BRAK-Mitteilungen 5/2022

Rechtsdienstleister.104 104 Kilian, AnwBl. 2022, 164. Viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte empfinden diese asymmetrische Regulierung auch als Wettbewerbsnachteil.105 105 Kilian, AnwBl. 2022, 40. 2. DIGITALISIERUNG IM ZIVILPROZESS Reformen zur Digitalisierung im Bereich der Justiz, insb. im Zivilprozess, werden auch Auswirkungen auf den Rechtsdienstleistungsmarkt haben. Das zeigt sich besonders bei der Erleichterung des Zugangs zum Recht durch digitale Lösungen. Nach einer aktuellen Umfrage hat sich der Streitwert, ab dem jemand vor Gericht ziehen würde, in den letzten Jahren deutlich erhöht und wird 2021 mit knapp 3.700 Euro angegeben.106 106 S. dazu die Erhebung des ROLAND Rechtsreport 2022. Im Jahr 2020 betrug dieser Wert noch 1.840 Euro. Entsprechend scheint sich der Spielraum unterhalb dieser Schwelle aufgrund des sog. „rationalen Desinteresses“107 107 Dazu näher BT-Drs. 19/27673, 13 f. für nichtanwaltliche Rechtsdienstleister zu vergrößern. Hier darf es nicht zu einem weiteren Zurückdrängen der Anwaltschaft zugunsten von Legal TechUnternehmen kommen. Entsprechend setzt sich die BRAK dafür ein, dass es für die Rechtsuchenden in jeder Lage bei der Nutzung von Online-Verfahren weiter uneingeschränkt möglich bleiben muss, einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens hinzuzuziehen.108 108 S. BRAK-Stn.-Nr. 60/2021, 6. Chat-Bots sollten von der Justiz oder von Rechtsantragsstellen nicht für die Rechtsberatung im Einzelfall genutzt werden.109 109 BRAK-Stn.-Nr. 60/2021, 6. Das gilt namentlich für Überlegungen des BMJ zur Ausgestaltung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens.110 110 Arbeitspapier des BMJ, Stand 25.2.2022 (nicht veröff.); zur Entwicklung eines Online-Klagetools auf Initiative des BMJ s. AnwBl. 2021, 651. Hier dürfen andere Rechtsdienstleister nicht mit der Anwaltschaft gleichgesetzt werden. Sofern auch andere Rechtsdienstleister, insb. Legal Tech-Unternehmen, zur Unterstützung der Belange der Rechtsuchenden zugelassen werden, muss für die Rechtsuchenden deutlich werden, dass eine rechtliche Beratung und Vertretung grundsätzlich nur durch die Anwaltschaft erfolgen kann. 3. KÜNFTIGE REGULIERUNG VON AUTOMATISIERTEN RECHTSDIENSTLEISTUNGEN Die Diskussion um eine künftige Regulierung von automatisierten Rechtsdienstleistungen geht weiter. Das wird auch durch die Vertragsgenerator-Entscheidung des BGH deutlich, da Verbraucher auch dann vor unqualifizierten automatisierten Rechtsprodukten geschützt werden müssen, wenn sie de lege lata (noch) nicht dem RDG unterliegen. Die BGH-Entscheidung hat insoweit eine Schutzlücke entstehen lassen.111 111 Singer, RDi 2022, 53, 58 ff. fordert daher Informationspflichten, um nicht den Eindruck eines individuellen Vertragsdokuments in „Anwaltsqualität“ entstehen zu lassen. Um hier einen Rechtsrahmen für künftige Entwicklungen einschließlich im Bereich von KI zu schaffen und dabei die Rechtsuchenden zu schützen, werden weitergehende Reformen gefordert.112 112 Bspw. von Timmermann, Legal Tech-Anwendungen, Berlin, 2020, 675 ff.; Kraetzig/Krawitz, RDi 2022, 145, 151 f.; Solmecke, Cologne Technology Review & Law (CTRL) 2022, 128, 130. Gut möglich, dass auch die Diskussionen um einen gesonderten Erlaubnistatbestand im RDG113 113 S. dazu im Überblick Remmertz, in Hamm, Beck’sches RA-Hdb., § 64 Rn. 109; ders., Legal Tech-Strategien für Rechtsanwälte, § 3 Rn. 22. wieder an Fahrt aufnehmen. PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT RECHTSANWÄLTIN ANTJE JUNGK, RECHTSANWÄLTE BERTIN CHAB UND HOLGER GRAMS* * Die Autorin Jungk ist Leitende Justiziarin, der Autor Chab Leitender Justiziar bei der Allianz Deutschland AG, München; der Autor Grams ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in München. In jedem Heft der BRAK-Mitteilungen kommentieren die Autoren an dieser Stelle aktuelle Entscheidungen zum anwaltlichen Haftungsrecht. HAFTUNG GESAMTVERMÖGENSVERGLEICH BEI REGRESS DES RECHTSSCHUTZVERSICHERERS GEGEN ANWALT Wenn ein Rechtsschutzversicherer den Anwalt seines Versicherungsnehmers aus übergegangenem Recht nach § 86 I 1 VVG wegen aussichtsloser Prozessführung und unzureichender Risikobelehrung wegen der vom Versicherer getragenen Verfahrenskosten auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, muss der Versicherer in dem nach § 249 BGB anzustellenden Gesamtvermögensvergleich auch die Positionen berücksichtigen, die der rechtsschutzversicherte Mandant durch den Rechtsstreit erlangt hat. OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 16.12.2021 – 3 U 171/21 Ein Rechtsschutzversicherer nimmt den Anwalt des bei ihm rechtsschutzversicherten Mandanten auf Schadensersatz aus übergegangenem Recht nach § 86 VVG in Anspruch. Er habe für den Mandanten eine ausAUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 255

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