dene und damit rein subjektiv zu verstehende Unfähigkeit zur Selbstverteidigung. III. Die Ablehnung eines Beweisverwertungsverbots ist kritikwürdig. Die Aussage des Beschuldigten ist (insoweit mit dem Senat) aber nicht schon stets unverwertbar, sofern kein Verteidiger rechtzeitig beigeordnet worden ist. Ein folgenloses Unterlaufen des § 141 II Nr. 3 StPO verhindert nämlich bereits die Abwägungslehre, die maßgeblich auch darauf abstellt, ob der Rechtsverstoß vorsätzlich herbeigeführt worden ist oder die Hinnahme des Rechtsverstoßes rechtswidrige Beweiserhebungen begünstigen würde (a.A. Jahn, Löwe/Rosenberg/Jahn, § 141 Rn. 41 m.w.N.). Der Senat wendet die Abwägungslehre dann aber fehlerhaft an, der vorliegende Sachverhalt zwingt zur Annahme eines Verwertungsverbots (Lichtenthaler, FD-StrafR 2022, 449463; vgl. auch Hillenbrand, StRR 2022, 12: Handhabung der Abwägungslehre durch den 3. Senat „sehr restriktiv“; krit. auch Spitzer, StV 2022, 554, 560). Immerhin standen hier schwerste Vorwürfe im Raum, die Beweislage war sogar aus Sicht des Senats sehr schwierig (Rn. 6), der Angeklagte verfügte über keine ausreichenden Deutschkenntnisse und die Belehrung nach § 136 I 5 StPO erfolgte dann noch in einem falschen Wortlaut (ebenso Schork, NJW 2022, 2129). Hinzu kommt, dass die Ablehnung eines Verwertungsverbots selbst in einem solch klaren Fall eine rechtswidrige Beweiserhebung in Zukunft begünstigen kann und sicherlich auch wird. Vor diesem Hintergrund bleibt wenig Grund zu der Hoffnung, dass der BGH bei einem anderen Fall zu einer abweichenden Bewertung käme – vielleicht tatsächlich erst, wenn der Beschuldigte intellektuell gravierend minderbegabt ist oder an einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung leidet (so Hillenbrand, StRR 2022, 12). Rechtsanwalt Dr. Momme Buchholz, Kiel VERSICHERUNGSPFLICHT IN DER GESETZLICHEN RENTENVERSICHERUNG FÜR WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITER SGB VI § 6 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 V 2 * Eine Rechtsanwältin, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem festen Dienst- und Anstellungsverhältnis an einer Universität tätig ist, hat keinen Anspruch auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.1.2022 – L 3 R 560/19 AUS DEM TATBESTAND: Streitig ist die Befreiung der Kl. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 V 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu N, der Beigeladenen zu 3), v. 1.3.2016 bis zum 7.12.2016. Die am 00.00.1969 geborene Kl. war seit dem 20.11. 2003 aufgrund ihrer Zulassung als Rechtsanwältin Mitglied in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung, der Beigeladenen zu 1). In der Vergangenheit wurde sie mehrfach für befristete Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Universität bzw. als Doktorandin am K-Institut befreit, zuletzt mit Bescheid v. 12.7.2012 für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität G v. 19.3. 2012 bis zum 18.9.2012. Am 1.4.2016 beantragte die Kl. die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Dauer einer zeitlich befristeten Beschäftigung v. 1.3.2016 bis zum 28.2.2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Beigeladenen zu 3). Für diese Tätigkeit sei sie wie bisher von der Versicherungspflicht zu befreien. Entweder sei die Tätigkeit als Rechtsanwaltstätigkeit zu werten, da sie an der juristischen Fakultät für Forschung und Lehre tätig sei (rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend) oder es komme eine Befreiung nach § 6 I 1 Nr. 1 i.V.m. V SGB VI in Betracht. Hilfsweise beantrage sie die Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwältin. Sie habe die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin bei der RAK München beantragt. Die Kl. legte ihren Arbeitsvertrag mit der Beigeladenen zu 3) v. 19.2.2016 vor. Hiernach wurde sie ab dem 1.3.2016 befristet bis zum 28.2.2018 als Vollzeitbeschäftigte eingestellt. Die Kl. wurde nach der Entgeltgruppe 13 des TV-L entlohnt. Mit Bescheid v. 26.10.2016 lehnte die Bekl. den Antrag der Kl. auf Befreiung von der Versicherungspflicht für ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Beigeladenen zu 3) ab dem 1.3.2016 ab. Nach dem Urteil des BSG v. 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R stelle eine Erstreckung keinen eigenständigen Befreiungstatbestand dar, sondern setze eine nach § 6 I 1 SGB VI erteilte Befreiung voraus. Die Kl. sei als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Beigeladenen zu 3) berufsfremd und befristet beschäftigt. Daneben liege keine aktuell wirksame Befreiung für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit für den Beruf als Rechtsanwältin vor. Eine Befreiung im Wege der Erstreckung könne daher nicht erfolgen. Die Kl. legte am 25.11.2016 Widerspruch ein. § 6 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 V SGB VI solle sicherstellen, dass die vorübergehende Ausübung einer „berufsfremden“ Beschäftigung den Betroffenen nicht zu einem Wechsel seines Alterssicherungssystems zwinge. Dabei sei es unerheblich, ob eine selbstständige oder angestellte Rechtsanwaltstätigkeit Grundlage für die Erstreckung von der Versicherungspflicht sei. Die von der Bekl. zitierte Entscheidung des BSG betreffe einen anderen Sachverhalt. Vorliegend erstrecke sich die „gesetzliche“ Befreiung für die selbstständige Tätigkeit auf die berufsSONSTIGES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2022 293
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