Urt. v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 38/18, NJW 2019, 3644 Rn. 16 ff.; v. 3.2.2020 – AnwZ (Brfg) 36/18, juris Rn. 9 f. und v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 17 f.) ist eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst zwar nicht von vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar. Es ist vielmehr jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die ausgeübte Tätigkeit im öffentlichen Dienst einer Zulassung entgegensteht, ob also die Belange der Rechtspflege durch die Zulassung gefährdet sind. Dabei können die Grundsätze der Senatsrechtsprechung zur Unvereinbarkeit der Tätigkeit eines niedergelassenen Rechtsanwalts mit einer zweitberuflichen Tätigkeit als Angestellter im öffentlichen Dienst nicht einfach auf die Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts für einen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber übertragen werden. Das gilt auch für die von der Kl. angeführte Rechtsprechung des Senats zur (Un-)Vereinbarkeit der Tätigkeit als Geschäftsführer einer Kreishandwerkerschaft oder einer Innung mit der Tätigkeit eines niedergelassenen Rechtsanwalts (siehe BGH, Beschl. v. 13.9.1993 – AnwZ (B) 24/93, NJW-RR 1994, 953; v. 29.11.1993 – AnwZ (B) 41/93, NJW-RR 1994, 954 und v. 8.2.2010 – AnwZ (B) 9/09 Rn. 6; ferner Beschl. v. 10.10.2011 – AnwZ (B) 49/10, NJW 2012, 534 Rn. 10 ff. zur Tätigkeit eines Geschäftsführers einer Industrie- und Handelskammer). Vielmehr sind bei der Auslegung und Anwendung des § 7 Nr. 8 BRAO die Besonderheiten der anwaltlichen Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts nach §§ 46 f. BRAO zu berücksichtigen. [15] Eine Gefährdung der Interessen der Rechtspflege i.S.v. § 7 Nr. 8 BRAO und damit ein Ausschluss der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ergibt sich nach der Rechtsprechung des Senats insbesondere dann, wenn der Antragsteller am Erlass hoheitlicher Maßnahmen mit Entscheidungsbefugnis beteiligt ist (BGH, Urt. v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 38/18, a.a.O. Rn. 21 ff.; v. 3.2. 2020 – AnwZ (Brfg) 36/18, a.a.O. Rn. 10 f. und v. 22.6. 2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, a.a.O. Rn. 18 f.). Mit einer Stellung als unabhängiges Organ der RechtsBeteiligung am Erlass hoheitlicher Maßnahmen? pflege ist eine solche hoheitliche Tätigkeit nicht vereinbar. Auf den Umfang der hoheitlichen Tätigkeit des Antragstellers kommt es hierbei nicht entscheidend an. Insbesondere muss die hoheitliche Tätigkeit nicht den Schwerpunkt der Gesamttätigkeit darstellen. Nicht entscheidend ist auch, ob der Antragsteller nach außen hin als Entscheidungsträger in Erscheinung tritt oder als solcher zu erkennen ist. Nicht das äußere Erscheinungsbild ist maßgeblich, sondern der objektive Inhalt der Tätigkeit, mithin die tatsächlich bestehende Entscheidungsbefugnis. Eine Zulassung scheidet demnach insbesondere dann aus, wenn die hoheitlichen Maßnahmen innerhalb der Organisationseinheit getroffen werden, welcher der Antragsteller angehört, und wenn der Antragsteller hieran mit Entscheidungskompetenz beteiligt ist. Fungiert der Antragsteller dagegen lediglich als rechtliche Prüfstelle, ohne weisungsbefugt zu sein, ist eine Zulassung nicht nach § 7 Nr. 8 BRAO ausgeschlossen. [16] Abzustellen ist für diese Beurteilung auf die Aufgaben und rechtlichen Befugnisse, die dem Antragsteller nach dem Gesetz und den vertraglichen Vereinbarungen zukommen. Zählen dazu Tätigkeiten oder Befugnisse hoheitlicher Natur, steht dies einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 7 Nr. 8 BRAO auch dann entgegen, wenn der Antragsteller diese im konkreten Fall tatsächlich nicht ausüben sollte (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.2020 – AnwZ (Brfg) 36/18 Rn. 16 f.). Maßgeblich ist insoweit nicht die tatsächliche Handhabung, sondern dass der Antragsteller rechtlich zu hoheitlichem Handeln im obigen Sinne befugt wäre. Bei der Auslegung nicht eindeutiger vertraglicher Vereinbarungen kann allerdings für deren Verständnis der tatsächlichen Handhabung von Zuständigkeiten und Kompetenzen durch die Vertragsparteien als Indiz Bedeutung zukommen (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1988 – V ZR 49/87, NJW 1988, 2878, 2879; v. 16.9.1988 – V ZR 77/87, NJW-RR 1989, 198, 199; v. 16.10.1997 – IX ZR 164/96, NJW-RR 1998, 259 und v. 26.11.1997 – XII ZR 308/95, NJW-RR 1998, 801, 803). [17] 2. Danach ist die vom Beigeladenen ausgeübte Tätigkeit mit der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt vereinbar. Entgegen der Annahme der Kl. ist der Beigeladene im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben nicht im obigen Sinne hoheitlich tätig. [18] a) Die dem Beigeladenen übertragenen Aufgaben Dienstvertrag ergeben sich aus § 2 Nr. 1 seines Dienstvertrags i.V.m. der Satzung der Kreishandwerkerschaft (im Folgenden: KHW-Satzung). Nach § 2 Nr. 1 des Dienstvertrags hat er die Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft nach Maßgabe der Satzung zu leiten, in der von der in §§ 89 I Nr. 5, 66 III 2 HwO vorgesehenen Möglichkeit der Übertragung der Vertretungsbefugnis des Vorstands auf den Geschäftsführer Gebrauch gemacht wurde. Danach hat der Beigeladene die Beschlüsse der Mitgliederversammlung auszuführen (§ 11 II KHW-Satzung), ist grundsätzlich gemeinsam mit dem Kreishandwerksmeister zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Kreishandwerkerschaft befugt (§ 20 I 1 KHW-Satzung) und hat die Geschäfte der Kreishandwerkerschaft, soweit sie nicht durch Gesetz oder Satzung der Mitgliederversammlung oder anderen Organen vorbehalten oder übertragen sind, nach den Richtlinien des Vorstands zu führen (§ 21 I und III KHWSatzung). Dabei obliegt ihm nach § 21 IV 1 KHW-Satzung „die Erledigung der laufenden Geschäfte der Verwaltung“, bei denen er die Kreishandwerkerschaft auch alleine vertritt (§ 21 IV 2 KHW-Satzung). „Laufende Geschäfte der Verwaltung“ sind nach der Definition in § 21 IV 3 KHW-Satzung alle Verwaltungsaufgaben, die nach Art und Ausmaß regelmäßig wiederkehren. [19] Außerdem ist der Beigeladene infolge der Übernahme der Geschäftsführung sämtlicher der Kreishandwerkerschaft angeschlossener Innungen gem. § 87 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 225
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0