BRAK-Mitteilungen 4/2022

i.S.v. § 46 III Nr. 1–4 BRAO sind, stellt auch die Kl. nicht in Frage. [58] Die Kl. weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Beigeladene als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft und der Innungen daneben auch zahlreiche organisatorische, administrative und repräsentative Aufgaben zu erfüllen hat. So hat der Beigeladene selbst angegeben, dass ihm die Vorbereitung und Durchführung von ca. 15 bis 20 Innungsversammlungen pro Jahr obliege und er zudem in der Nachwuchsförderung tätig sei, indem er vor allem Werbung für die berufliche Ausbildung mache. Auch danach und unter Berücksichtigung der weiteren Tätigkeiten des Beigeladenen in verschiedenen Ausschüssen und Beiräten (s.o.) sowie der von der Kl. exemplarisch aufgelisteten repräsentativen Veranstaltungen, an denen der Beigeladene in den Jahren 2018 bis 2020 teilgenommen hat, steht indes aufgrund der glaubhaften und plausiblen Schilderung des Beigeladenen zur Überzeugung des Senats fest, dass der Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Bereich der anwaltlichen Mitgliederberatung liegt und, wenn auch vielleicht nicht 75 % bis 80 %, so doch jedenfalls mehr als 2/3 (d.h. 66 %) seiner Gesamtarbeitszeit ausmacht. [59] IV. Die anwaltlichen Tätigkeiten des Beigeladenen für die Mitgliedsbetriebe der Innungen sind bei der Prüfung der anwaltlichen Prägung seiner Gesamttätigkeit gem. § 46 II-V BRAO einzubeziehen. Entgegen der Ansicht der Kl. handelt es sich um keine nach § 46 V BRAO unzulässige Drittberatung. [60] 1. Bei der Bewertung der anwaltlichen Prägung keine unzulässige Drittberatung des Arbeitsverhältnisses können grundsätzlich nur Tätigkeiten berücksichtigt werden, die der Bewerber für seinen Arbeitgeber erbringt. § 46 II 1 BRAO verlangt für Angestellte nichtanwaltlicher Arbeitgeber eine anwaltliche Tätigkeit gerade für den Arbeitgeber. Gemäß § 46 V 1 BRAO beschränkt sich die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Nach mittlerweile gefestigter Senatsrechtsprechung handelt es sich bei dem Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers in § 46 II 1, V BRAO um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt, nicht nur um eine Beschränkung des zulässigen Tätigkeitsfeldes nach erteilter Zulassung (vgl. BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 10 m.w.N.). [61] 2. Arbeitgeberin des Beigeladenen ist nach dem vorliegenden Dienstvertrag allerdings (nur) die Kreishandwerkerschaft M. Einen gesonderten Dienstvertrag mit den ihr angeschlossenen Innungen, deren Geschäftsführung die Kreishandwerkerschaft gem. § 87 Nr. 5 HwO übernommen hat, hat der Beigeladene nicht vorgelegt. Mit der Übernahme der Innungsgeschäftsführung nach § 87 Nr. 5 HwO werden die jeweiligen Innungen auch nicht durch Gesetz zu Arbeitgeberinnen des Beigeladenen. Vielmehr wird die Kreishandwerkerschaft selbst Geschäftsführerin der Innung, während der bei ihr angestellte Geschäftsführer – der Beigeladene – für sie als ihr Erfüllungsgehilfe gegenüber den Innungen tätig wird (vgl. Günther, in Honig/Knörr/Thiel, HwO, 5. Aufl., § 87 Rn. 6; Will, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 2010, 717; Schwannecke/Brandt, HwO, 38. Lfg. XII/06, § 87 Rn. 7). Grundlage seiner Tätigkeit ist daher auch insoweit (nur) sein Dienstvertrag mit der Kreishandwerkerschaft. [62] 3. Die gesetzliche Verpflichtung der Kreishandwerkerschaft, die Handwerksinnungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen (§ 87 Nr. 2 HwO) und auf ihr Ersuchen ihre Geschäfte zu führen (§ 87 Nr. 5 HwO), führt auch nicht dazu, dass die Rechtsangelegenheiten der Innungen zu solchen der Kreishandwerkerschaft werden. Auch im Rahmen der Unterstützung nach § 87 Nr. 2 HwO und der Geschäftsführung nach § 87 Nr. 5 HwO wird die Kreishandwerkerschaft in für sie fremden, nämlich den Handwerksinnungen nach der Handwerksordnung eigenständig obliegenden und von ihren eigenen Aufgaben als Dachverband der Innungen zu unterscheidenden Geschäften tätig. Nach der Rechtsprechung des Senats bewirkt weder die vertragliche noch die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, sich mit Rechtsangelegenheiten Dritter zu befassen, dass diese zu Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers werden (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2019 – AnwZ (Brfg) 38/17, NJW-RR 2019, 946 Rn. 15 und v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 12 m.w.N.). [63] Das gilt gleichermaßen für die gesetzliche Aufgabe der Kreishandwerkerschaft nach § 87 Nr. 3 HwO, Einrichtungen zur Förderung und Vertretung der Mitglieder der Handwerksinnungen zu schaffen oder zu unterstützen, worunter nicht nur die Einrichtung von Inkassostellen durch die Kreishandwerkerschaft fällt (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1990 – I ZR 62/89, GewArchiv 1991, 36, 37), sondern auch die Rechtsberatung und Prozessvertretung (unter dem Primat des einschlägigen Prozessrechts) der einzelnen Innungsmitglieder (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2000 – I ZR 214/97, BGHZ 144, 68, 77; Günther, in Honig/Knörr/Thiel, HwO, 5. Aufl., § 87 Rn. 8, 23 f. m.w.N.; Piekenbrock, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 8 RDG Rn. 6 f.). Auch in diesem Rahmen wird die Kreishandwerkerschaft in fremden Rechtsangelegenheiten, d.h. den Angelegenheiten der einzelnen Mitgliedsbetriebe der Innungen tätig. [64] 4. Der AGH hat jedoch zutreffend angenommen, dass die Tätigkeiten des Beigeladenen für die der Kreishandwerkerschaft angehörenden Innungen und deren Mitgliedsbetriebe unter den Ausnahmetatbestand des § 46 V 2 Nr. 2 BRAO fallen. [65] a) Nach § 46 V 2 Nr. 2 BRAO gehören zu den § 46 V 2 Nr. 2 BRAO Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers u.a. auch erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung SYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2022 231

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