BRAK-Mitteilungen 5/2022

liegt daher als irreführende Selbstdarstellung des Notars dem Verbot berufswidriger Werbung gem. § 29 I BNotO. [15] Daran vermag auch der Hinweis des Kl. auf das Rundschreiben Nr. 4/2015 der Notarkammer Mecklenburg-Vorpommern nichts zu ändern. Ungeachtet dessen, dass abweichende Regelungen im Bereich anderer Notarkammern – hier der Landesnotarkammer Bayern – möglich sind, befasst sich das Rundschreiben nicht mit der Verwendung der gleichwertigen Bezeichnung „Notar & Mediator“ gegenüber dem rechtsuchenden Publikum. Darin wird lediglich dargelegt, dass es zulässig sei, wenn der Notar einen untergeordneten und nicht in besonderer Weise hervorgehobenen Hinweis auf die Mediationstätigkeit auf dem Briefkopf führe. Für zulässig erklärt wird die Verwendung des Begriffs des Mediators bzw. zertifizierten Mediators lediglich, wenn Platzierung und Gestaltung die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen sowie ausgeschlossen ist, dass dadurch der Eindruck eines Zweitberufs erweckt wird (Frenz/Miermeister, a.a.O.). Daran fehlt es vorliegend, da durch die Verwendung der gleichwertigen Bezeichnung „Notar & Mediator“ beim rechtsuchenden Publikum, wie ausgeführt, der irreführende Eindruck hervorgerufen wird, der Notar übe neben seiner notariellen Amtstätigkeit aufgrund einer zusätzlichen beruflichen Qualifikation eine weitere berufliche Tätigkeit aus. [16] Da die Führung der Bezeichnung „Notar & Mediator“ in der Öffentlichkeit mit § 29 I BNotO i.V.m. Abschnitt VII Nr. 1.3 lit. c und e der Richtlinien unvereinbar ist, kann dahinstehen, ob zugleich die Tatbestände der unzulässigen Angabe eines Tätigkeits- oder Interessenschwerpunktes (Abschnitt VII Nr. 1.4 der Richtlinien) oder der unzulässigen Titelführung im Sinne von Abschnitt VII Nr. 2.1 der Richtlinien erfüllt sind. [17] (3) Der weitere Einwand des Kl., die Richtigkeit des angefochtenen Urteils sei auch deshalb ernsthaften Zweifeln ausgesetzt, weil das darin gebilligte Verbot der Führung der Bezeichnung „Notar & Mediator“ gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoße und daher mit dem Grundrecht der Berufsausübung aus Art. 12 I GG unvereinbar sei, greift ebenfalls nicht durch. [18] Der Kl., der als Notar einen staatlich gebundenen Beruf ausübt, kann für seine berufliche Tätigkeit grundsätzlich den Schutz des Art. 12 I GG beanspruchen. Zu den dadurch geschützten berufsbezogenen Handlungen gehört die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste. Regelungen der Berufsausübung müssen dem Rechtssatzvorbehalt des Art. 12 I 2 GG genügen und durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gedeckt sein. Darüber hinaus ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten. Das gewählte Mittel muss zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sein und auch die Grenze der Angemessenheit und Zumutbarkeit wahren (z.B. BVerfG, DNotZ 2005, 931, 932 und 2009, 702 Rn. 40). [19] Ob der Kl. – wie er geltend macht – sich hinsichtlich des Verbots, die Bezeichnung „Notar & Mediator“ zu führen, auf den Schutz der Berufsfreiheit berufen kann, kann letztlich dahinstehen. Jedenfalls wird die durch §§ 29 I, 67 II 1 und 3 Nr. 7 BNotO i.V.m. den Richtlinien der Landesnotarkammern geschützte ordnungsgemäße Berufsausübung durch eine amtswidrige irreführende Selbstdarstellung in Frage gestellt. Ein solches Verhalten zu verhindern, stellt ein legitimes Ziel des Gesetzgebers dar (vgl. BVerfG, DNotZ 2009, 792 Rn. 17). Das Verbot ist auch eine verhältnismäßige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit zur Wahrung einer geordneten Rechtspflege. Es ist geeignet und erforderlich, die durch Verwendung der Bezeichnung „Notar & Mediator“ mögliche Fehlvorstellung bei dem rechtsuchenden Publikum hinsichtlich der Ausübung eines Zweitberufs zu vermeiden und zu gewährleisten, dass die Notare in einheitlicher Weise in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten (vgl. Senat, Urt. v. 23.4.2018 – NotZ (Brfg) 6/17, DNotZ 2018, 930 Rn. 24). Das Verbot steht auch nicht im engeren Sinn außer Verhältnis zu der Berufsausübungsfreiheit des Kl., der dadurch – wie die Bekl. zu Recht anführt – nicht daran gehindert wird, auf seine Ausbildung als zertifizierter Mediator und seine Mediatorentätigkeit allgemein hinzuweisen, zum Beispiel im Rahmen der (zurückhaltenden) Gestaltung von Werbemedien wie Visitenkarten, Broschüren und des Internetauftritts (Homepage). Hierdurch kann auch dem Informationsinteresse des rechtsuchenden Publikums angemessen Rechnung getragen werden (vgl. Lerch/Sandkühler, a.a.O.). [20] (4) Da das OLG zu Recht angenommen hat, dass der Kl. nicht berechtigt ist, neben der Amtsbezeichnung „Notar“ gleichwertig die Tätigkeitsbezeichnung „Mediator“ zu führen, kann offenbleiben, ob das Schreiben der bekl. Notarkammer v. 11.11.2020 als Verwaltungsakt i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG i.V.m. § 64a I BNotO anzusehen ist. Die erhobene Anfechtungsklage wäre dann zwar statthaft, müsste aber als unbegründet abgewiesen werden. Die Zulassung der Berufung nach § 124 II Nr. 1 VwGO scheidet aus, wenn ein Urteil zwar möglicherweise zu Unrecht mit der Unzulässigkeit der Klage begründet worden ist, aber, wie hier, feststeht, dass der mit der Klage geltend gemachte Anspruch jedenfalls nicht besteht (vgl. Bayerischer VGH, NVwZ-RR 2004, 223; Kopp/W.-R. Schenke, a.a.O. Rn. 7a). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das OLG den Hilfsantrag auf Feststellung, dass der Kl. zur Führung der Tätigkeitsbezeichnung „Mediator“ berechtigt sei, als zulässig erachtet und dessen Begründetheit nach umfassender Prüfung verneint hat. [21] b) Aus den vorgenannten Gründen ist die Zulassung der Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 124 II Nr. 3 VwGO, § 111d S. 2 BNotO) veranlasst. Die Frage, ob der Kl. als hauptberuflicher Notar berechtigt ist, in der Öffentlichkeit die Bezeichnung „Notar & Mediator“ zu führen, lässt sich auf der Grundlage von § 29 I BNotO i.V.m. den hierzu erBERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 287

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