BRAK-Mitteilungen 6/2022

dernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)5 5 BGBl. 2021 I 3436. ändern wird, bleibt abzuwarten, das BSG hat sich dazu ausgeschwiegen. Anders ist dies aber wohl bei den seit dem 1.8.2022 möglichen Berufsausübungsgesellschaften, die durch die Rechtsanwaltskammern zugelassen werden. Das BSG setzt sich in der Entscheidung bereits mit dem neugefassten § 59j I 1 BRAO auseinander, auch hier wird ausdrücklich normiert, dass die Unabhängigkeit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die dem Geschäftsführungsorgan der Berufsausübungsgesellschaften angehören, bei der Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufs zu gewährleisten ist. Einflussnahmen durch die Gesellschafter, insbesondere durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, sind unzulässig, § 59j VI BRAO. Auch hier streckt das BSG jedoch bereits den „Zeigefinger“, dass dennoch bestimmte Vorgaben zulässig seien und deshalb auch eine umfassende Weisungsfreiheit mit einer sich auf die gesamte Unternehmenstätigkeit erstreckenden Gestaltungsmacht anwaltlicher Geschäftsführer einer Berufsausübungsgesellschaft auch im künftigen Recht nicht vorgesehen sei. 3. FAZIT Insgesamt muss leider festgestellt werden, dass auch durch weitere Änderungen im Berufsrecht die Feststellung einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit als Gesellschafter in einer Berufsausübungsgesellschaft nicht verhindert werden kann. Nur eine Feststellung der Versicherungsfreiheit durch den Gesetzgeber kann hier weiterhelfen. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass für bestimmte Personengruppen in der Vergangenheit Sonderregelungen getroffen worden sind, um eine Versicherungsfreiheit herbeizuführen. Dies gilt beispielhaft für Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, die erst durch Einfügungen des Gesetzgebers nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, § 1 S. 3 SGB VI, § 27 I Nr. 5 SGB III. Solange es jedoch an einer entsprechenden Ausnahmevorschrift für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte fehlt, bleibt nur die rechtzeitige Stellung eines Befreiungsantrags gem. § 6 I 1 Nr. 1 SGB VI. III. VOM ARBEITGEBER GETRAGENE HAFTPFLICHTVERSICHERUNG ALS BEITRAGSPFLICHTIGES EINKOMMEN In dieser Entscheidung6 6 BSG, Urt. v. 28.6.2022 – B 12 R 1/20 R, BRAK-Mitt. 2022, 352 (in diesem Heft). ging es um die Frage, ob die vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge für die Berufshaftpflicht als beitragspflichtiges Arbeitseinkommen zu bewerten sind. Im Anschluss an die Rechtsprechung des BFH7 7 BFH, Urt. v. 1.10.2020 – VI R 11/18, BRAK-Mitt. 2021, 203; Urt. v. 15.12.2021 – VI R 32/19, AnwBl. 2022, 490. hat das BSG dies bejaht. Dabei hat das BSG – wie auch schon der BFH – eine gewisse Differenzierung vorgenommen. Nicht sämtliche Ausgaben für die Berufshaftpflichtversicherung werden beitragspflichtiges Arbeitseinkommen, sondern nur der Teil, der zur Erfüllung der Versicherungspflicht nach § 51 I BRAO benötigt wird. Entsprechendes wird zwar aus den Urteilsgründen des BSG nicht klar, aber der Terminbericht Nr. 25/ 20228 8 BSG, Terminbericht 25/2022 v. 30.6.2022 (unter 2.). stellt diesen Sachverhalt hinreichend deutlich dar. In der praktischen Konsequenz führt diese Rechtsprechung dazu, dass in all den Fällen, in denen vom Arbeitgeber für die angestellte Rechtsanwältin oder den angestellten Rechtsanwalt Kosten übernommen werden, die ansonsten diese zwingend treffen würden, beitragspflichtiges Arbeitseinkommen vorliegt. So hat beispielsweise der BFH9 9 BFH, Urt. v. 1.10.2020 – VI R 11/18, BRAK-Mitt. 2021, 203. entschieden, dass die Übernahme der Kosten für die Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs durch den Arbeitgeber letztlich Arbeitslohn darstelle. Betrachtet man die Entscheidung des BSG, so ist man mit Sicherheit kein Prophet, wenn hier ein Gleichklang zwischen BFH und BSG stattfindet. IV. KONSEQUENZEN Betrachtet man beide Entscheidungen, so gilt letztlich, dass bei den Rechtsanwalts-GmbHs Rückstellungen für die nachzuentrichtenden Sozialversicherungsbeiträge gebildet werden sollten, sofern man in einer entsprechenden Prüfung der Kriterien von § 7 SGB IV zu dem Ergebnis der Sozialversicherungspflicht gelangt; schließlich ist eins sicher: Die nächste Betriebsprüfung kommt mit Sicherheit. Ferner sollte auf jeden Fall ein Antrag nach § 6 I 1 Nr. 1 SGB VI gestellt werden, damit nicht doppelt Beiträge für die Rentenversicherung – Deutsche Rentenversicherung Bund einerseits und anwaltliches Versorgungswerk andererseits – gezahlt werden müssen. Sicherlich wünschenswert ist in diesem Zusammenhang eine für die Anwaltschaft positive und die Rechtsprechung ändernde Gesetzgebung, schließlich ist eine Verfassungswidrigkeit dieser Rechtsprechung grundsätzlich nicht festzustellen. Ob in diesem Zusammenhang ein Konsens zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium der Justiz zu Gunsten der Rechtsanwaltschaft erreicht werden kann, bleibt abzuwarten, erscheint jedoch leider wenig aussichtsreich. HERBERG/SCHROEDER-PRINTZEN, DIE ANWALTSCHAFT IM BLICK DES 12. SENATES DES BSG AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 303

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