BRAK-Mitteilungen 4/2022

(NVwZ-RR 2010, 639, 640) gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. In der dortigen Entscheidung wurde die Aufforderung des Geschäftsführers einer Kreishandwerkerschaft an eine Friedhofsverwaltung, die einem Steinmetz erteilte Genehmigung zur Aufstellung von Grabsteinen wegen dessen fehlender Eintragung in die Handwerksrolle wieder aufzuheben, als schlichtes Verwaltungshandeln bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben qualifiziert. Nach der glaubhaften und unwiderlegten Bekundung des Beigeladenen ist indes davon auszugehen, dass er im Rahmen der ihm übertragenen Geschäfte der laufenden Verwaltung keine vergleichbaren (abmahnenden) Äußerungen – etwa betreffend die Nichteinhaltung handwerksrechtlicher Zulassungsvoraussetzungen – mit amtlichem Charakter gegenüber Außenstehenden abgibt. [29] (2) Der Beigeladene übt auch bei der Unterstützung der Handwerksinnungen gem. § 87 Nr. 2 HwO und infolge der Übernahme der Geschäftsführung der Innungen nach §§ 87 Nr. 5, 54 HwO keine hoheitlichen Tätigkeiten aus. [30] Allerdings handelt es sich nach der formalen Abgrenzung des BVerfG bei den den Innungen gem. § 54 I HwO übertragenen Pflichtaufgaben um öffentliche Aufgaben, die sie in hoheitlicher Form wahrnehmen; die in § 54 II und III HwO geregelten freiwilligen Aufgaben zählen dagegen zur nichtstaatlichen Interessenwahrnehmung (BVerfGE 68, 193, 208 ff.; 70, 1, 20). Auch hier ist aber eine maßgebliche Beteiligung des Beigeladenen an hoheitlichen Maßnahmen im Rahmen der ihm übertragenen Geschäfte der laufenden Verwaltung nicht ersichtlich. [31] (a) Hinsichtlich der hoheitlichen Aufgaben der Innungen im Bereich der Lehrlingsausbildung (§ 54 I 2 Nr. 3 HwO) und des Prüfungswesens (§ 54 I 2 Nr. 4 HwO) hat der AGH zutreffend angenommen, dass letztere bereits der Sache nach kein Geschäft der laufenden Verwaltung darstellen. Zudem hat der Beigeladene unter Hinweis auf seine fehkein Geschäft der laufenden Verwaltung lende fachliche Sachkunde glaubhaft bekundet, an diesen Aufgaben nicht mit Entscheidungsbefugnis beteiligt zu sein. Das gilt insb. im Hinblick auf die für die Gesellenprüfungsausschüsse der Innungen geltenden Regelungen. Nach § 34 I 2 HwO, § 44 I 2 Innungssatzung müssen die Mitglieder des Gesellenprüfungsausschusses für die Prüfungsgebiete sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein. Der Ausschuss muss aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, bei denen es sich in gleicher Zahl um Arbeitgeber (mit Meistertitel oder Ausbildungsberechtigung) und Arbeitnehmer (mit Gesellenoder entsprechender Abschlussprüfung und Tätigkeit in diesem Handwerk) sowie mindestens einen Lehrer einer berufsbildenden Schule handeln muss (§ 34 I-III HwO, § 44 II und III Innungssatzung). Die Arbeitgeber werden von der Innungsversammlung, die Arbeitnehmer von dem Gesellenausschuss gewählt (§ 34 V HwO, § 44 IV Innungssatzung). Danach hat der Beigeladene glaubhaft bekundet, in keinem dieser Ausschüsse vertreten zu sein. [32] (b) Gleiches gilt für eine – als hoheitlich zu qualifizierende – Beteiligung an einem Schlichtungsausschuss der Innungen gem. § 67 III HwO, § 111 II 1 ArbGG, die nach der Rechtsprechung des Senats einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegenstehen würde (vgl. BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 20 ff.). Diesbezüglich hat der Beigeladene glaubhaft angegeben, in keinem Schlichtungsausschuss vertreten zu sein. Zwar sind bei den der Kreishandwerkerschaft M. angehörenden Innungen teilweise Schlichtungsausschüsse gebildet worden, die nach der Verfahrensordnung der Handwerkskammer D. neben einem Arbeitgeber- und einem Arbeitnehmervertreter mit einem Vorsitzenden besetzt sind, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss. Weiter bestimmt § 51 I 2 Innungssatzung, dass der Vorsitzende nicht Mitglied der Handwerksinnung und weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer in einem gewerblichen Betrieb sein darf. [33] Auch wenn der Beigeladene diese Voraussetzungen erfüllen würde, hat er glaubhaft bekundet, dass die Aufgabe des Vorsitzenden von dem Geschäftsführer der Handwerkskammer D., Herrn Assessor jur. M.S. wahrgenommen werde. Dafür spricht, dass der Vorsitzende im Hinblick auf die Wahrung der paritätischen Besetzung des Ausschusses mit einer neutralen Person besetzt werden sollte, die aufgrund ihrer Stellung weder der Arbeitgeber- noch der Arbeitnehmerseite zugerechnet werden kann. Danach sollte das Amt des Vorsitzenden nicht von Beschäftigten von Innungen, Kreishandwerkerschaften oder Wirtschaftsverbänden, Obermeistern oder Gewerkschaftssekretären ausgeübt werden (vgl. Günther/Schwerdtfeger, NZA Online Aufsatz 1/ 2016, 1, 5). Dass auf der Homepage der Handwerkskammer D. als Ansprechpartner für Schlichtungsausschüsse die Kreishandwerkerschaften/Innungen benannt werden, steht der Bekundung des Beigeladenen nicht entgegen, da dies der grundsätzlichen Zuständigkeitszuweisung in § 67 III HwO, § 111 II ArbGG entspricht und sich allein daraus kein Rückschluss darauf ziehen lässt, wer den Vorsitz in den jeweils eingerichteten Schlichtungsausschüssen ausübt. [34] (c) Hinsichtlich der Mitwirkung der Innungen bei der Verwaltung der Berufsschulen (§ 54 I 2 Nr. 6 HwO) räumt die Kl. selbst ein, dass diese Pflichtaufgabe mangels Umsetzung in den Schulgesetzen der Länder lediglich ein Programmsatz geblieben ist. Dass der Beigeladene im Rahmen der Gutachtenerstattung und Auskunftserteilung an Behörden (§ 54 I 2 Nr. 8 HwO) hoheitlich, d.h. nicht nur beratend, sondern mit eigener Entscheidungsbefugnis tätig wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich. [35] Letzteres gilt entsprechend für die weiteren, nach der Rechtsprechung des BVerfG als hoheitlich anzuseSYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 227

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