BRAK-Mitteilungen 5/2022

te ... aus A. die Nichtigkeit der Anwaltsverträge des Kl. geltend. Der Kl. habe gegen das Vertretungsverbot des § 45 I Nr. 1 BRAO verstoßen. Der Sachverhalt wurde auch der Bekl. vorgetragen. Von der Bekl. dazu zur Stellungnahme aufgefordert, führte der Kl. aus, dass er selbst an dem eigenhändigen gemeinschaftlichen Testament v. ...2010 in keiner Weise mitgewirkt habe und der Erbscheinsantrag nur aufgrund jenen Testaments gestellt wurde. Seine Tätigkeit habe sich darauf beschränkt, von der Erbin ... sowohl im Erbscheinsantrag als auch im Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses die eidesstattliche Versicherung entgegenzunehmen, dass ihr nichts bekannt sei, was der Richtigkeit ihrer Angaben entgegenstehe. Er habe dadurch nicht das Gebot der Neutralität verletzt, da die beiden Lebenssachverhalte tatsächlich und rechtlich so weit voneinander entfernt seien, dass es sich nicht um dieselbe Rechtssache i.S.d. § 45 I Nr. 1 BRAO handeln könne. Die Bekl. teilte dem Kl. unter dem 20.8.2020 mit, dass sie einen Verstoß gegen das Vertretungsverbot nach § 45 I Nr. 1 BRAO festgestellt habe. Der Kl. sei nämlich nach Abnahme der eidesstattlichen Versicherung für die Erteilung des Erbscheins und nach notarieller Begleitung bei Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses für Frau ... für jegliche anwaltliche Vertretung in dieser Rechtssache gesperrt gewesen. Die Bekl. wies den Kl. darauf hin, dass er als (ehemaliger) Anwaltsnotar die stete Pflicht habe, seine unabhängige und unparteiliche Amtstätigkeit und die einseitige anwaltliche Interessenvertretung in derselben Rechtssache strikt zu trennen. Dies sei nicht geschehen. Der Kl. wehrte sich mit Gegenvorstellung v. ...2020 gegen die Feststellung, es habe ein Vertretungsverbot für ihn vorgelegen. Seiner Auffassung nach habe er als Notar lediglich eidesstattliche Versicherungen der Antragstellerin entgegengenommen. Diese notariellen Tätigkeiten hätten mit der späteren Interessenvertretung der Ehefrau nichts zu tun, da der Streit sich auf die handschriftlichen Testamente aus den Jahren 2010 und 1983 bezog, an welchen er in keiner Weise mitgewirkt habe. Es habe sich also nicht um dieselbe Rechtssache gehandelt. Die Bekl. stellte mit „Stellungnahme“ v. ...2021 sodann ausdrücklich fest, dass der Kl. gegen das Vertretungsverbot des § 45 I Nr. 1 BRAO verstoßen habe. Der Kl. sei von der Ehefrau am ...2018 als Notar beauftragt worden, einen Erbscheinsantrag und einen Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zu beurkunden. In den beiden Urkunden v. ...2018 habe der Kl. ordnungsgemäß sowohl die handschriftlichen Testamente aus den Jahren 1983 und 2010 wie auch die von ihm selbst beurkundeten notariellen Testamente aus den Jahren 2005 und 2006 aufgeführt, habe sich im Rahmen seiner notariellen Tätigkeit inhaltlich mit allen Testamenten befasst und auch befassen müssen. Er habe die letztwilligen Verfügungen des Erblassers rechtlich gewürdigt, danach die Anträge entworfen und letztlich beurkundet. Der Streit um die Rechtsfolgen der Testamente, bei denen der Kl. die Ehefrau anwaltlich vertrat, sei als einheitlicher Lebenssachverhalt mit den beurkundeten Inhalten aufzufassen; es habe sich um eine einheitliche Rechtssache gehandelt. Das Argument des Kl., er habe als Notar nur die eidesstattliche Versicherung abgenommen, greife zu kurz. Vielmehr sei er im Rahmen der notariellen Tätigkeit umfassend zur Sachverhaltsaufklärung und zur rechtlichen Wirksamkeitsprüfung der letztwilligen Verfügungen eines Erblassers verpflichtet gewesen, auch im Hinblick auf das Fortbestehen der Testierfreiheit. Es komme nur darauf an, ob es sich bei dem anwaltlich begleiteten Rechtsstreit um einen einheitlichen Lebenssachverhalt mit den beurkundeten Vorgängen gehandelt habe und nicht darauf, auf welches Testament (handschriftlich oder notariell beurkundet) sich die Streitigkeiten bezogen haben. Der Kl. sei durch die anwaltliche Vertretung zusätzlich zumindest theoretisch in die Situation versetzt worden, seine eigenen Urkunden auszulegen. Solche Situationen seien nach dem Sinn des Gesetzes zu vermeiden. Der Kl. legte gegen die Stellungnahme mit Schriftsatz v. ...2021 „Einspruch“ ein und wiederholte, dass er nicht in derselben Rechtssache als Notar tätig gewesen war, als er das anwaltliche Mandat übernahm. Er habe nicht eine von ihm selbst erstellte Vertragsurkunde auszulegen gehabt, so dass es sich nicht um dieselbe Rechtssache gehandelt habe. Seine Beurkundungen hätten mit den handschriftlichen Testamenten tatsächlich, zeitlich und rechtlich nichts miteinander zu tun und könnten daher nicht „dieselbe Rechtssache“ sein. Den Einspruch des Kl. v. ...2021 verwarf die Bekl. als unzulässig mit Beschluss v. 7.4.2021. Der Einspruch sei nicht statthaft, da das Schreiben der Bekl. v. 29.1.2021 kein Rügebescheid nach § 74 I BRAO gewesen sei. Vielmehr sei dem Kl. nur ein formloser Hinweis mit der Feststellung der Unzulässigkeit der seinerzeitigen anwaltlichen Vertretung erteilt worden. Der Kl. macht mit seiner gegen den Beschluss v. 7.4. 2021 gerichteten Klage v. 6.5.2021, die am selben Tage beim AGH einging, geltend, dass er es nicht hinnehmen müsse, dass die Bekl. seine berufliche Tätigkeit als rechtswidrig darstellt. Er meint, die Feststellung, er habe gegen das Vertretungsverbot des § 45 I Nr. 1 BRAO verstoßen, sei rechtswidrig. Insbesondere dürfe die Bekl. sich einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Äußerungen nicht durch „formlose Hinweise“ entziehen und dadurch erreichen, rechtswidrige Stellungnahmen in Umlauf zu bringen. Auch formlose Hinweise seien richtig zu stellen, wenn sie einen rechtswidrigen Inhalt hätten. Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Antragsschrift v. 6.5.2021 nebst Anlagen sowie die Schriftsätze v. 7.7.2021 und 13.8.2021 verwiesen. BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 270

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