2. AUSWEITUNG DER BUSSGELDTATBESTÄNDE Geplant ist zudem, künftig alle unerlaubten Rechtsdienstleistungen, sofern diese selbstständig und geschäftsmäßig erbracht werden, einheitlich als Ordnungswidrigkeit und somit bußgeldbewehrt auszugestalten. Dies war bereits nach dem mit dem RDG abgelösten Rechtsberatungsgesetz (RBerG) der Fall. Auf diese Weise soll eine wirksame Bekämpfung unbefugter Rechtsdienstleistungen sowie die Herstellung eines insgesamt ausgewogenen Sanktionensystems gewährleistet werden. Dafür sollen im Wesentlichen die §§ 3 und 20 des RDG geändert werden. Bisher sind nach § 20 I Nr. 2 RDG nur die in § 10 I RDG genannten Rechtsdienstleistungen (Inkassodienstleistungen, Rentenberatung, Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht) ohne Registrierung ordnungswidrig. Die Begründung im Gesetzentwurf führt dazu aus,81 81 RegE, 31 ff. dass diese Beschränkung zu Wertungswidersprüchen führt, da insb. die der Rechtsanwaltschaft vorbehaltenen Rechtsdienstleistungen nicht erfasst werden, wenn diese unerlaubt von Dritten erbracht werden. Daher sei es erforderlich, sämtliche Rechtsdienstleistungen, soweit dies ohne Erlaubnis nach § 3 RDG geschäftsmäßig82 82 Kritisch zum Begriff der Geschäftsmäßigkeit Deckenbrock, ZRP 2022, 170, 171 f. erfolgt, als ordnungswidrig zu erfassen und nach § 20 I Nr. 1 RDG-E mit einem Bußgeld zu bedrohen, wobei der Gesetzgeber Ausnahmen bei Verstößen gegen §§ 6 II, 7 II und 8 II RDG vorsehen will. Ausdrücklich erwähnt werden in diesem Zusammenhang Law clinics, die sich laut Gesetzesbegründung auf § 6 II RDG berufen können.83 83 RegE, 58; dies hatte der DAV in seiner Stn. 34/2022, 5 zum Schutz der law clinics gefordert. Um den Normadressaten in klarer und transparenter Weise vor Augen zu führen, was nach dem RDG erlaubt ist und was nicht, sollen die Erlaubnistatbestände im RDG künftig ausdrücklich in § 3 RDG aufgeführt werden. 3. REAKTIONEN BRAK und DAV begrüßen in ihren Stellungnahmen84 84 S. BRAK-Stn.-Nr. 25/2022; DAV-Stn. 34/2022, jeweils zum RefE v. 6.5.2022; weitere Stn. sind auf der Webseite des BMJ veröffentlicht. das Vorhaben. Mit der Zentralisierung der Aufsicht insb. über Inkassodienstleister kommt der Gesetzgeber auch Forderungen der BRAK nach.85 85 BRAK-Stn.-Nr. 10/2021, 19; BRAK-Stn.-Nr. 81/2020, 21. Dies verspricht mehr Rechtssicherheit bei der künftigen Zulässigkeit von Inkasso-Geschäftsmodellen und damit auch eine Stärkung der Verwaltungsentscheidung in späteren Zivilprozessen.86 86 Quarch/Neumann, LTZ 2022, 180, 181; zustimmend auchDeckenbrock, ZRP 2022, 170. Die BRAK hat in ihrer Stellungnahme aber auch deutlich gemacht, dass dieses Gesetz die Defizite des Legal Tech-Gesetzes in Bezug auf Inkassodienstleistungen und eine kohärente Regelung im Systemgefüge zwischen RDG und BRAO nicht zu ersetzen vermag.87 87 Ebenso Henssler/Sossna, BB 27/2022, Editorial: „Kein großer Wurf, aber ein Schritt in die richtige Richtung“; ähnlich Deckenbrock, ZRP 2022, 170, 173. Dabei weist die BRAK nochmals auf die Schwachstellen des Legal Tech-Gesetzes hin und mahnt insb. Einschränkungen bzw. eine Konkretisierung bei der Inkassobefugnis sowie Nachbesserungsbedarf im Hinblick auf Darlegungs- und Informationspflichten der Inkassodienstleister an.88 88 BRAK-Stn.-Nr. 25/2022, 4 ff. In der Begründung des Regierungsentwurfs wurde auf Anregung der BRAK89 89 BRAK-Stn.-Nr. 25/2022, 4. klargestellt, dass durch die Ausweitung der Ordnungswidrigkeiten die zivilrechtliche Verfolgung von RDG-Verstößen nach dem UWG und dem UKlaG durch die Rechtsanwaltskammern nach § 8 III Nr. 4 UWG unberührt bleibt.90 90 RegE, S. 58. Die Änderungen sollen im Wesentlichen erst zum 1.1. 2025 in Kraft treten, um der Verwaltung die nötige Vorbereitungszeit zu gewähren.91 91 Bis zum Redaktionsschluss war noch unklar, ob und in welcher Fassung das Gesetz in Kraft treten wird. Nennenswerter Widerstand ist aber nicht zu erwarten. Der Bundesrat hat am 16.9.2022 lediglich zu Änderungen des StBerG Stellung genommen, BR-Drs. 373/22. IV. FOLGEN DER RECHTSPRECHUNG DES BGH ZUM VERTRAGSGENERATOR Im aktuellen Berichtszeitraum 2021/2022 wurde auch die Begründung des Urteils des BGH v. 9.9.2021 zum Vertragsgenerator „smartlaw“ veröffentlicht,92 92 BGH, NJW 2021, 3125 – Vertragsdokumentengenerator m. Anm. Thole. die erhebliche Auswirkungen auf die automatisierte Rechtstexterstellung haben wird. 1. KEINE KONKRETE ANGELEGENHEIT Erstmals hat der BGH zu der bis dahin sehr umstrittenen Frage93 93 S. dazu nur Remmertz, BRAK-Mitt. 2020, 264, 266f.; ders., in Beck’sches RA-Hdb., 12. Aufl. 2022, § 64 Rn. 60 ff. Stellung genommen, ob dies mit dem RDG vereinbar ist. Im Fall eines Vertragsdokumentengenerators, der Nutzern individuell gestaltete Vertragsmuster auf der Basis von Textbausteinen zur Verfügung stellt, nimmt der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat lediglich eine abstrakte Fallgestaltung außerhalb des Anwendungsbereichs des RDG an. Es liege zwar eine Tätigkeit i.S.v. § 2 I RDG vor. Es fehle aber an einer konkreten Angelegenheit. Die Software sei nicht auf einen individuellen realen Fall zugeschnitten, sondern erfasse lediglich allgemeine Sachverhalte mit üblicherweise auftretenden Fragen, zu denen der Anbieter Antworten in Form von standardisierten Vertragsklauseln und Textbausteinen entwickelt habe. Dies diene einer Vielzahl möglicher Kombinationen von Textbausteinen zur Lösung fiktiver Einzelfälle eines unbestimmten Personenkreises.94 94 BGH, BRAK-Mitt. 2021, 396 = NJW 2021, 3125 (3127) Rn. 34 – Vertragsdokumentengenerator; ebenso zuvor Deckenbrock, AnwBl. 2020, 178, 179; Wettlaufer, MMR 2018, 55 (56). 2. KRITISCHE STELLUNGNAHME Die Verneinung der Konkretheit der Angelegenheit durch den BGH ist nicht frei von Bedenken. Fest steht, dass der Nutzer konkret Angaben zu „seinem Fall“ REMMERTZ, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM RDG AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 253
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