BRAK-Mitteilungen 4/2022

er weder mittelbar noch unmittelbar am Erlass hoheitlicher Maßnahmen im Rahmen der der Kreishandwerkerschaft bzw. den ihr angeschlossenen Innungen obliegenden hoheitlichen Pflichtaufgaben beteiligt sei. Das gelte insbesondere auch für die Beteiligung des Beigeladenen an Prüfungen und Ausschüssen oder an der Beitrags- und Gebührenerhebung der Körperschaften. Die Tätigkeit des Beigeladenen entspreche den Anforderungen des § 46 II-V BRAO. Auch wenn er zahlreiche repräsentative Aufgaben wahrnehme und an Ausschusssitzungen und Innungsversammlungen teilnehme, ergebe sich aus der Darstellung seiner unstreitig anwaltlichen Tätigkeiten in der Tätigkeitsbeschreibung und seiner glaubhaften Einlassung in der mündlichen Verhandlung, dass die von ihm geschilderte rechtliche Beratung und teilweise Vertretung von 900 Mitgliedsbetrieben der Innungen 75 % bis 80 % seiner Tätigkeit ausmache. Diese Beratungs- und Vertretungstätigkeit sei gem. § 46 V BRAO auf Rechtsangelegenheiten seiner Arbeitgeberin beschränkt, da insoweit ein Ausnahmefall entsprechend § 46 V 2 Nr. 2 BRAO in Form erlaubter Rechtsdienstleistungen der Arbeitgeberin gegenüber ihren Mitgliedern (§ 8 I Nr. 2 RDG) vorliege. [4] Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Kl. unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, der Beigeladene sei im Rahmen der ihm als Geschäftsführer übertragenen Aufgaben der laufenden Verwaltung hoheitlich tätig. Das sei insbesondere im Zusammenhang mit den der Kreishandwerkerschaft obliegenden Pflichtaufgaben der Interessenwahrnehmung (§ 87 Nr. 1 HwO), der Durchführung der von der Handwerkskammer erlassenen Vorschriften und Anordnungen (§ 87 Nr. 6 HwO), der auf Ersuchen übernommenen Geschäftsführung ihrer Mitgliedsinnungen (§ 87 Nr. 5, § 54 HwO) und bei der Erhebung von Gebühren und Beiträgen der Körperschaften der Fall. Zudem sei die Tätigkeit des Beigeladenen entgegen § 46 V BRAO nicht durch anwaltliche Tätigkeiten ausschließlich in Angelegenheiten seiner Arbeitgeberin geprägt, da die vom Anwaltsgerichtshof angenommene erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung des § 46 V 2 Nr. 2 BRAO hinsichtlich der Beratung von Innungsbetrieben nicht in Betracht komme. [5] Die Kl. beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des AGH des Landes Nordrhein-Westfalen v. 5.1.2021 den Bescheid der Bekl. v. 15.6.2020 aufzuheben. [6] Die Bekl. beantragt, die Berufung der Kl. zurückzuweisen. [7] Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, weder aus den Geschäften der laufenden Verwaltung noch aus der (gerichtlichen) Vertretung der Kreishandwerkerschaft und der Innungen ergebe sich ein hoheitliches Handeln des Beigeladenen, dessen Tätigkeit maßgeblich in der Interessenvertretung und der Mitgliederberatung bestehe. Die hoheitlichen Tätigkeiten der Kreishandwerkerschaft würden durch deren Vorstand ausgeübt oder seien teilweise der Handwerkskammer D. übertragen bzw. dort verblieben. Der Erlass von Beitragsbescheiden finde ohne Zutun des Beigeladenen statt, der auf deren Inhalt keinen Einfluss habe, da die Bescheide anhand der Beitragsordnungen der Innungen erstellt und vom Vorstand unterzeichnet würden. § 46 V BRAO stehe einer Zulassung nicht entgegen, da ein Ausnahmefall gem. § 46 V 2 Nr. 2 BRAO vorliege. [8] Der Senat hat den Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen. AUS DEN GRÜNDEN: [9] Die Berufung der Kl. ist nach § 112e S. 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e S. 2 BRAO, § 124a V und VI VwGO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. Der Zulassungsbescheid v. 15.6.2020 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten (§ 112c I 1 BRAO, § 113 I 1 VwGO). [10] Der formell nicht zu beanstandende Zulassungsbescheid ist auch in der Sache rechtmäßig. Gemäß § 46a I 1 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gem. § 4 BRAO erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 BRAO vorliegt und die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 II-V BRAO entspricht. Sämtliche Voraussetzungen sind hier gegeben. [11] I. Der Beigeladene erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zur Rechtsanwaltschaft. Er hat die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz erlangt (§ 4 BRAO). [12] II. Ein Zulassungshindernis gem. § 7 BRAO besteht nicht. Der Beigeladene ist kein Beamter (vgl. § 7 Nr. 10 BRAO), sondern aufgrund seines Dienstvertrags als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (§ 89 I Nr. 1, § 53 S. 1 HwO), Angestellter im öffentlichen Dienst. Auch das Zulassungshindernis des § 7 Nr. 8 BRAO steht seiner Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht entgegen. [13] Gemäß §§ 46a I 1 Nr. 2, 7 Nr. 8 BRAO ist die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu versagen, wenn der Bewerber eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Syndikusrechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. [14] Das kann insbesondere bei einer mit hoheitlicher Tätigkeit imöffentlichen Dienst nicht per se unvereinbar Aufgabenwahrnehmung verbundenen Tätigkeit im öffentlichen Dienst der Fall sein. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGH, SYNDIKUSANWÄLTE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 224

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