BRAK-Mitteilungen 6/2022

Bestimmungen des § 4a I FAO. So ergab sich aus der vorgenannten Norm der bisherigen Fassung nicht eindeutig, ob eine Aufsichtsarbeit zwingend in Präsenzform erbracht oder auch unter Video-Aufsicht durchgeführt werden könne. In der dazu geführten Diskussion wurde nicht durchgängig Handlungsbedarf gesehen, zumal auch die Bestimmungen der bisherigen Fassung aufgrund der Verwendung des Begriffes der „Aufsichtsarbeiten“ nur im Sinne einer präsenten Teilnahme verstanden werden könne. Der Ausschuss votierte jedoch mehrheitlich dafür § 4a I FAO um die Worte „in Präsenzform“ zu ergänzen. II. FACHANWALTSSTATISTIK Die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte blieb nahezu konstant.5 5 S. BRAK, Mitgliederstatistik der Rechtsanwaltskammern zum 1.1.2022. Waren am 1.1.2021 167.092 Mitglieder zugelassen, so verfügten am 1.1.2022 165.587 Kolleginnen und Kollegen über eine anwaltliche Zulassung. Dabei ist der Anteil der Fachanwälte jedoch erneut von 45.732 im Vorjahr auf 45.960 leicht gestiegen.6 6 S. BRAK, Fachanwaltsstatistik zum 1.1.2022. So verfügen 34.901 Kolleginnen und Kollegen über eine Fachanwaltschaft, während 9.846 Mitglieder der Kammern berechtigt sind, zwei Fachanwaltstitel zu führen und 1.213 Kammermitglieder sogar drei Fachanwaltstitel tragen. Größte Fachanwaltschaft ist noch immer die Fachanwaltschaft für Arbeitsrecht (11.055) gefolgt von der Fachanwaltschaft für Familienrecht (9.137). Mit bereits deutlichem Abstand folgen die Fachanwaltschaften für Steuerrecht (4.812), Verkehrsrecht (4.395) und Mietund Wohnungseigentumsrecht (3.888). Kleinste Fachanwaltschaft ist noch immer die Fachanwaltschaft für Sportrecht (37), die jedoch mit 37,04 % auch den deutlichsten relativen Zuwachs erfahren konnte. Die Fachanwaltschaft für Migrationsrecht hat mit 218 Berufsträgern zwischenzeitlich die Fachanwaltschaft für Agrarrecht (195) überholt. Konnten die Fachanwaltschaften für Sportrecht (37,04 %), Migrationsrecht (15,35 %) und Vergaberecht (9,94 %) den stärksten relativen Zuwachs verbuchen, verminderten sich insbesondere die Fachanwaltschaften für Sozialrecht (2,1 %), Familienrecht (1,63 %) und Steuerrecht (1,17 %). Es wiederholt sich somit das Bild des vergangenen Jahres. Die Fachanwaltschaft erfährt jedoch auch weiterhin sowohl in der Zahl ihrer Berufsträger, als auch in der Zahl der verliehenen Berechtigungen eine nachhaltige Stärkung. III. RECHTSPRECHUNG IN FACHANWALTSSACHEN Die Rechtsprechung des Anwaltssenats beim BGH war im Berichtszeitraum wiederum von Entscheidungen geprägt, die den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder die Zulassung von Syndikusanwälten betrafen. Der Anwaltssenat hat jedoch immerhin eine für die Auslegung der Bestimmung des § 5 FAO maßgebliche Entscheidung im Berichtszeitraum getroffen, die nachstehend ebenso ausführlich Behandlung finden soll, wie einige Entscheidungen der Anwaltsgerichtshöfe in Fachanwaltssachen. Daneben hat sich der Anwaltssenat beim BGH noch in zwei weiteren Entscheidungen mit Fachanwaltssachen befasst, denen jeweils Widerrufe der Befugnis zur Führung von Fachanwaltsbezeichnungen zugrunde lagen. Diese Entscheidungen verdienen jedoch keine vertiefte inhaltliche Behandlung, da sie jeweils Verfahrensfragen betrafen. So hat der Anwaltssenat in einer Entscheidung vom 16.12.20217 7 BGH, Beschl. v. 16.12.2021 – AnwZ (Brfg) 44/21. die Berufung eines Klägers gegen das Urteil des 4. Senats des Bayerischen AGH vom 19.7.2021 als unzulässig verworfen. Offenbar war dem Kläger nicht bekannt, dass die Berufung gegen ein Urteil des AGH gem. § 112e S. 1 BRAO nur dann offensteht, wenn sie vom AGH oder vom BGH zugelassen wird. Der AGH hatte in seinem Urteil die Berufung nicht zugelassen. Dagegen ist gem. § 112e S. 2 BRAO, § 124a IV VwGO lediglich der Antrag auf Zulassung der Berufung statthaft. Ein solcher wurde nicht gestellt. Das eingelegte Rechtsmittel der Berufung konnte auch nicht in einen zulässigen Antrag auf Zulassung der Berufung umgedeutet werden. Mit Beschluss vom 19.1.20228 8 BGH, Beschl. v. 19.1.2022 – AnwZ (Brfg) 28/21. hat der Anwaltssenat den Antrag des Klägers auf Zulassung einer Berufung gegen einen ihm zugestellten Gerichtsbescheid des Hessischen Anwaltsgerichtshofs als unzulässig verworfen. Der AGH hatte bereits die Klage gegen den Widerrufsbescheid der Rechtsanwaltskammer als unzulässig abgewiesen, da sie nicht innerhalb der Klagefrist erhoben worden sei. Im Rahmen des Verfahrens auf Zulassung der Berufung versäumte der Kläger überdies die Antragsbegründungsfrist nach § 112e S. 2 BRAO i.V.m. § 124a IV 4 VwGO. Dem Kläger war auch eine Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, da er einen Antrag auf Bewilligung von Akteneinsicht bereits nicht rechtzeitig gestellt hatte. 1. SCHRIFTLICHE LEISTUNGSKONTROLLE NACH § 4a FAO Gegenstand einer Entscheidung des VG Freiburg vom 15.2.20229 9 VG Freiburg, Urt. v. 15.2.2022 – 8 K 183/21, BRAK-Mit. 2022, 156. war die Frage der Anerkennungsfähigkeit einer Online-Klausur unter audiovisueller Überwachung des Rechtsanwalts nach Maßgabe der Bestimmung des § 4a FAO. BRAK-MITTEILUNGEN 6/2022 AUFSÄTZE 306

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