl., § 5 FAO Rn. 29, 36; Weyland/Vossebürger, BRAO, 10. Aufl., § 5 FAO Rn. 9; Quaas, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 5 FAO Rn. 19). Diese Grundsätze gelten auch für angestellte Rechtsanwälte (Senat, Urt. v. 10.10.2011, a.a.O. m.w.N.; Scharmer, a.a.O. Rn. 325; Günther, a.a.O. Rn. 4; Vossebürger, a.a.O.; Quaas, a.a.O.). [8] Eine im vorgenannten Sinne persönliche BearbeiNachweispflicht tung hat der Rechtsanwalt in der Form des § 6 FAO nachzuweisen, soweit er nicht durch die Verwendung eines eigenen Briefkopfs oder in ähnlicher Weise nach außen als Bearbeiter in Erscheinung tritt (Senat, Urt. v. 10.10.2011; Beschl. v. 4.11.2009; jeweils a.a.O.). Dabei sind auch anwaltliche Versicherungen von Rechtsanwälten zu berücksichtigen, von denen der Ast. Fälle zur eigenständigen persönlichen Bearbeitung erhalten hat (Senat, Urt. v. 10.10.2011, a.a.O. Rn. 15; Beschl. v. 4.11.2009, a.a.O. Rn. 14; Scharmer, a.a.O. Rn. 331; Günther, a.a.O.; Vossebürger, a.a.O.). Liegen solche anwaltlichen Versicherungen vor, steht der Annahme des Nachweises persönlicher Bearbeitung nicht grundsätzlich entgegen, wenn Schriftsätze fast ausnahmslos von den mandatierten Rechtsanwälten unter deren Briefkopf unterzeichnet wurden, auch wenn sich überwiegend keine eindeutig BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 217
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