ausgleich handelt. Es kann dahinstehen, ob die Herabstufung in der Gewichtung insgesamt oder in Bezug auf einzelne Fälle angemessen ist. Denn die Bekl. hat nach ihrer eigenen Zählweise gemäß dem Votum ihrer Berichterstatterin v. 6.4.2021 (Bl. 153 ff. Verwaltungsakte) 128,1 Fälle gezählt. Der Senat zählt unter Berücksichtigung der Gewichtung der Bekl. sogar 147,4 Fälle. b) Die Bekl. hat den Antrag der Kl. auf Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung abgelehnt, da sie nicht habe feststellen können, dass die Kl. die in der Fallliste Bl. 105 ff. der Verwaltungsakte aufgeführten Scheidungsverfahren persönlich und weisungsfrei bearbeitet habe. Diese Begründung trägt nach Auffassung des Senats nicht. Die persönliche und weisungsfreie Bearbeitung erforpersönliche und weisungsfreie Bearbeitung dert eine unabhängige, eigenverantwortliche, eigenhändige anwaltliche Bearbeitung des Falls durch den Antragsteller (Hartung/ Scharmer, BORA/FAO, 7. Aufl., § 5 Rn. 325). Entgegen der Vorstellung der Kl. ist nicht entscheidend, wer im Außenverhältnis gegenüber dem Mandanten die Verantwortung oder das Haftungsrisiko trägt. Entscheidend ist, wer persönlich die Bearbeitung des Falles geleistet hat, also die Schriftsätze gefertigt hat, Beratungen erbracht hat und im Termin aufgetreten ist (vgl. Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 7. Aufl., § 5 Rn. 327, 329). aa) Die Bekl. hält das Merkmal der „persönlichen Bearbeitung“ u.a. deshalb nicht für gegeben, weil die Kl. im Schwerpunkt formalisiert einvernehmliche Scheidungen abwickelt und deshalb nicht erkennbar sei, dass die Kl. die juristische Aufarbeitung des Sachverhalts selbst übernommen habe. Der Senat hat sich durch die Einsicht in die von der Kl. vorgelegten Arbeitsproben zunächst selbst ein Bild von der Arbeitsweise der Kl. verschafft. Die bei Gericht eingereichten Scheidungsanträge sind computergeneriert vorbereitet und den Mandanten, die sich über ein online-Portal („scheidung.de“) in der Kanzlei der Kl. gemeldet haben, durch einen Mitarbeiter/Mitarbeiterin der Kl. übersandt worden. Der Mandant hat die Formulare handschriftlich ergänzt. Die Formulare sind dann zu einem Schriftsatz verarbeitet worden, den die Kl. unterzeichnet und bei Gericht eingereicht hat. Die Auskünfte der Versorgungsträger in der Folgesache Versorgungsausgleich werden regelmäßig kommentarlos an die Mandanten übersandt. Ein Mandantengespräch und eine Beratung erfolgen allenfalls telefonisch. Im Scheidungsverfahren tritt die Kl. selbst oder ein von ihr beauftragter Unterbevollmächtigter auf. Die Bekl. hat diese Praxis in der mündlichen Verhandlung mit der Konstellation verglichen, dass etwa der Seniorsozius einer Kanzlei Schriftsätze unterzeichnet, die ein zuarbeitender Anwalt in eigener Verantwortung gefertigt hat. In diesem Fall wird die Bearbeitung dem zuarbeitenden Anwalt und nicht dem Unterzeichnenden zugerechnet (vgl. Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 7. Aufl., § 5 Rn. 331). Ein Rechtsanwalt, der vorgefertigte Formulare und Voreigene anwaltliche Tätigkeit drucke verwendet, erbringt jedoch, anders als der Unterzeichner einer fremden gedanklichen juristischen Leistung, eine eigene anwaltliche Tätigkeit. Eine persönliche anwaltliche Leistung setzt nicht voraus, dass der Bearbeiter persönliche Beratungsgespräche mit dem Mandanten führt, entscheidend ist, dass der Anwalt die Leistung selbst erbringt. Soweit eine anwaltliche Tätigkeit primär durch die Verwendung und Verarbeitung von Formularen erfolgt, mag sich diese Art der Tätigkeit qualitativ erheblich von individuell erarbeiteten Schriftsätzen unterscheiden, sie bleibt aber dennoch eine persönliche Leistung des Rechtsanwalts. Die Verwendung von Vordrucken und Formularen ist im anwaltlichen und gerichtlichen Geschäftsbetrieb allgemein üblich und bietet sich bei standardisierten Verfahren, wie einvernehmlichen Scheidungen, aus arbeitsökonomischen Gründen an. Es macht auch keinen Unterschied, ob der Bearbeiter einen bestimmten Standardtext immer wieder nach einer Vorlage aus dem Prozesshandbuch diktiert oder ob das Formular durch eine bestimmte Software zur Verfügung gestellt wird. Die persönlich anwaltliche Leistung besteht in Fällen des formularmäßigen Massengeschäfts darin, zu erkennen und zu entscheiden, ob sich der vorgetragene Fall für eine formularmäßige Bearbeitung eignet, ob der Fomulartext richtig verwendet worden ist oder ob in dem vorgelegten Fall aufgrund von Besonderheiten ein individueller Antrag formuliert werden muss. Dafür, dass das Ausfüllen vorgefertigter Formulare soSchutzrechtsanmeldungen wohl eine persönliche anwaltliche Leistung ist und diese Leistung fachanwaltsrelevant ist, spricht im Übrigen die Konzeption der FAO selbst. Unter § 5 I lit. o FAO sind die Voraussetzungen für die Erlangung der Fachanwaltsbezeichnung „gewerblicher Rechtsschutz“ geregelt. Danach ist es zulässig, einen Teil des Fallquorums durch Schutzrechtsanmeldungen zu erfüllen. Schutzrechtsanmeldungen sind Anmeldungen eines Patents, eines Gebrauchs- oder Geschmacksmusters. Hierzu muss ein vorgefertigtes Formular ausgefüllt werden, das bei den zuständigen Behörden erhältlich ist. Für das korrekte Ausfüllen des Formulars sind fachanwaltliche praktische Erfahrungen nicht erforderlich (vgl. Gaier/Wolf/Göcken/Quaas, Anwaltl. Berufsrecht, 3. Aufl., § 5 Rn. 73). Um zu verhindern, dass ein Bewerber das Fallquorum nach § 5 I lit. o FAO allein durch Schutzrechtsanmeldungen erfüllt, hat das Gesetz vorgesehen, dass von den vorgelegten Fällen lediglich fünf Schutzrechtsanmeldungen sein dürfen. In § 5 I lit. e FAO fehlt hingegen eine vergleichbare Regelung, weshalb der Bewerber um eine Fachanwaltsbezeichnung BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 275
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