BRAK-Mitteilungen 6/2022

BRAK MIT TEILUNGEN Zeitschrift für anwaltliches Berufsrecht BEIRAT DEZEMBER 2022 53. JAHRGANG 6/2022 S. 297–362 AKZENTE U. Wessels Herzensanliegen AUFSÄTZE T. Nitschke Die „neue“ Bürogemeinschaft M. Herberg/J. Schroeder-Printzen Die Anwaltschaft im Blick des 12. Senates des BSG D. Engel Die Entwicklung des Fachanwaltsrechts im Jahr 2022 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BAG Einfache elektronische Signatur bei Einzelanwalt (Anm. T. Nitschke) LSG Baden-Württemberg Keine abhängige Beschäftigung bei bloßer Umsatzbeteiligung an Mandaten (Anm. S. Krautschneider)

Seibt/Westpfahl StaRUG Kommentar Entweder konsensuale Sanierung oder Insolvenzverfahren – das war einmal. Mit dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) hat der Gesetzgeber einen neuen Ausweg aus Krisensituationen geschaffen. Nun können Unternehmen selbst außerinsolvenzliche Restrukturierungspläne entwickeln, ohne Blockaden einzelner Gläubiger fürchten zu müssen. Der Bedarf an fundierter Beratung zum Thema wächst. Daher kommt der Seibt/ Westpfahl zur rechten Zeit. Der wissenschaftlich kritische als auch klar praxisorientierte Kommentar behandelt Restrukturierungen nach dem StaRUG als eigenständiges Rechtsgebiet und berücksichtigt auch einschlägige gesellschaftsrechtliche sowie insolvenzrechtliche Normen. Ein Blick auf ausländische Sanierungsverfahren und steuerrechtliche Fragestellungen rundet das inhaltliche Angebot ab. Leseprobe und Bestellung unter www.otto-schmidt.de Erkunden Sie neue Wege. Neu! Seibt/Westpfahl StaRUG Kommentar Herausgegeben von RA Prof. Dr. Christoph H. Seibt und RA Dr. Lars Westpfahl. Bearbeitet von 27 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis. 2023, 1.784 Seiten Lexikonformat, gbd. 199 €. ISBN 978-3-504-32219-9 Das Werk online www.otto-schmidt.de/bminz www.juris.de/insolvenzr

INHALT Alle Entscheidungen und Aufsätze in unserer Datenbank www.brak-mitteilungen.de AKZENTE U. Wessels Herzensanliegen 297 AUFSÄTZE T. Nitschke Die „neue“ Bürogemeinschaft 298 M. Herberg/J. Schroeder-Printzen Die Anwaltschaft im Blick des 12. Senates des BSG 301 D. Engel Die Entwicklung des Fachanwaltsrechts im Jahr 2022 304 A. Jungk/B. Chab/H. Grams Pflichten und Haftung des Anwalts – Eine Rechtsprechungsübersicht 310 AUS DER ARBEIT DER BRAK T. Nitschke Die BRAK in Berlin 317 A. Gamisch/S. Pratscher/F. Boog Die BRAK in Brüssel 321 V. Horrer/S. Schaworonkowa/R. Khalil Hassanain Die BRAK International 322 Sitzung der Satzungsversammlung 325 PERSONALIEN A. Haug Nachruf auf Rechtsanwalt Dr. Jobst Wellensiek 325 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BVerfG 4.8.2022 1 BvR 1072/17 Mangelndes Rechtsschutzbedürfnis für Verfassungsbeschwerde nach Inkrafttreten des § 59i BRAO n.F. (LS) 326 LG Berlin 8.8.2022 83 O 9/22 Sittenwidriger Mietvertrag aufgrund anwaltlicher Interessenkollision (LS) 326 ZULASSUNG Hamburgischer AGH 11.7.2022 AGH I ZU 11/2018 (I-24) Zulassungswiderruf wegen Vermögensverfalls (LS) 326 INHALT BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 III

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG SYNDIKUSANWÄLTE BGH 25.8.2022 Anwz (Brfg) 3/22 Auslegung des Begriffs „Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers“ 327 Bayerischer AGH 14.7.2022 BayAGH III-4-12/21 n.rkr. Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt bei einer Landesapothekerkammer 331 PROZESSUALES BGH 10.3.2022 I ZR 70/21 berichtigt durch Beschl. v. 28.7. 2022 Prozessvertretung durch Haftpflichtversicherer (LS) 335 ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BGH 20.9.2022 XI ZB 14/22 Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung (LS) 336 BGH 7.9.2022 XII ZB 215/22 Erfordernis der Namenswiedergabe bei einer einfachen Signatur 336 BAG 25.8.2022 2 AZN 234/22 Einfache elektronische Signatur bei Einzelanwalt (m. Anm. T. Nitschke) 338 LAG Hamm 27.9.2022 10 Sa 229/22 beA-Nutzungspflicht für Syndikusrechtsanwälte 340 LSG BadenWürttemberg 2.8.2022 L 11 BA 2492/20 Keine abhängige Beschäftigung bei bloßer Umsatzbeteiligung (m. Anm. S. Krautschneider) 345 FG Rheinland-Pfalz 12.7.2022 4 V 1340/22 beA-Nutzungspflicht in interprofessioneller Sozietät (LS) 352 STEUERN BSG 28.6.2022 B 12 R 1/20 R Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung als Arbeitsentgelt 352 SONSTIGES BGH 12.9.2022 AnwZ (Brfg) 41/21 Ungültige Vorstandswahlen (LS) 355 BGH 30.5.2022 AnwZ (Brfg) 47/21 Elektronische Wahl zur Satzungsversammlung (LS) 356 BSG 28.6.2022 B 12 R 4/20 R Sozialversicherungspflicht von anwaltlichen GesellschafterGeschäftsführern 356 BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 INHALT IV IMPRESSUM BRAK-MITTEILUNGEN UND BRAK-MAGAZINZeitschrift für anwaltliches Berufsrecht HERAUSGEBERIN Bundesrechtsanwaltskammer, Littenstr. 9, 10179 Berlin, Tel. (0 30) 28 49 39-0, Telefax (0 30) 28 49 39-11, E-Mail: redaktion@brak.de, Internet: https://www.brak.de/publikationen/brak-mitteilungen/brak-magazin/, Online-Ausgaben und Archiv: http://www.brak-mitteilungen.de. REDAKTION Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. (Schriftleitung), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln (Bayenthal), Tel. (02 21) 9 37 38-997 (Vertrieb/Abonnementverwaltung), Telefax (02 21) 9 37 38-943 (Vertrieb/Abonnementverwaltung), E-Mail: info@otto-schmidt.de. KONTEN Sparkasse KölnBonn (DE 87 3705 0198 0030 6021 55); Postgiroamt Köln (DE 40 3701 0050 0053 9505 08). ERSCHEINUNGSWEISE Zweimonatlich: Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember. BEZUGSPREISE Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern werden die BRAK-Mitteilungen im Rahmen des Mitgliedsbeitrages ohne Erhebung einer besonderen Bezugsgebühr zugestellt. Jahresabonnement 109 € (zzgl. Zustellgebühr); Einzelheft 21,80 € (zzgl. Versandkosten). In diesen Preisen ist die Mehrwertsteuer mit 6,54% (Steuersatz 7%) enthalten. Kündigungstermin für das Abonnement 6 Wochen vor Jahresschluss. ANZEIGENVERKAUF sales friendly Verlagsdienstleistungen, Pfaffenweg 15, 53227 Bonn; Telefon (02 28) 9 78 98-0, Fax (02 28) 9 78 98-20, E-Mail: media@sales-friendly.de. Gültig ist Preisliste vom 1.1.2022 URHEBER- UND VERLAGSRECHTE Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache übertragen werden. Das gilt auch für die veröffentlichten Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie von der Schriftleitung bearbeitet sind. Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Einzelkopien hergestellt werden. ISSN 0722-6934 DATENSCHUTZHINWEISE unter https://www.brak.de/datenschutz

Jeden Donnerstag und Freitag 2,5-Stunden nach § 15 Abs. 2 FAO inkl. Skriptum und Teilnahmeurkunde Unser komplettes Seminarangebot finden Sie unter: www.eiden-seminare.com Veranstalter: Eiden Juristische Seminare Partnachstraße  *DUPLVFK-Partenkirchen Telefon 0221/981026-44 E-Mail: ec@eiden-seminare.com AKTUELLE HINWEISE IM BUNDESGESETZBLATT VERKÜNDET Zehnte Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 206 der Bundesrechtsanwaltsordnung BGBl. v. 25.10.2022, S. 1798 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 I des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung – FVerlV) BGBl. v. 25.10.2022, S. 1803 Drittes Gesetz zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften (3. Personenstandsrechts-Änderungsgesetz – 3. PStRÄndG) BGBl. v. 25.10.2022, S. 1744 Gesetz zur Abschaffung des Güterrechtsregisters und zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes BGBl. v. 8.11.2022, S. 1966 IM EU-AMTSBLATT VERKÜNDET Durchführungsverordnung (EU) 2022/1501 des Rates v. 9.9.2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 208/ 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine Durchführungsverordnung (EU) 2022/1504 der Kommission v. 6.4.2022 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates hinsichtlich der Einrichtung eines zentralen elektronischen Zahlungsinformationssystems (CESOP) zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug ABl. der Europäischen Union L 235 v. 12.9.2022 Beschluss (GASP) 2022/1530 des Rates v. 14.9.2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen ABl. der Europäischen Union L 239 v. 15.9.2022 Verordnung (EU) 2022/1925 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 14.9.2022 über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor und zur Änderung der Richtlinien (EU) 2019/1937 und (EU) 2020/1828 (Gesetz über digitale Märkte) ABl. der Europäischen Union L 265 v. 12.10.2022 Berichtigung der Verordnung (EU) 2021/784 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.4.2021 zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte (ABl. L 172 v. 17.5.2021) IM BUNDESGESETZBLATT VERKÜNDET AKTUELLE HINWEISE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 V

Berichtigung der Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.9.2018 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/1624 und (EU) 2017/2226 (ABl. L 236 v. 19.9.2018) ABl. der Europäischen Union L 266 v. 13.10.2022 Richtlinie (EU) 2022/2041 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19.10.2022 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union ABl. der Europäischen Union L 275 v. 25.10.2022 Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19.10.2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste) ABl. der Europäischen Union L 277 v. 27.10.2022 AUS DEN ZEITSCHRIFTEN BRAK-Mitteilungen und Anwaltsblatt sind für jeden berufsrechtlich Interessierten Pflichtlektüre. Nachfolgend dokumentiert das Institut für Anwaltsrecht der Universität zu Köln Aufsatzliteratur zum Berufsrecht der Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater, die in den zurückliegenden Wochen in anderen Periodika und Sammelwerken veröffentlicht worden ist. Aus Platzgründen muss eine wertende Auswahl getroffen werden: Zusammengestellt vom Institut für Anwaltsrecht der Universität zu Köln durch Katarina Gaun. Kontakt zur Literaturschau: anwaltsrecht@googlemail.com Anwalt und Kanzlei (AK) Nr. 9: Szkola, Fördermittel für die Kanzlei: Digitale Infrastruktur wird bunds- und landesweit wieder gefördert (146); Henke, Berufsrecht: Intervision ist das DAV-Modell zur kollegialen Beratung in moderierten Online-Gruppen (151); Nr. 10: CramerScharnagl, Kommunikation. Erfolgreich um ein Unternehmensmandat pitchen (178). Anwalts Gebühren Spezial (AGS) Nr. 9: Burhoff: Die Pauschalgebühr des Strafverteidigers nach §§ 42, 51 RVG – eine Bestandsaufnahme der Rechtsprechung ab 2014 (385); Nr. 10: Schneider, Die Beauftragung des Terminsvertreters im Namen des Anwalts (II); Burhoff, Die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit in mehreren Strafverfahren – Teil 1: Verbindung von Verfahren (433). Anwaltsrevue (Schweiz) Nr. 9: Fellmann, Interessenkollisionen und Rechtsanwaltsgesellschaften in Deutschland – Lehren für die Schweiz (379); Nr. 10: Steiner, Neues DSG: Umsetzung und Anwendung in Anwaltskanzleien (417). Berliner Anwaltsblatt (BerlAnwBl) Nr. 10: Ruschin; Was bringt ein Nachhaltigkeitsbericht? Auch kleinere Kanzleien müssen sich in den nächsten Jahren mit ihrem CO2-Fussabdruck beschäftigten (373); Jahn, Kanzleimarketing: Effektiver Einsatz von Content. Wie Sie mit juristischen Inhalten Ihren Umsatz erhöhen (377); Cosack, Die große BRAO-Reform und das beA. Das Gesellschaftspostfach: Arbeitserleichterung oder Mehraufwand? (382); Nr. 11: Wolf, Europaratskonvention zum Anwaltsberuf. Expertenkomitee erarbeitet völkerrechtlichen Schutzmechanismus für die Anwaltschaft (404). Das Juristische Büro (JurBüro) Nr. 8: Deinert, Betreuungsrechtsreform 2023 – und der Status der Rechtsanwälte? (395); Nr. 9: Schneider, Anwalts- und Gerichtskosten beim Kostenwiderspruch (449). Der Sachverständige (DS) Nr. 9: Wirwohl, Von Dauerbrennern und Exoten – Rechtsberatung im BVS (209). Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ) Nr. 11: Strauß, Die Neufassung der Dienstordnung für Notarinnen und Notare zum 1.1. und zum 1.8.2022 (805); Blaeschke, Geldwäscheaufsicht über Notarinnen und Notare (827). Die Steuerberatung (Stbg) Nr. 9: Beyme, Änderung der Berufsordnung und der Fachberaterordnung zum 1.8. 2022 (316). Die Wirtschaftsprüfung (WPg) Nr. 18: Kelm/Deckers, Reform des Berufsrechts für Rechtsanwälte und Steuerberater. Welche Auswirkungen ergeben sich für Wirtschaftsprüferpraxen? (1057). Deutsches Steuerrecht (DStR) Nr. 37: Willerscheid, Die neuen Regelungen zur Absicherung der Berufspflichten in Berufsausübungsgesellschaften (1924); Nr. 38: Rennebarth, Die Ergebnisse der Steuerberaterprüfung 2021/2022 – Analyse der aktuellen Zahlen auch im Kontext früherer Prüfungen (1971); Nr. 40: Lang; Die Rolle des Mandantenportals im Steuerberater-Mandanten-Prozess (24); Nr. 43: Gebertshammer, Die Karriere als Steuerberater – Viele Wege führen nach Rom (25, Beilage Karriere Special Steuern). GRURPrax Nr. 19: Hauck/Werner, Kostenerstattung bei immaterialgüterrechtlichen Streitigkeiten nach der Entscheidung „Patentanwaltkosten“ des OLG Düsseldorf (535). Kammerforum Köln Nr. 2: von Seltmann, Das beA für Berufsausübungsgesellschaften. Wann kommt es, wer bekommt es und was ist daran besonders? (46). Kammermitteilungen der RAK Düsseldorf Nr. 3: Fuhrmann, Stadt, Land, Fluss... weshalb sinkende Anwaltszahlen nicht nur ein Problem für die Fläche sind (45). Kammerreport Thüringen Nr. 2: Groppler, Die Fachanwaltschaft – auch zukünftig eine Erfolgsgeschichte? (13). Kanzleiführung professionell (KP) Nr. 10: Wolff/Derlath, Digitale Kanzleiprozesse: Mit dem beSt von der analogen zur digitalen Unterschriftenmappe (164); Peters, Digitale Betriebsprüfung: So bereiten Sie sich (und den Mandanten) optimal auf die digitale Betriebsprüfung vor (172); Ketteler, Kanzleiorganisaton: Mit dem Rollenmodell strukturieren Sie Ihren Aufgabenbereich (176); AUS DEN ZEITSCHRIFTEN BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 AKTUELLE HINWEISE VI

www.arber-campus.de Fokus auf Zukunft ARBER-Seminare GmbH / E-Mail info@arber-campus.de / +49 (30) 28 69 21 29 Bereits bestehender Fachanwaltslehrgang anrechenbar! Fragen? Dann buchen Sie gerne einen telefonischen Beratungstermin. Berufsbegleitende Masterstudiengänge Master of Laws LL.M. Arbeitsrecht LL.M. Handels- und Gesellschaftsrecht LL.M. Medizinrecht LL.M. Bewerbungen SoSe 23 bis15.01.2023 Beyme, Berufsrecht: Änderung der Berufsordnung zum 1.8.2022 – Notwendiges geregelt, aber Chance vertan! (179); Nr. 11: Goez/Kraus, Honorar. Wie weit reicht das Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters? (201). NJW-Spezial Nr. 18: Dahns, Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (574); Nr. 20: Dahns, Zulässigkeit doppelstöckiger Anwaltsgesellschaften (638). Neue Wirtschafts-Briefe (NWB) Nr. 39: Günther, Änderungen der BOStB zum 1.8.2022 in Kraft getreten. Satzungsversammlung beschließt nur allernötigste Anpassungen an Entwicklungen im Berufsrecht (2887); Nr. 41: Lüth, NWB Spotlight: Der Steuerberater: Dein Freund und Enabler (2878); Nr. 43: Leibner/Koobs, Aus §102 StaRUG folgende Belehrungspflicht des Steuerberaters gegenüber dem Mandanten (3057). Österreichisches Anwaltsblatt Nr. 11: Völkel/Ramprecht, Smart Contracts und der geschützte anwaltliche Tätigkeitsbereich (574); Weilguny, Zulässige Formen des anwaltlichen Erfolgshonorars in der Judikatur (577). RENOpraxis Nr. 10: Riegler/Vetter, Geldwäsche: Mitwirkungspflicht oder bürokratische Schikane? (234). Stud.Jur Nr. 2: Röth, Neues im anwaltlichen Berufsrecht (18 Beilage Karriere im Recht). DAI – VERANSTALTUNGSKALENDER Januar – Februar 2023 Das Deutsche Anwaltsinstitut e.V. bietet die Mehrzahl der unten aufgeführten Fortbildungen als Hybrid-Veranstaltung an, bei denen Sie die Wahl haben: Sie können die entsprechende Fortbildung am jeweiligen Standort als Präsenzveranstaltung oder im Live-Stream als Online-Vortrag LIVE verfolgen. Ausgewählte Angebote finden zudem als reine Präsenzveranstaltung statt. Alle aktuellen Termine finden Sie unter www.anwaltsinst itut.de. Die Auswahl wird stetig erweitert und aktualisiert! Bank- und Kapitalmarktrecht Online-Vortrag LIVE: Aktuelle Entwicklungen im Recht der Zahlungsdienste – insbesondere unter Berücksichtigung der obergerichtlichen Rechtsprechung 20.1.2023, Live-Übertragung im eLearning Center Erbrecht Online-Vortrag LIVE: Schnittstellen Erbrecht und neues Betreuungsrecht 2023 27.2.2023, Live-Übertragung im eLearning Center AKTUELLE HINWEISE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 VII

Gustavus Handelsregisteranmeldungen Begründet von Vors. RiLG a.D. Prof. Dr. Eckhart Gustavus. Bearbeitet von Notar a.D. Prof. Walter Böhringer und RiAG Robin Melchior. 11. neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2022, ca. 600 Seiten, brosch., 64,80 €. ISBN 978-3-504-45522-4 Buch + Datenbank, Freischaltcode im Buch. Das Werk online otto-schmidt.de/akgr juris.de/hgr Gewusst wie! Wenn es um Anmeldungen oder Erklärungen zum Handelsregister geht, liefert der Gustavus Mustertexte und fundierte Hinweise für notwendige notarielle Beglaubigungen und Bescheinigungen. Mit Erläuterungen zu den anfallenden Kosten bei Gericht und Notar. Neu: Mit DiRUG – Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie samt Ergänzungsgesetz (DiREG) –, durch das die OnlineGründung einer GmbH/UG (haftungsbeschränkt) und die Online-Beglaubigung für alle Rechtsformen ermöglicht wird. Mit MoPeG – Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts –, das zum 1.1.2024 ein neues Gesellschaftsregister zur Registrierung der GbR bringt. Speziell zur eGbR: ein neues Kapitel mit Anmeldevoraussetzungen, Anmeldetexten und Kostenhinweisen, Statuswechsel und Handlungsbedarf bei Alt-GbRs. Außerdem: die Novelle des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, Neuregelungen zum grenzüberschreitenden Formwechsel. Bestellung und Leseprobe www.otto-schmidt.de Neuauflage: Buch + Datenbank. Über 200 Muster zum Download. Otto Schmidt online

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Das FortbilDungszertiFikat Der brak · Fachkompetenz sichtbar gemacht · Orientierung für Mandanten und potenzielle Mandanten · Zur Werbung auf Briefkopf, Homepage, Visitenkarten oder in Anzeigen Weitere Informationen unter: www.brakfortbildungszertifikat.de Sozialrecht Europäisches Sozialrecht – Fallbeispiele aus der anwaltlichen Praxis und ihre Lösung – Fortbildungsplus zur 35. Sozialrechtlichen Jahresarbeitstagung 23.2.2023, Hybrid: Köln, Pullman Cologne und Live-Übertragung im eLearning Center 35. Sozialrechtliche Jahresarbeitstagung 24.-25.2.2023, Hybrid: Köln, Pullman Cologne und Live-Übertragung im eLearning Center Strafrecht Online-Vortrag LIVE: Effektive Verteidigung bei strafprozessualen Ermittlungsmethoden (einschl. digitaler Ermittlungsmethoden), Untersuchungshaft und Vermögensabschöpfung 9.2.2023, Live-Übertragung im eLearning Center Online-Vortrag LIVE: Beweisrecht – Beweismittel, Beweisanträge, Beweiswürdigung 21.2.2023, Live-Übertragung im eLearning Center Verwaltungsrecht Online-Vortrag LIVE: Praxis des Verwaltungsprozesses: Der Beweisantrag 19.1.2023, Live-Übertragung im eLearning Center Online-Vortrag LIVE: Praxisprobleme des einstweiligen Rechtsschutzes 26.1.2023, Live-Übertragung im eLearning Center Weitere aktuelle Informationen des DAI finden Sie unter www.anwaltsinstitut.de (R)ECHT INTERESSANT! – DER BRAK-PODCAST „(R)ECHT INTERESSANT!“ – WIR PLAUDERN ÜBER RECHTSTHEMEN „(R)ECHT INTERESSANT“ wurde von den Leserinnen und Lesern von JURios, dem Online-Magazin für kuriose Rechtsnachrichten, als bester Jura-Podcast des Jahres 2021 in der Kategorie 3 (weitere Podcasts) gewählt. Im Rahmen der Podcast-Reihe „(R)ECHT INTERESSANT!“ erörtert die BRAK seit Oktober 2020 in lockerer Atmosphäre anwaltsspezifische und berufsrechtlich relevante Themen mit interessanten Gesprächspartnern aus Politik, Justiz und Anwaltschaft. Zuletzt wurden diese Folgen veröffentlicht: Folge 82: Beruflicher Erfolg durch Arroganz – Tipps vom Coach Teil 2 Und weiter geht es mit dem Kommunikationscoach Dr. Peter Modler! Ein weiteres Mal bekommen wir Sprachunterricht in Sachen erfolgreiche Kommunikation. In der letzten Folge haben wir ein paar erste Grundbegriffe der horizontalen und vertikalen Sprache erlernt. Wir wissen um die Bedeutung von beruflichen Territorien und An- bzw. Zuerkennung von Rängen. Huch? Rangverhalten? Territorium? Ja, exakt. Wir kennen die Unterscheide zwischen High Talk, Basic Talk und Move Talk. (R)ECHT INTERESSANT! – DER BRAK-PODCAST BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 AKTUELLE HINWEISE X (Fortsetzung S. XII)

BRAK MIT TEILUNGEN DEZEMBER 2022 · AUSGABE 6/2022 53. JAHRGANG AKZENTE HERZENSANLIEGEN Dr. Ulrich Wessels Das Jahresende ist für gewöhnlich die Zeit der Rückund Ausblicke. 2022 könnte man sehr verkürzt resümieren: etwas weniger Corona, mehr Krieg. Die Pandemie, die uns seit bald drei Jahren beschäftigt, und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben auf den ersten Blick wenig gemein. Und doch lehren beide uns, wie elementar rechtsstaatliche Prinzipien und eine funktionierende Justiz sind. Besonders drastisch zeigt das ein Blick in die Ukraine. Verwaltung wie auch anwaltliche Selbstverwaltung bieten ihre Services digital an und bleiben dadurch auch in der Krise ansprechbar und handlungsfähig. Online-Verhandlungen machen es möglich, Gerichtstätigkeit aufrecht zu erhalten, die sonst kriegsbedingt undenkbar wäre. Notgedrungen hat sich seit Ende Februar erwiesen, dass ein hohes Level an Digitalisierung das Funktionieren des Rechtsstaats gewährleisten hilft. Auch in Deutschland mussten wir, gerade im ersten Jahr der Pandemie, die Erfahrung machen, dass funktionierende Gerichte nicht selbstverständlich sind. Ihre Arbeitsfähigkeit litt unter den Corona-Schutzmaßnahmen genauso wie die von Unternehmen und Kanzleien. Viele Verfahren verzögerten sich, und die Gerichte hatten ihre liebe Not, die technische Infrastruktur und das Know How für Videokonferenzen auszubauen. Zugleich gab die Pandemie vermehrt Anlass, gesetzgeberisches Handeln gerichtlich zu kontrollieren. All das verdeutlicht: Der Rechtsstaat muss für die Krise gerüstet sein. Seine Förderung und Wahrung ist der BRAK seit jeher ein Herzensanliegen. Wiederholt hat sie deshalb ihre Forderungen und Positionen an die Politik herangetragen, auch bereits beim „Pakt für den Rechtsstaat“. Die Justiz muss dazu nicht nur personell und sachlich gut ausgestattet, sondern vor allem auch eins sein: digital. Unterstützung und Zustimmung erfährt die BRAK vom Bundesministerium der Justiz. Erfreulicherweise nimmt man sie dort nun beim Wort und bezieht sie in rechtsstaatliche Projekte ein. Dafür, dass das Ministerium ausdrücklich die Expertise der Anwaltschaft zu Reformvorhaben wie etwa dem Ausbau von Online-Verhandlungen oder der digitalen Dokumentation und Transkription strafgerichtlicher Hauptverhandlungen erbittet, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Diese Vorhaben sind wichtige Schritte zum weiteren Ausbau der Digitalisierung – doch viele weitere müssen folgen. Der elektronische Rechtsverkehr muss ebenfalls weiter ausgebaut werden. Das bundesweite Akteneinsichtsportal, an dem Anwältinnen und Anwälte sich seit Kurzem einfach über ihr beA anmelden können, ist ein weiterer wichtiger Schritt. Nur muss es noch mit Leben gefüllt werden – und dazu braucht es vor allem mehr elektronische Akten. Das Bundesjustizministerium ist in Sachen eAkte selbst vorangegangen und hat die Aktenführung im eigenen Haus vollständig digitalisiert, und es berät andere Ministerien bei der Einführung. Die Länderjustizen und -verwaltungen müssen die elektronische Akte erst bis zum 1.1.2026 führen. Es gibt eine Reihe von Pilotprojekten und einzelne Gerichtszweige haben in manchen Ländern bereits ganz umgestellt; anderen steht das noch bevor. Nicht nur bei der eAkte, sondern auch beim neuen „Pakt für den digitalen Rechtsstaat“ ist entscheidend, dass Bund und Länder an einem Strang ziehen: mit einheitlichen technischen Standards und Schnittstellen, damit die unterschiedlichen Systeme interoperabel sind. Denn ein Flickenteppich länderspezifischer technischer Lösungen bringt die Digitalisierung nicht schneller voran, sondern lähmt sie und lässt Synergien ungenutzt. Hier ist der Bundesgesetzgeber in der Pflicht. Anwältinnen und Anwälte stellen den mit Abstand größten Teil der „Anwender“ bei digitaler Justiz und elektronischem Rechtsverkehr. Ihre Expertise muss deshalb umfassend in die weitere Entwicklung einfließen, auf Bundes- wie Länderebene. Deshalb wird die BRAK sich auch im kommenden Jahr weiter für ihr Herzensanliegen, den digitalen Rechtsstaat, einsetzen. Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich frohe Weihnachten (so Sie es denn feiern) und ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr! Ihr Dr. Ulrich Wessels AKZENTE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 297

AUFSÄTZE DIE „NEUE“ BÜROGEMEINSCHAFT RECHTSANWÄLTIN DR. TANJA NITSCHKE, MAG. RER. PUBL.* * Die Autorin ist Rechtsanwältin in Karlsruhe und Geschäftsführerin der BRAK. Durch die „große BRAO-Reform“ wurde die berufliche Zusammenarbeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zum 1.8.2022 umfassend neu geregelt. Die Bürogemeinschaft, die bislang zwar häufig praktiziert wurde, aber gesetzlich nicht geregelt war, wurde erstmals in § 59q BRAO legaldefiniert und gewisse Grundregeln für sie festgehalten. Der Beitrag erläutert die neuen Regelungen. I. EINLEITUNG Die „große BRAO-Reform“, die zum 1.8.2022 in Kraft trat,1 1 BGBl. 2021 I, 2363. brachte eine umfassende Neuregelung der beruflichen Zusammenarbeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe wurde vor allem die berufliche Zusammenarbeit mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und mit Angehörigen anderer Berufe vollständig neu geregelt; weitere Änderungen betreffen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen und den Umfang der Rechtsberatungsbefugnis von Syndikusrechtsanwältinnen und -rechtsanwälten.2 2 Vgl. die Überblicke bei Nitschke, BRAK-Mitt. 2021, 218; Kilian, NJW 2021, 2385; speziell zur Interessenkollision s. Deckenbrock, BRAK-Mitt. 2022, 6; Diller, AnwBl. 2021, 470. Dabei wurde auch ein neuer rechtlicher Rahmen für die Bürogemeinschaft geschaffen, die nun gesetzlich definiert wird. Im Vergleich zu Berufsausübungsgesellschaften ist der Kreis der Personen, mit denen Anwältinnen und Anwälte eine Bürogemeinschaft begründen können, deutlich weiter. Zudem gilt das Tätigkeitsverbot bei Interessenkollision nicht mehr für Bürogemeinschaften. Damit beabsichtigte der Gesetzgeber eine deutliche Vereinfachung der Regelungen für Bürogemeinschaften.3 3 Vgl. BR-Drs. 55/2021, 162. II. BEGRIFF DER BÜROGEMEINSCHAFT In § 59q I BRAO wurde die Bürogemeinschaft gesetzlich definiert als Gesellschaft, „die der gemeinschaftlichen Organisation der Berufstätigkeit der Gesellschafter unter gemeinschaftlicher Nutzung von Betriebsmitteln dient, jedoch nicht selbst als Vertragspartner von rechtsanwaltlichen Mandatsverträgen auftreten soll“. Als gemeinschaftlich genutzte Betriebsmittel kommen z.B. Räume, IT-Ausstattung und Personal in Betracht.4 4 Vgl. BT-Drs. 19/26760, 199. Die Bürogemeinschaft wird daher vielfach, in Abgrenzung zur Berufsausübungsgesellschaft, als Betriebsgemeinschaft bezeichnet.5 5 S. etwa BGH, Urt. v. 29.1.2018 – AnwZ (Brfg) 32/17, BRAK-Mitt. 2018, 85 Rn. 38; Weyland/Brüggemann, BORA, 10. Aufl. 2020, § 59a Rn. 79; BeckOK BORA/Römermann, 21. Ed. 2018, § 59a Rn. 206. Kennzeichnend ist, dass alle beteiligten Anwältinnen und Anwälte ihre berufliche Eigenständigkeit behalten; sie nehmen weder Mandate noch Gebühren gemeinschaftlich entgegen, sondern teilen lediglich bestimmte Betriebskosten.6 6 BGH, Urt. v. 29.1.2018 – AnwZ (Brfg) 32/17, BRAK-Mitt. 2018, 85 Rn. 38; Weyland/Brüggemann, BORA, § 59a Rn. 79; BeckOK BORA/Römermann, § 59a Rn. 207. Eine inhaltliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage ist mit § 59q I BRAO nicht verbunden, sondern im Wesentlichen eine Kodifikation des bislang in Rechtsprechung und Literatur geprägten Begriffsverständnisses.7 7 Vgl. zu diesem etwaWeyland/Brüggemann, BORA, § 59a Rn. 79; Henssler, Stn. zum Gesetzentwurf, S. 13, sowie ders., AnwBl. 2021, 69, 75, hält die Legaldefinition für überfällig. III. GESELLSCHAFTERKREIS Eine Bürogemeinschaft können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach § 59q I BRAO untereinander bilden. In § 59q II BRAO werden zudem ausdrücklich interprofessionelle Bürogemeinschaften zugelassen. Dies war auch nach dem alten Recht so. Jedoch zog § 59 III BRAO a.F. den Kreis der als Bürogemeinschafter in Betracht kommenden Personen wesentlich enger: Bürogemeinschaften waren danach nur mit Angehörigen anderer rechtsberatender, steuerberatender Berufe zulässig.8 8 S. auch BGH, Beschl. v. 29.9.2003 – AnwZ (B) 24/00, BRAK-Mitt. 2004, 35 (nach der damaligen Fassung: § 59 IV BRAO a.F.); Urt. v. 29.1.2018 – AnwZ (Brfg) 32/17, BRAK-Mitt. 2018, 85 Rn. 7. Die insoweit bestehende Gleichbehandlung von Sozietäten und Berufsausübungsgesellschaften wurde mit der „großen BRAO-Reform“ aufgegeben. Zu einer Berufsausübungsgesellschaft dürfen sich Anwältinnen und Anwälte nach § 59b I BRAO verbinden, ferner nach § 59c I Nr. 1 bis 3 BRAO mit Angehörigen anderer rechts-, steuer- oder wirtschaftsberatender Berufe sowie mit ausländischen Anwält:innen, die nach den Regelungen des EuRAG oder nach § 206 BRAO in Deutschland tätig sein dürfen. Der Kreis der sozietätsBRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 AUFSÄTZE 298

fähigen Berufe wurde zudem auf sämtliche freien Berufe i.S.v. § 1 II PartGG erweitert (§ 59c I Nr. 4 BRAO). Neben Heilberufen – die für diese Erweiterung einen wesentlichen Anstoß gaben –9 9 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.1.2016 – 1 BvL 6/13, BRAK-Mitt. 2016, 78. zählen dazu u.a. beratende Volks- und Betriebswirt:innen, Ingenieur:innen und Architekt:innen, hauptberufliche Sachverständige und Journalist:innen, aber auch nicht explizit in § 1 II 2 PartGG genannte Berufe wie etwa Mediator:innen. Über diesen bereits gegenüber dem bisherigen Recht deutlich größeren Kreis sozietätsfähiger Berufe hinaus erweitert § 59q II BRAO den Kreis der Berufe, mit denen eine Bürogemeinschaft zulässig ist, auf alle Berufe, die mit dem Anwaltsberuf vereinbar sind. Als Partner einer Bürogemeinschaft ausgeschlossen sind lediglich Personen, die Versagungsgründe für die Anwaltszulassung gem. § 7 Nr. 1, 2 oder 6 BRAO erfüllen. Eine Bürogemeinschaft ist also nunmehr mit Angehörigen aller Berufe möglich, die eine Anwältin oder ein Anwalt auch selbst als Zweitberuf ausüben dürfte.10 10 Zum HintergrundHenssler, AnwBl. 2021, 69, 75 f. Dabei handelt es sich nicht um eine Spezialität der Bürogemeinschaft, auch als Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft sind nach § 59c I 2 BRAO Personen ausgeschlossen, denen die Zulassung nach § 7 BRAO (hier jedoch nach allen Versagungsgründen in Nr. 1 bis 8) zu versagen wäre.11 11 Vgl. dazu die Nachw. bei Kilian, NJW 2022, 2577, 2581 Rn. 23. Einer der Diskussionspunkte im Gesetzgebungsverfahren war, ob sich neben Einzelpersonen auch anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften an einer Bürogemeinschaft beteiligen können sollen.12 12 So der Vorschlag von Henssler, dazuders., AnwBl. 2021, 69, 76. Dem wurde jedoch nicht gefolgt. Der Wortlaut des § 59q I BRAO lässt klar erkennen, dass nur Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Bürogemeinschafter in Betracht kommen. IV. PFLICHTEN INNERHALB DER BÜROGEMEINSCHAFT Auch in der Bürogemeinschaft gelten die anwaltlichen Berufspflichten umfassend. Dies muss gem. § 59q III BRAO durch angemessene organisatorische, personelle und technische Maßnahmen sichergestellt werden. 1. VERSCHWIEGENHEITSPFLICHT Im Zentrum steht dabei die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht gegenüber den anderen Mitgliedern der Bürogemeinschaft. Insofern hat sich gegenüber dem bisherigen Recht inhaltlich nichts geändert,13 13 Vgl. nur BGH, Urt. v. 29.1.2018 – AnwZ (Brfg) 32/17, BRAK-Mitt. 2018, 85 Rn. 38 m.w.N.; Urt. v. 25.7.2005 – AnwZ (B) 42/02, NJW 2005, 2692, 2693. denn schon bisher war eine Anwältin bzw. ein Anwalt gegenüber ihren/seinen Bürogemeinschaftern zur Verschwiegenheit verpflichtet. Erforderlich ist dazu insbesondere, dass Arbeitssphären und IT-Zugriffsrechte voneinander getrennt gehalten werden.14 14 Vgl. BT-Drs. 19/26760, 200. In Bezug auf die Mandate anderer Bürogemeinschafter muss gesellschaftsvertraglich sichergestellt werden, dass die Verschwiegenheit gewahrt wird. Denn diese sind nicht Partei des Mandatsvertrags und zählen daher insoweit nicht zum Kreis der Berufsgeheimnisträger. Die Weitergabe von mandatsbezogenem Wissen innerhalb einer Bürogemeinschaft ist daher – wie schon bisher – unzulässig.15 15 S. etwa Weyland/Träger, § 43a Rn. 19; Henssler/Prütting/Henssler, 5. Aufl. 2019, § 43a Rn. 84; BeckOK BORA/Römermann/Praß, § 43a Rn. 100. Umfasst die Bürogemeinschaft auch die gemeinsame Beschäftigung und Finanzierung von Kanzleipersonal, muss arbeitsvertraglich die Wahrung der Verschwiegenheit in Bezug auf die Sphären der einzelnen Bürogemeinschafter gewährleistet werden.16 16 Vgl. Weyland/Brüggemann, § 59a Rn. 82. 2. EINHALTUNG DES BERUFSRECHTS Anwältinnen und Anwälte dürfen nicht in einer Bürogemeinschaft mit Personen tätig sein, wenn diese in schwerwiegender Weise oder wiederholt gegen berufsrechtliche Pflichten aus BRAO und BORA verstoßen. Im Gesellschaftsvertrag über die Bürogemeinschaft – dabei handelt es sich meist um eine GbR –17 17 Vgl. BT-Drs. 19/26760, 199. ist vorzusehen, dass Gesellschafter bei derartigen Verstößen ausgeschlossen werden. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 59q IV BRAO, der auf die entsprechenden Regelungen für Berufsausübungsgesellschaften in § 59d IV, V BRAO verweist.18 18 Ausf. zu § 59d BRAOAdelberger, AnwBl. Online v. 28.9.2022. 3. TÄTIGKEITSVERBOT BEI INTERESSENKOLLISION Eine wesentliche Änderung bringt die „große BRAO-Reform“ im Bereich des Tätigkeitsverbots wegen Vertretung widerstreitender Interessen. Dieses wird nun nicht mehr auf andere Mitglieder einer Bürogemeinschaft erstreckt. Nach dem früheren Recht war es Anwältinnen und Anwälten verboten, tätig zu werden, wenn sie in derselben Angelegenheit bereits widerstreitende Interessen vertreten hatten (§ 43a IV BRAO a.F.). Das Tätigkeitsverbot galt nach § 3 I BORA a.F. auch, falls die Anwältin oder der Anwalt i.S.v. § 45 BRAO a.F. beruflich vorbefasst war. § 3 II 1 BORA a.F. bezog die Bürogemeinschaft ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Tätigkeitsverbots ein. Nach § 3 III BORA a.F. galt das Tätigkeitsverbot zudem auch, sofern eine Anwältin oder ein Anwalt von einer Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft zu einer anderen Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft wechselte. Auch nach dem neuen Recht erstreckt sich das Tätigkeitsverbot bei Interessenkollision (§ 43a I BRAO) auf Anwältinnen und Anwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit der/dem vom Tätigkeitsverbot betroffenen Anwältin oder Anwalt ausüben. § 43a I 2 BRAO beNITSCHKE, DIE „NEUE“ BÜROGEMEINSCHAFT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 299

trifft dem Wortlaut des Gesetzes nach nur Fälle gemeinschaftlicher Berufsausübung. Um solche handelt es sich bei einer Bürogemeinschaft gerade nicht.19 19 S. oben II. In den Gesetzesmaterialien kommt klar zum Ausdruck, dass die Bürogemeinschaft nicht in den Anwendungsbereich des Tätigkeitsverbots einbezogen werden sollte.20 20 BT-Drs. 19/27670, 163. Das ist konsequent, denn ein Vertragsverhältnis besteht nur zwischen der Mandantin/dem Mandanten und der Anwältin/dem Anwalt, nicht mit deren/dessen Bürogemeinschaftspartner:in. Dementsprechend besteht auch kein Vertrauensverhältnis zwischen der Mandantschaft und der/dem Bürogemeinschafter:in, nur die beauftragte Anwältin oder der beauftragte Anwalt sei als Interessenvertretung zu betrachten. Zudem müssen die in einer Bürogemeinschaft tätigen Anwält:innen nach § 59q III BRAO21 21 Im Gesetzentwurf (BT-Drs. 19/27670, 163 f.) noch als § 59q II vorgesehen. angemessene organisatorische und technische Maßnahmen zur Absicherung ihrer Berufspflichten, insbesondere ihrer Verschwiegenheitspflicht treffen. Der Gesetzgeber hielt es daher nach dem Schutzzweck des Verbots nicht für erforderlich, es auch auf Bürogemeinschaften zu erstrecken.22 22 Vgl. BT-Drs. 19/27670, 163 unter Hinw. auf Deckenbrock, Strafrechtlicher Parteiverrat und berufsrechtliches Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, 2009, Rn. 500 ff. Die Erstreckungsregelung des § 3 II 1 BORA a.F. stand damit im Widerspruch zur ab dem 1.8.2022 geltenden Rechtslage. Die Satzungsversammlung überarbeitete aus Anlass der „großen BRAO-Reform“ u.a. § 3 BORA vollständig.23 23 Dazu Nachr. aus Berlin 1/2022 v. 12.1.2022 sowie Nitschke, BRAK-Magazin 1/ 2022, 4; Beschlüsse der 2. Sitzung der 7. Satzungsversammlung abrufbar auf der Website der BRAK. In § 3 III 1 BORA wird nunmehr ausdrücklich festgehalten, dass bei Bürogemeinschaften keine gemeinschaftliche Berufsausübung i.S.v. § 43a IV 2 BRAO vorliegt. Dabei handelt es sich letztlich um eine bloße Klarstellung dessen, was sich ohnehin aus der BRAO ergibt.24 24 Ebenso Deckenbrock, BRAK-Mitt. 2022, 6, 10. V. VERSICHERUNGSPFLICHT Durch die große BRAO-Reform wird für alle Berufsausübungsgesellschaften eine generelle Versicherungspflicht begründet, die in §§ 59n, 59o BRAO geregelt ist.25 25 Zu Einzelheiten s. Zimmermann/Dörne, BRAK-Mitt. 2022, 74; Zimmermann/Hartung, NJW 2022, 1792; Dahns, NJW-Spezial 2022, 446. Nach dem alten Recht unterlagen nur die Rechtsanwalts-GmbH und -AG einer Versicherungspflicht, und für die PartGmbB bestand ein Anreiz, eine Versicherung zu unterhalten, um in den Genuss der Haftungsprivilegierung gem. § 8 IV PartGG i.V.m. § 51a BRAO a.F. zu kommen. 1. BÜROGEMEINSCHAFT Die Bürogemeinschaft dient nach der Legaldefinition in § 59q I BRAO lediglich der gemeinschaftlichen Organisation der Berufstätigkeit unter gemeinsamer Nutzung von Betriebsmitteln. Sie wird aber nicht selbst Vertragspartnerin der Mandant:innen, daher benötigt sie keinen Versicherungsschutz. Das wird aus § 59n I, II BRAO deutlich, wonach die Versicherung die Haftung der Gesellschaft für Vermögenschäden aus der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten abdecken soll – eine solche leistet die Bürogemeinschaft gerade nicht. 2. VERSICHERUNGSPFLICHT ALS SCHEINSOZIETÄT Anders liegt es jedoch, wenn die Bürogemeinschaft nach außen als Scheinsozietät auftritt. Auch nach dem neuen Recht ist für die Frage, ob eine Berufsausübungsgesellschaft vorliegt, allein maßgeblich, ob für das rechtsuchende Publikum eine gemeinschaftliche Berufsausübung erkennbar ist; unerheblich bleibt, wie der Gesellschaftsvertrag gestaltet ist bzw. ob überhaupt ein Gesellschaftsvertrag existiert.26 26 S. etwa BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IV ZR 42/10, NJW 2011, 3718, 3720 Rn. 24 m.w.N.; Sassenbach/Riechert, in Höra/Schubach, Münchener AnwaltsHdb. Versicherungsrecht, 5. Aufl. 2022, § 18 Rn. 168; ferner Zimmermann/Hartung, NJW 2022, 1792, 1794; Dahns, NJW-Spezial 2022, 446, 447. Liegt danach eine Scheingesellschaft vor, ist derzeit noch nicht geklärt, ob diese sich nach §§ 59n, 59o BRAO zu versichern hat. a) SCHEINSOZIETÄT ALS HAFTUNGSSUBJEKT? Im Rahmen einer Scheinsozietät haften nach der Rechtsprechung des BGH lediglich die beteiligten Berufsträger:innen nach Rechtsscheinsgrundsätzen, so als ob sie Sozien einer GbR wären.27 27 S. nur Henssler/Prütting/Henssler, § 59a Rn. 118. Die nicht existente Sozietät ist nicht Partei des Mandatsvertrags und kommt schon deshalb nicht als primäres Haftungssubjekt in Betracht.28 28 BGH, Urt. v. 17.11.2011 – IX ZR 161/09, NJW-RR 2012, 239 Rn. 23 = BRAK-Mitt. 2012, 24 Ls.; Urt. v. 12.7.2012 – AnwZ (BrfG) 37/11, BRAK-Mitt. 2012, 232 Rn. 37. Daher kann hieran auch nicht für die Begründung einer Versicherungspflicht angeknüpft werden. Dies hat der BGH für eine Scheinsozietät von Wirtschaftsprüfern explizit so entschieden:29 29 BGH, Urt. v. 12.10.2000 – WpSt (R) 1/00, NJW 2001,165, 166. Die Versicherungspflicht (in dem damaligen Fall: nach § 44b IV WPO) knüpfe an das Bestehen einer Sozietät an, es gebe keinen Anhalt im Gesetz dafür, sie auch auf die als Scheinsozietät bezeichnete Haftungsgrundlage anzuwenden.30 30 BGH, Urt. v. 12.10.2000 – WpSt (R) 1/00, NJW 2001,165, 167. Der Gesetzgeber hat im Nachgang die Versicherungspflicht mit dem 2004 eingefügten § 44b VI WPO auf Scheinsozien ausgeweitet, vgl. Peres/Depping, DStR 2006, 2261, 2264 m. w. N. Die Entscheidung betraf einen selbstständigen Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, in dessen Kanzlei angestellt bzw. in freier Mitarbeit ein Rechtsanwalt und eine Steuerberaterin tätig waren. Für diese Konstellation aus Einzelanwalt und scheinbaren Sozien leuchtet das ohne weiteres ein. In der Konstellation, in der eine Bürogemeinschaft – ob bewusst31 31 Dass dies in der Praxis vorkommt, nimmt der BGH, Urt. v. 12.7.2012 – AnwZ (BrfG) 37/11, BRAK-Mitt. 2012, 232 Rn. 21 an. oder durch ungeschicktes Marketing – nach außen den Anschein erweckt, die an ihr Beteiligten würden ihre Berufe gemeinschaftlich ausüben, dürfte dies NITSCHKE, DIE „NEUE“ BÜROGEMEINSCHAFT BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 AUFSÄTZE 300

anders zu beurteilen sein. Denn hier existiert eine Gesellschaft – in der Regel eine GbR –32 32 S. oben II. als Grundlage der Bürogemeinschaft. An diese können sowohl Haftungsansprüche adressiert als auch eine Versicherungspflicht angeknüpft werden.33 33 So etwa Zimmermann/Hartung, NJW 2022, 1792, 1794 f. Rn. 17 f.; im Ergebnis auch BRAK, FAQ zur Versicherungspflicht (unter 8.); ebenso sind wohl auchSassenbach/Riechert, in Münchener AnwaltsHdb. Versicherungsrecht, § 18 Rn. 170 zu verstehen. b) AUSRÄUMEN DES ETWAIGEN RECHTSSCHEINS EINER SOZIETÄT Angesichts der noch unklaren Rechtslage sollten Bürogemeinschaften sorgfältig darauf achten, durch ihren Außenauftritt nicht den Anschein einer gemeinschaftlichen Berufsausübung zu erwecken. Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kommen als Träger für die Begründung eines Rechtsscheins insbesondere Kanzleischild und Kanzleibriefbögen in Betracht, aber auch die Gestaltung der Website, von Vollmachtsformularen und Werbeauftritten.34 34 Ausführl. dazu Wetter, BRAK-Mitt. 2016, 109 f. Für Anwältinnen und Anwälte, die in einer Bürogemeinschaft tätig sind, ist also besondere Vorsicht bei der Gestaltung dieser nach außen wirkenden Elemente geboten, um nicht den Anschein einer Sozietät zu erwecken und damit zugleich deren Versicherungspflicht zu begründen. Erforderlich ist, dass die Kanzlei den Rechtsschein einer Gesellschaft oder eines Gesellschafters im Briefbogen aktiv zerstört.35 35 Sassenbach/Riechert, in Münchener AnwaltsHdb. Versicherungsrecht, § 18 Rn. 169. Das gilt auch für Einzelanwältinnen und -anwälte, die angestellte oder frei mitarbeitende Anwält:innen beschäftigen. Für diese ist anerkannt, dass ein klarstellender Hinweis auf den wahren Status als Angestellte bzw. freie Mitarbeiterin auf dem Briefbogen und anderen möglichen Rechtscheinsträgern ausreicht, um den Rechtsschein einer Gesellschafterstellung auszuräumen.36 36 S. nur BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IV ZR 42/10, NJW 2011, 3718, 3721 Rn. 27. Für in Bürogemeinschaft tätige Anwältinnen und Anwälte ist in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt, ob der von einigen verwendete Zusatz „in Bürogemeinschaft“ auf Briefbogen usw. ausreicht, um eine Rechtsscheinhaftung zu vermeiden.37 37 S. etwa OLG Köln, Urt. v. 17.12.2002 – 22 U 168/02, NJW-RR 2004, 279: „in Kanzleigemeinschaft“ bzw. „Gemeinschaftskanzlei“ genügen nicht – für „Bürogemeinschaft“ offengelassen, jedoch dagegen argumentierend; s. dazu Weyland/ Brüggemann, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 59a Rn. 84. Begründet wurde dies damit, dass das rechtsuchende Publikum den Begriff „Bürogemeinschaft“ nicht richtig werten könne, sondern vielmehr wegen der weiten Verbreitung von Sozietäten davon ausgehe, dass es sich um zusammenarbeitende Anwälte handele.38 38 S. bereits Grams, BRAK-Mitt. 2002, 119, 120; OLG Köln, Urt. v. 17.12.2002 – 22 U 168/02, NJW-RR 2004, 279, 280 m.w.N. Das überzeugt nicht uneingeschränkt. Der Begriff der Bürogemeinschaft wird seit langen Jahren im Rechtsverkehr verwendet, daher dürfte seine Bedeutung in Abgrenzung zu Sozietäten und zu Rechtsanwaltsgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH, AG oder PartG hinlänglich bekannt sein. 39 39 Peres/Depping, DStR 2006, 2261, 2263 gehen insoweit sogar von einer Erkundigungspflicht des Publikums aus. Gestalten die Partnerinnen und Partner einer Bürogemeinschaft einen gemeinsamen Briefkopf und Internetauftritt – was durchaus zu den organisatorischen Maßnahmen zu rechnen ist, denen eine Bürogemeinschaft dient –, sollten sie darauf achten, dass der Zusatz „in Bürogemeinschaft“ nicht der einzige erkennbare Hinweis auf die Eigenständigkeit der zur Bürogemeinschaft verbundenen Anwältinnen und Anwälte ist. Vielmehr sollte auch die sonstige Gestaltung und ggf. durch textuelle Erläuterungen eindeutig erkennen lassen, dass alle beteiligten Anwältinnen und Anwälte lediglich die Infrastruktur teilen, auf eigene Rechnung tätig sind und ihren Beruf nicht gemeinschaftlich ausüben. Anderenfalls besteht das Risiko einer Versicherungspflicht als (Schein-)Berufsausübungsgesellschaft. DIE ANWALTSCHAFT IM BLICK DES 12. SENATES DES BSG RECHTSANWÄLTE MATTHIAS HERBERG UND JÖRN SCHROEDER-PRINTZEN* * Der Autor Herbergist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Sozialrecht und für Medizinrecht in Dresden. Der Autor Schroeder-Printzen ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Sozialrecht und für Medizinrecht in Berlin. Beide sind Mitglieder des Ausschusses Sozialrecht der BRAK. Zwei aktuelle Entscheidungen des 12. Senats des Bundessozialgerichts werden sich erheblich auf die Praxis auswirken, nämlich einerseits auf die Frage, in welcher Rechtsform Anwältinnen und Anwälte ihre gemeinsame Berufsausübung organisieren, und andererseits auf die – angesichts zunehmender Schwierigkeiten bei der Gewinnung anwaltlichen Nachwuchses nicht unbedeutende – Frage, ob der Arbeitgeber Beiträge seiner angestellten Anwältinnen und Anwälte zur Berufshaftpflichtversicherung übernimmt. In der Konsequenz führen beide Entscheidungen dazu, dass Rückstellungen für die nachzuentrichtenden Sozialversicherungsbeiträge gebildet werden sollten – denn die nächste Betriebsprüfung kommt bestimmt. Die Autoren erläutern beide Entscheidungen und ihre Konsequenzen und zeigen gesetzgeberischen Handlungsbedarf auf. AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 301

I. EINLEITUNG Das BSG hat mit zwei Entscheidungen vom 28.6.2022 den Blick auf die Rechtsanwaltschaft geworfen. Die Entscheidung B 12 R 4/20 R betraf die Sozialversicherungspflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Rechtsanwalts-GmbH und die Entscheidung B 12 R 1/ 20 R beschäftigte sich mit der Frage der Berücksichtigung der vom Arbeitgeber getragenen Haftpflichtversicherung als beitragspflichtiges Einkommen. In beiden Entscheidungen waren die klagenden Rechtsanwälte nicht erfolgreich. II. SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHT DES GESELLSCHAFTER-GESCHÄFTSFÜHRERS EINER RECHTSANWALTS-GMBH Nach der Entscheidung zur Sozialversicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer Steuerberatungsgesellschaft1 1 BSG, Urt. v. 7.7.2020 – B 12 R 17/18 R, BRAK-Mitt 2021, 214 mit Anm. Pfuhlmann-Riggert/Schroeder-Printzen. dürfte das Ergebnis der vorliegenden Entscheidung des BSG2 2 BSG, Urt. v. 28.6.2022 – B 12 R 4/20, BRAK-Mitt. 2022, 356 (in diesem Heft). wenig überraschen. Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Entscheidung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, in welcher Rechtsform die gemeinsame Berufsausübung wahrgenommen wird, insbesondere auch im Hinblick auf die Möglichkeiten nach Änderung der BRAO seit dem 1.8.2022 zur Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft (§ 59j BRAO). Zum 1.1.2022 gab es in Deutschland 1.194 Rechtsanwalts-GmbHs.3 3 BRAK, Mitgliederstatistik der Rechtsanwaltskammern zum 1.1.2022. Soweit die dort tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht zumindest 50 % der Anteile am Stammkapital halten, ist von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Es liegt nur dann ausnahmsweise eine selbstständige Tätigkeit vor, wenn einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. 1. „GESELLSCHAFTSRECHTLICHES KÖNNEN“ ALS BEURTEILUNGSMASSSTAB Nach dem „gesellschaftsrechtlichen Können“ richtet das BSG seit vielen Jahren allein die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit eines Gesellschafters. Das BSG löst sich völlig von dem Berufsrecht und schließt jeden Rückgriff darauf für die Beurteilung der Tätigkeit aus. Anders war dies noch in der grundlegenden Entscheidung des BSG vom 3.4.20144 4 BSG, Urt. v. 3.4.2014 – B 5 RE 13/14 R, BRAK-Mitt 2014, 265. zur Frage der Befreiung eines Syndikusrechtsanwalts von der Versicherungspflicht gem. § 6 I Nr. 1 SGB VI. Hier wurde klargestellt, dass die mit einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten nicht im Einklang mit den in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigen Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten in Einklang zu bringen seien. Nach der Entscheidung bestanden zunächst Zweifel, ob der Beruf des Rechtsanwalts überhaupt noch im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden kann. Jedenfalls entsprach die Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts nicht der Vorstellung des BSG von dem Berufsbild eines freien Rechtsanwalts, weshalb die Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 6 I Nr. 1 SGB VI abgelehnt worden ist. Das BSG stellt jetzt nochmals klar, dass die „freiberufliche“ Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht ohne den rechtlichen und organisatorischen Rahmen beurteilt werden könne, der sich aus der Stellung als GmbH-Geschäftsführer ergebe. Diese Maßstäbe würden berufsrechtlich nicht überlagert. Allein aus der Zuordnung zu einem „freien Beruf“ lasse sich keine normative Wirkung in dem Sinn ableiten, dass die Angehörigen eines solchen Berufs grundsätzlich einer selbstständigen Tätigkeit nachgingen. Auch wenn das Berufsrecht vorgebe, dass der Rechtsanwalt einem freien Beruf nachgehe, dürfe er diesen auch als Angestellter solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte oder rechtsanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig seinen. Alle Angestellten anderer Personen oder Gesellschaften würden ihre Tätigkeit als angestellte Syndikusrechtsanwälte ausüben. All die Merkmale der anwaltlichen Tätigkeit, die sich aus dem Berufsrecht ergeben, sind aus Sicht des BSG keine Merkmale, denen ausschlaggebende Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zukommt. Entscheidend ist, dass bei einer GmbH eine weisungsunterworfene Eingliederung des Geschäftsführers in eine vorgegebene – fremde – Ordnung einer Rechtsanwaltsgesellschaft vorliegt. Wenn man eine Rechtsform mit haftungs- und steuerrechtlichen Vorteilen wähle, könne man sich danach nicht darauf berufen, dass die Zusammenarbeit mit den anderen Berufsträgern freiberuflich als selbstständiger Rechtsanwalt erfolge. 2. ÄNDERUNGEN DURCH MOPEG UND „GROSSE BRAO-REFORM“? Das BSG betont ausdrücklich, dass keine solchen Rechtsanwaltsgesellschaften Anwaltssozietäten in der Form von Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Partnerschaften seien. Es erfolgte hier immerhin eine deutliche Abgrenzung zu den „klassischen Formen“ der gemeinsamen Berufsausübung. „Echte Anwaltssozietäten“ in der Form einer GbR müssen demnach wohl nicht befürchten, dass Gesellschafter, die über keine Gesellschaftsanteile von mindestens 50 % oder eine echte Sperrminorität nach dem Gesellschaftsvertrag verfügen, nun der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Ob sich dies bei der Beurteilung der GbR auf Grundlage des zum 1.1.2024 in Kraft tretenden Gesetzes zur MoBRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 AUFSÄTZE 302

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