BRAK-Mitteilungen 5/2022

digung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbstständig überprüft wird. BGH, Beschl. v. 15.6.2022 – IV ZB 30/21 Diese Entscheidung betrifft einen Sachverhalt aus dem Jahr 2021. Daher konnte die Berufungsbegründung theoretisch noch per Post ans Gericht gesandt werden. Die Prozessbevollmächtigten der Berufungsführerin gingen auch davon aus, dass der Schriftsatz rechtzeitig in den Post-Briefkasten eingeworfen wurde, aber das Gericht nicht erreichte. In der eidesstattlichen Versicherung des Anwalts, die dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügt war, wurde geschildert, dass der Prozessbevollmächtigte das Schreiben korrigiert, unterzeichnet und dann an die Mitarbeiterin übergeben habe. Diese sei angewiesen, die Schreiben sofort zu frankieren, in das Postausgangsbuch einzutragen und in die Posttasche zu legen, deren Inhalt dann später zum Briefkasten gebracht werde. Dann habe er die Frist aus dem Kalender gestrichen. Die Sekretärin ergänzte, dass sie die Post, die ihr übergeben werde, sofort wiege, frankiere, die Eintragung ins Postausgangsbuch erledige und dann den Brief in die Ledertasche stecke, in der die Tagespost gesammelt werde. Sie gab an, sich konkret an das hier betroffene Schriftstück nicht erinnern zu können. Das genügte dem Berufungsgericht schon deshalb nicht, weil die eidesstattlichen Versicherungen lediglich Ausführungen zum üblichen Procedere enthielten ohne konkreten Bezug auf die hier in Frage stehenden Geschehnisse; bloße Rückschlüsse aus dem üblichen Kanzleiablauf seien ungeeignet. Im Ergebnis bestätigte der BGH den Beschluss des Berufungsgerichts, wobei der IV. Zivilsenat allerdings darauf hinweist, dass die Glaubhaftmachung darüber, wie und wo ein Schriftstück verloren wurde, nicht erforderlich sei, wenn gar nicht nachvollziehbar sei, wo und wie es zum Verlust des Schriftstücks kam. Dann sei Wiedereinsetzung durchaus möglich, wenn die tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe bei der Post in einer in sich schlüssigen Darstellung glaubhaft gemacht wurden und der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten eingetreten ist. Diese Voraussetzung sei aber hier nicht erfüllt. Die Schilderung dazu, was mit dem Schriftstück passiert sei, ende schon mit der Aushändigung an die Sekretärin. Etliche Arbeitsschritte seien danach noch auszuführen, bis das Schriftstück in den Briefkasten geworfen werde. Die durch den Anwalt selbst vorgenommene Fristenstreichung war also verfrüht und die Schilderung im Übrigen nicht ausreichend ergiebig, was die Wahrnehmungen der Sekretärin angeht. Der Senat bemängelt weiter, dass nichts zur notwendigen Schlusskontrolle am Ende des Arbeitstages ausgeführt wurde. Ohne diese sei die Organisation nicht ausreichend, um eine zuverlässige Absendung zu gewährleisten. Auch wenn die Schriftsätze in elektronischer Form und in Zeiten der verpflichtenden Nutzung des beA etwas andere Wege gehen und die Kontrollen dadurch etwas anders aussehen müssen, wird man diese ständige Rechtsprechung auch im elektronischen Verkehr analog beachten müssen. Das heißt z.B., dass die Frist keinesfalls gestrichen werden darf, bevor das Schriftstück tatsächlich ohne weitere Zwischenschritte die Kanzlei verlässt (also versendet wird), und dass die abendliche Fristenkontrolle anhand des Fristenbuchs und der Akten unbedingt vorgenommen werden muss. Das bedeutet, dass sicherzustellen ist, dass allabendlich nochmals sämtliche Fristensachen „durchgegangen“ werden müssen und eine Kontrolle erfolgen muss, ob das jeweilige Schriftstück rausgegangen ist. Obwohl diese Rechtsprechung zur abendlichen Schlusskontrolle schon einige Jahre alt ist, scheitern nach wie vor sehr viele Wiedereinsetzungsanträge, weil sich die Installation dieses Organisationsschrittes in den Kanzleien noch nicht durchgesetzt hat. (bc) AUS DER ARBEIT DER BRAK DIE BRAK IN BERLIN RECHTSANWÄLTIN DR. TANJA NITSCHKE, MAG. RER. PUBL., BRAK, BERLIN Der Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK auf nationaler Ebene im Juli und August 2022. Die Vorbereitungen für das besondere elektronische Anwaltspostfach für Berufsausübungsgesellschaften, das ab dem 1.8.2022 eingeführt wurde sowie der Austausch der beA-Karten, bildeten einen Schwerpunkt der Arbeit der BRAK in diesem Zeitraum. Das beA und die Digitalisierung der Justiz waren auch Themen der Hauptversammlung der BRAK am 9.9.2022 in Stuttgart. Diese forderte einhellig und mit Nachdruck für eine substanzielle lineare Anpassung der Anwaltsgebühren. Dies sei von der BRAK auch bereits im Kontext BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 AUS DER ARBEIT DER BRAK 260

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